Wilhelm Stekel - Die Sprache des Traumes – Eine Darstellung der Symbolik und Deutung des Traumes – Teil 3 – bei Jürgen Ruszkowski

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Der Autor dieses Buches, Dr. Wilhelm Stekel, der Anfang des 20. Jahrhunderts, wie auch Sigmund Freud, Alfred Adler und Carl Gustav Jung das Unbewusste im Menschen erforschte und durch die Traumanalyse neurotisch kranke Menschen heilte, sagt: Alles seelische Geschehen wird von dem Gesetze der «Bipolarität» beherrscht. Jedem Triebe entspricht ein Gegentrieb; jeder Tugend ein Laster; jedem «Oben» ein «Unten»; jeder Stärke eine Schwäche. Niemals werden wir das Wesen eines Menschen verstehen können, wenn wir auf diese Erscheinung keine Rücksicht nehmen. Dieses Buch behandelt die Geheimnisse der menschlichen Seele. Wollte man die Menschen nur nach den Ergebnissen dieser Forschungen beurteilen, man täte ihnen Unrecht. Denn dieses Buch handelt vom Bösen im Menschen und zwar nur vom Bösen. Wir dürfen aber nie vergessen, dass es auch ein Gutes gibt. -
Rezension zur maritimen gelben Reihe: Ich bin immer wieder begeistert von der «Gelben Buchreihe». Die Bände reißen einen einfach mit. Inzwischen habe ich ca. 20 Bände erworben und freue mich immer wieder, wenn ein neues Buch erscheint. oder: Sämtliche von Jürgen Ruszkowski aus Hamburg herausgegebene Bücher sind absolute Highlights. Dieser Band macht da keine Ausnahme. Sehr interessante und abwechslungsreiche Themen aus verschiedenen Zeitepochen, die mich von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt haben! Man kann nur staunen, was der Mann in seinem Ruhestand schon veröffentlicht hat. Alle Achtung!

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Das Spiel mit den Bällen hat eine eigene Bewandtnis. Es fällt ihm zuerst der Plattfuß und dann das Fußballspiel ein. Der Ballen des Fußes interessiert ihn am Fuße am meisten. Er hat Ekel vor Füßen, die Hühneraugen haben, die er ebenfalls Ballen nennt. Auch andere Ballen interessieren ihn, nämlich die beiden Mammae. Der Golf heißt ja lateinisch sinus (der Busen) und im Deutschen Meerbusen. Sein Fußfetischismus ist auch eine Verlegung von oben nach unten. Die beiden Fußballen stehen für die beiden Mammae. Endlich Beziehungen zu den Hoden. Homosexuelle Phantasien. Weitere Beziehungen von Coup (Coupe — couper — Kuh mit Eutern siehe die Träume Nr. 255 — 257). Der Herr F. steht für den Vater, Herr F. ist ,,der große Analerotiker“, wie er ihn nennt, welcher immer Blasphemien im Munde führt, die innige Beziehungen zum Traume haben, die ich aber unmöglich hier mitteilen kann.

Die beiden Ausgaben des Vaters (Faust und Mephisto) werden hier durch den Vater und P. dargestellt. Der Vater hat zwei Geliebte (das Kindermädchen d. h. das Landhaus und die Engländerin), die als Schachteln ohne Kopf (Schwanz) dargestellt werden. Doch zu Sardinen fällt ihm Piemont ein, das er als pied-mont, d. h. Fuß des Berges, auflöst (Vgl. Traum Nr. 380).

Schon jetzt fällt uns auf, dass im zweiten Traum der Träumer ins Tal hinabging, d. h. auf den Fuß des Berges. Was das zu bedeuten hat, sollen wir gleich erfahren. Herr F. soll zu einem Freund gehen, der ein Christlich-Sozialer ist, um dort zu essen. Es handelt sich um das heilige Abendmahl, das die Griechisch-Katholischen nach Mittemacht nehmen. Der Freund heißt Zimmermann. Es fällt ihm aber sofort ein Sohn eines Zimmermannes (zweite Bedeutung Frauenzimmermann = Don Juan) ein... Christus. Der Vater soll sich zu Christus bekehren und fromm werden.

Das ist der große Konflikt seines Lebens. Der Vater und Großvater waren überzeugte Liberale und beteten niemals, gingen in keine Kirche. Sein erster Hofmeister war ein fanatischer Klerikaler. Das ist die Belastung vom Vater und Großvater. Er hat von ihnen den Liberalismus, d. h. den Unglauben übernommen. Nach außen und vor sich ein überzeugter Freigeist ist er im Innern ein überzeugter Klerikaler (Christlich- Sozialer).

„Dann war Papa auf einmal sterbenskrank — und zwar am Herzen“ — an seinem Herzen fraß der Unglaube, er sollte bekehrt und erlöst werden. Deshalb durfte er nicht das „Judenblatt“ — die „Neue freie Presse“ lesen. Nur die halbe Zeitung, d. i. die „Presse“, wie die mehr konservative, fast klerikale Mutter der „Neuen freien Presse“ geheißen hat. Die Zeitung ist hier auch in zweiter Bedeutung das Weib (Bekannte Assoziationen: Spalte der Zeitung, Stehende Artikel. Der alte Witz wie man Impotenz heilt: Man gibt den Penis in eine Zeitung. In dieser steht Alles. Ferner Eva, als erster Redakteur. Außerdem Witze: Über und unter dem Strich, kleiner Anzeiger usw. Neuigkeit — Vagina (Anthr. III. S. 52).). Die freie Presse eine Dirne. Die halbe Presse = demi-monde. Ein ganzes Blatt hätte ihm schaden können. Der Papa sollte nicht noch einmal heiraten und keine Verhältnisse mit „ganzen“, d. h. vollwertigen Frauen haben.

„Halbes Abendblatt“ führt zu den Gedanken vom „Heiligen Abendmahl“. „Erstes Nachmittagablatt“ konnte nicht gedeutet werden. Wahrscheinlich Anspielung auf eine Szene zwischen Vater und Kindermädchen am Nachmittag.

Der vierte Traum zeigt uns die Uhr als Symbol des Herzens. Sein Herz (der Vater) stirbt nicht. Er wirft sie zu Boden, sie bricht nicht. Er merkt nur, wie viel es geschlagen hat. (Der Deckel springt auf.) Der Vater hat ihn nach der ersten Szene geschlagen. Aufspringen des Deckels = die Auferstehung = die Toten steigen aus den Gräbern.

Der fünfte Traum brachte uns eigentlich die Lösung einer Reihe von Träumen, auch der vorhergegangenen (Wir haben dies Phänomen, dass der nächste Traum der Nacht den vorhergehenden deutet, wiederholt beobachten können. Eine ganz vorzügliche, ausführliche Traumanalyse hat Otto Rank publiziert: „Ein Traum, der sich selbst deutet.“ (Jahrbuch für psychoanalytische Forschungen, II. Bd. 1910. F. Deuticke.) Der zweite Traum enthält die Deutung des ersten.). Denn die Analyse dauert ca. 10 Stunden. Hier sind bloß die Resultate dargestellt.

Zum Ökonom fällt ihm sein Bruder ein. Die Bäder blieben rätselhaft, bis ich darauf dringe, dass dieser Traum Beziehungen zum religiösen Komplex haben müsse. Er verneint dies; findet jedoch Anspielungen auf seinen Geiz, seine Sucht, Geld zu erwerben, ökonomisch zu leben. Weitere Einfälle gehen über Aaron zum „goldenen Kalb“. Diese Schmähung zielt wohl auf den dicken Herrn, der seinen Vater darstellt, obwohl er sehr ordinär, wie ein ungebildeter Fiakerkutscher aussah. Auch stand er da wie tot und starr, was wir ja verstehen werden, da es sich um den toten Vater handelt (Kutscher, der Lenker der Familie = der Vater; Fiaker, Zweigespann = Ehe, Fiakerkutscher = Ehemann, der Vater.)

Dann fällt ihm ein, dass es gar kein Bad war, nur eine Dusche, ein Benetzen des Hauptes. Schließlich erkennt er den Ökonom als einen Menschen, der an einem chronischen Ekzem leidet und löst ihn in ,,Ecce-homo!“ auf. Aaron. — Jean (Johannes), Ko — Kohn und Christus. Das Baden bedeutet die Taufe. (Johannes der Täufer!) Christus hat als erster die Taufe genommen. Er ist der große Einser! („Einzelbadezimmer“) Der Einzige, den er verehrt und anbetet. Er hat eine Zeitlang gezweifelt, ob er überhaupt getauft wurde, und beneidete Kaiser Konstantin (er nennt seinen Freund Kohn konstant Ko) darum, dass er sich am Totenbette taufen ließ und nun rein in den Himmel einziehen und die ewige Seligkeit erwerben konnte. Der „abscheuliche Dicke“ hatte auf die Taufe und die Wiedertäufer verzichtet, d. h. das Himmelreich verloren.

Doch das Wichtigste ist der Umstand, dass ihn der Ökonom im Traume sexuell erregte. Auch die Frage des Bruders, ob er den Penis gesehen habe, wird verständlich. Christus war seine erste religiöse und erotische Liebe. Die Schweißfüße sind die blutigen Füße des Sohnes Gottes.

Aber seine Sünden sind noch viel größer. Er litt eine Zeitlang in der Kindheit an dem Größenwahn, selber der Sohn Gottes zu sein. Er war sich selber Christus. Seine Familie war die heilige Familie. Der Vater Gott, der Bruder der Heilige Geist und er der „Sohn Gottes“. Deshalb wundert er sich im Traum, dass Christus größer ist als er. Er ist der Erlöser. Er büßt die Sünden seines Vaters und hat sieh ans Kreuz der Neurose geschlagen. Seine Hauptsünde: sein Gott war seine erotische Liebe. Er hat es als Knabe bedauert, dass Christus immer ein Tuch um die Lenden getragen hat. (Siehe den wichtigen Traum Nr. 9 und die Träume Nr. 186.) Eine andere Sünde: Er wollte einmal den Penis des Vaters sehen und sagte: „Bitte, Papa, zeig‘ mir dein Pipi!“ Dafür kriegte er ordentliche Hiebe und Schelte. Darauf bezieht sich die Frage des Bruders am Schluss dieses Traumes. Am nächsten Tage träumt er eine Variante — den sechsten Traum. Die Frau schildert er: eine dicke, ordinäre Person, grauslich, gewinnsüchtig, lüstern, eine Köchin, die die schlechten Eigenschaften aller seiner kindlichen Bekanntschaften hat. Der bisexuelle Charakters des Träumers ist deutlich. Die Hauptsache, dass er den Vater (den Dicken des fünften Traumes) als altes Weib darstellt. Er ist das Jesuskind. Der Vater hindert ihn am Onanieren.

Im letzten Traum packt ihn die Reue für die Schmähungen, die er dem geliebten Vater zugetan hat. Er will zum Vater in die Gruft hinab. Selbstmordgedanken. Ein Engel (sein Arzt) hindert ihn daran. Der Engel erinnert ihn an ein Bild von der Auferstehung Christi. Diese ist ja im dritten Traume (das Wunder als ,,sich wundem“ ausgedrückt) ausgeführt. Auch das Springen des Uhrdeckels ist das Springen der Gruft, da Christus auferstand. Der Engel ist auch der Engel mit flammendem Schwert, der die Sünder aus dem Paradiese vertreibt. Wir erfahren den tiefsten Grund seiner Impotenz. Er kann zum Weib nicht geben, weil er nicht würdig ist, ein Weib zu besitzen. Der Engel vertreibt ihn aus dem Paradiese. (Zentralfriedhof = Gruft = Vagina (Auch das „gelobte Land ist die Vagina, Moses oder Aaron (Aaronsstab! Der Penis. (Anthr. III. S. 436.)). Er hat ein Grauen vor dem Weibe, das ihm die Sünde personifiziert. Sein Penis klappt jedes Mal zusammen, wenn er ihn in die Vagina stecken will. Zwischen ihm und dem Weibe stehen der Tod und die Sünde.

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