F. Schütz - Ein kleiner Androide
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Dahingeflogenen Tagen, als ich noch träumen und unbeschwert Bücher lesen konnte, gewidmet.
Vorwort
Eine parallele Welt, die manchem in Träumen durchschimmert, würde auf den ersten Blick, wie zu erwarten, befremdlich ausfallen. Dennoch könnte man, wenn man wolle, eine schmerzliche Ähnlichkeit mit dem uns bekannten Weltkreis erkennen.
Die vorliegende Traumserie erzählt von dem Schicksal der Menschheit in einer verhängnisvollen Zeit. Ein Zeitlauf, der zunächst aussichtslos erscheint. Da – der erste Traum – die Bewohner des verborgenen Planeten Ereade treten auf die Bühne.
1. Auf dem Hügel
Ein milder und freundlicher Tag kündigte sich an. Die große schöne Villa auf dem Hügel, im klassischen Stil mit Kolonnaden und in weißen und rosa Farben gehalten, erwachte langsam zum Leben. In eigentlichem Sinne aufwachten nur die Großmutter und ihr Enkel, richtiger gesagt Urenkel.
Die anderen, – die Roboter, – markierten lediglich die Ruhe. Die Pause wurde mit Wartung, Laden der Batterien, Anschauen der Seifenoper-Serien und Kontrolle seitens des Supercomputers gefüllt. Der Großrechner – Super Intelligence Computer – wurde oft verkürzt nach drei ersten Großbuchstaben benannt. Die bewundernden als auch nach Originalität heischenden Journalisten haben die Fassung [sic!] 1 , 2lanciert. Die pragmatischen Berichterstatter haben nur den Buchstaben »S« groß ausgeschrieben. Die letztgenannte Schreibweise »Sic« setzte sich wegen der Bequemlichkeit durch – niemand wollte mit der Umschalttaste lange hantieren, um drei Großbuchstaben zu produzieren. Da die Androiden nie des Schlafes bedurften, übergingen sie am Morgen ohne viel Federlesen zu ihren täglichen Obliegenheiten. Es war eine kleine Armee – Verwalter des Hauses, Koch, diverse Diener, mehrere Gärtner, eine Menge Landarbeiter, um nur die wenigsten zu nennen. Zur Villa gehörten riesige Ländereien, eine Gärtnerei mit zusätzlichen Treibhäusern, Pferde- und Viehställe. Das wollte alles bedient werden. Aber im Ergebnis waren die auf dem Hügel praktisch autonom.
»Großmutter, hörst du, Großmutter, Isaac will mir meine Frage nicht beantworten!«, wie ein Windstoß war der Enkel ins Arbeitszimmer der Großmama hereingeplatzt.
»Henry, mehrmals habe ich dich schon gebeten, sei nicht so wild«, ließ die Großmutter von einem großen Buch ab. Sie tat es gar nicht energisch, sondern etwas leise und trotz des frischen Morgens eher müde. »Ich bin nicht mehr so jung, deine Schnelligkeit zu verkraften.« »Was für eine brennende Frage hast du gehabt?«, fügte sie im sachlichen Ton hinzu.
»Isaac sollte mir sagen, wo mein Papa geblieben ist.«
Ein Schatten fiel auf Henry. Eine angenehme Stimme sagte: »Ich habe erklärt, dass ich nichts dergleichen sagen darf.«
In der Tür stand Henrys Mentor Isaac. Wie alle Androiden hatte er einen menschenähnlichen Bau, aber laut Gesetz durfte ein Mensch in gar keinem Fall mit einem Universalroboter verwechselt werden. Dieser musste leicht als Maschinenwesen erkennbar sein. Das Unterscheidungsmerkmal waren zwei kurze Antennen, die aus dem Kopf ragten und ein bisschen an zwei Hörner erinnerten. Es hätte auch eine einzige gereicht, aber das Teil war so wichtig, dass die Zweite als Sicherung gegen einen Ausfall diente. Eine Kopfbedeckung durfte ein Roboter nicht tragen.
»Gib Ruhe, Henry.« »Isaac wird solche Fragen niemals beantworten«, klärte die Großmutter Henry auf. »Dafür bin ich zuständig.«
»Wie, ich habe dich schon gefragt«, begehrte Henry auf. »Ich war klein, kann mich jedoch an meinen Papa erinnern. Er trug mich auf seinen Armen und tröstete, als ich hinfiel und mich sehr heftig stieß. Er schaute mich liebevoll an, aber seine Augen waren traurig.«
»Isaac, machen Sie bitte die Tür zu und kehren ins Studierzimmer zurück«, befiel die Großmutter.
Der Angeredete nickte leicht mit dem Kopf und verschwand.
»Henry, ich habe dir schon früher klar gemacht, dass du für diese Frage noch zu jung bist. Also gedulde dich demnächst.« »Ich habe für dich eine Aufgabe«, setzte sie die Ansprache fort. »Ich fühle mich heute nicht wohl und daher nicht kräftig genug, die Kerze am Abend zu wechseln. Da diese Ehre und Pflicht nur den Menschen vorbehalten ist, übernimm es bitte für heute.«
»Großmutter, ich mache es gerne!«
Am späteren Abend, die Dämmerung brach schon an, betrat Henry den Innenhof und eilte zu einem in den Himmel ragenden, aber schmalen turmartigen Gebäude. Es gab im Inneren des Turmes sowohl einen Aufzug als auch eine Wendeltreppe. Henry wählte den Fahrstuhl, um schneller fertig zu werden, da er wegen Dunkelheit ein wenig Furcht hatte. Als der Aufzug stoppte, benutzte der Junge die Wendeltreppe und kam in ein hohes rundes Zimmer, das blendend weiße Wände hatte. In allen Himmelsrichtungen besaß es mehrere emporschauende schmale Fenster. Henry ersetzte die große Kerze in der Mitte des Raumes, die auf einem Postament stand und in die Zimmerfenster leuchtete, durch Mitgebrachte. Danach gebrauchte er eine fest eingebaute steile Leiter, die Handleisten bot und für einen Menschen breit genug war. Am Dach angekommen, löste Henry die Fixierung, schob die gleitende Luke nach vorne und trat auf die Aussichtsplattform. Die Öffnung war an drei Seiten mit gebogenen Geländern geschützt, um sich an diese zu stützen. Henry blickte zuerst kurz auf die sich ins Dunkel hüllende Villa, sich an die Balustrade haltend und wandte sich dann der Flagge zu. Die Fahne, welche ein längliches, rot gefärbtes Kreuz am weißen Hintergrund abbildete, wurde von dem schwachen Wind nur mild gerührt. Die Nacht war klar, daher schaute Henry zielstrebig nach Norden. Auf dem gegenüber liegenden Hügel in der sehr weiten Ferne wähnte er ein schwaches Licht zu sehen.
Hinunter stieg Henry mithilfe der Wendeltreppe ab. Schön war es, die Stufen im schnellen Tempo durchzulaufen. Wenn man das rasch genug tat, bekam man einen Eindruck, als ob man fliege. Unten angelangt, spurte Henry zur Großmutter und meldete: »Fertig!« »Ich glaube, das Nachbarlicht wieder gesehen zu haben.«
»Danke, Henry. Es freut mich, dies zu hören. Aber täusche dich nicht, es ist sehr weit.«
2. Pechtag auf der Fabrik
Es versteht sich mittlerweile von selbst, dass die Roboter auch von Nämlichen gefertigt werden. Die erste Generation der Universalroboter wurde aber von den Ingenieuren geplant und hergestellt, die zweite von den Technikern entwickelt und von Roboterlinien produziert. Für die Entwicklung der dritten Robotergeneration wurde der Superrechner Sic gebaut. Seit seiner Fertigstellung projektierte er die autonomen vernetzten Roboter. Diese wiederum ließ er von den spezialisierten Roboteranlagen erzeugen. Der Großrechner verwaltete und erweiterte auch sich selbst.
Mit den autonomen Robotern ließ sich der Superrechner etwas einfallen. Die waren nicht untereinander vernetzt, sondern nur mit ihm. Sobald ein Universalroboter vor einen für ihn nicht lösbaren Aufgabe stand, forderte er vom Sic automatisch die Unterstützung an.
Um miteinander zu kommunizieren, erhielten die Androiden die geförderte Sprachausgabe. Was so schön wissenschaftlich klingt, kann man auch einfacher ausdrücken: Sie waren mitteilungsbedürftig. Um noch klarer zu sagen, – sie waren Schwätzer! Das hat Sic algorithmisch ausgetüftelt, da er erkannte, dass die Gespräche und die Gerüchte die Kontrolle erleichterten und Ressourcen schonten. Die wichtigen Ereignisse konnte man so schneller aufspüren, – man brauchte ganz wenige Feldroboter anzuzapfen. Gleichwohl führte Sic noch ein periodisches vollständiges Audit durch. Dabei wurden alle Gedächtniszellen der Roboter ausgelesen und geprüft.
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