„Zudem hat er angeregt, dass Hannes und dein Alex aufgrund ihrer sehr guten Noten und ihrer außergewöhnlichen Begabung nach dem Abitur ein Informatikstudium absolvieren sollten. Wenn ich dem zustimme, stellt sich nur die Frage, wer meinen Hof irgendwann mal übernehmen soll. Und wenn ich dem Hannes jetzt etwas sage, kommt mir der Kerl mit Computern im Kuhstall – ich fass‘ es ja nicht. Das hat bisher doch auch niemand gebraucht.“
„Jetzt stell‘ dich mal nicht so an, Onkel Alois. Schließlich interessiert sich dein jüngerer Sohn Matthes viel mehr für die Landwirtschaft, als Hannes das tut. Und nicht zuletzt geht bekanntlich probieren über studieren. Angesichts der derzeitigen Milchpreisentwicklung wird dir über kurz oder lang gar nichts anderes übrigbleiben, als bei der Modernisierung deines Betriebs mit dem technischen Fortschritt zu gehen“, wandte Alexander Hofmann spontan ein.
„Außerdem wird das, was wir vorhaben, inzwischen ja auch von der EU gefördert. Und diese Kohle solltest du dir wirklich nicht entgehen lassen. Du bist doch sonst Neuem gegenüber immer aufgeschlossen gewesen.
Und falls wir mit unserer Eigenentwicklung scheitern, versprechen wir beide, dass wir dir in Zukunft öfters auf deinem Hof zur Hand gehen werden – einverstanden?“
„Jetzt nick‘ schon endlich, du alter Knurrhahn“, wurde Alois Sturm jetzt von seiner Frau Babette angestupst. „Die Jungs verdienen unser Vertrauen. Und was den Hof angeht, fällt uns sicher auch noch eine Lösung ein, falls die Idee der beiden nicht funktioniert.“
Nachdem die beiden oft als Wunderkinder titulierten Freunde nach ausgiebigen Tests auf dem Bauernhof der Familie Sturm ihr Milchwirtschaftsprogramm schon wenige Monate später in ausgereifter Form auf den Markt brachten, ließ sich auch Alois Sturm von seiner Frau und dem Direktor des Erdinger Gymnasiums breitschlagen, indem er dem Studienwunsch seines Sohnes zustimmte.
„Bis zum Abitur ist es ja noch ein Weilchen – und ich muss zugeben, dass mir das Programm der beiden tatsächlich eine Menge Arbeit einspart. Wird aber noch etwas dauern, bis wir die damit verbundenen Investitionen wieder hereingeholt haben. Nur der Name ihrer Firma „Morning Star Enterprises“ klingt schrecklich – was soll der eigentlich bedeuten. Hätte es da nicht auch eine deutsche, besser noch eine bayerische Bezeichnung getan?“
„Du bist und bleibst ein alter Brummbär – aber ich bin froh, dass du das Potenzial der zwei Buben endlich zu würdigen weißt“, hatte Babsi Sturm nach dem Abendessen erklärt, als Hannes sich mal wieder in Richtung des provisorischen Firmenbüros der neu gegründeten Firma Morning Star verdrückt hatte.
„Und wenn du’s genau wissen willst – Hannes hat mir neulich erklärt, dass deutsche Namen für eine Firma in der Computerbranche – wie sagte er noch gleich – sowas von Megaout sind. Morgenstern hätte sich ja auch ziemlich blöd angehört. Das kennt man hierzulande ja nur als mittelalterliche Waffe.
Und der Zusatz Enterprises heißt übersetzt nichts anderes, als Unternehmen. Wobei die beiden Star Trek-Fans vielleicht aber auch ein bisschen an Captain Kirk und sein Raumschiff gedacht haben. Du kennst die Serie doch auch aus dem Fernsehen – schließlich guckst du immer ganz gespannt auf den Bildschirm, wenn es mal wieder darum geht, dass Kirks ENTERPRISE ins Weltall aufbricht, um die Geheimnisse fremder Welten zu enträtseln.“
„Ist ja schon gut, Babs. Ich sag‘ ja schon nichts mehr. Ich geh‘ lieber vor der Tagesschau gleich nochmal rüber zu unseren fleißigen Milchkühen und erforsche dabei die fremden Welten unseres Kuhstalls. Übrigens habe ich unseren Nachbarn Toni Gruber dazu überredet, sich ebenfalls so eine High-Tech-Anlage auf seinem Hof einbauen zu lassen. Geld genug dafür hat dieser alte Geizhals ja.
Nur gut, dass die Jungs mittlerweile eine Fertigungsfirma gefunden haben, die ihre provisorische Anlage hardwaretechnisch nochmal überarbeitet und die sie dann als Lizenznehmer der beiden auch anderen Bauern in der Region anbieten will“, fügte Alois dann noch zufrieden lächelnd hinzu. Wobei ihm der dabei empfundene Vaterstolz schon ein wenig anzusehen war.
Kapitel 2 Außergewöhnliche Anfangsjahre
Nachdem Alexander Hofmann und sein Freund Hannes Sturm ihr Abitur bereits mit 17 Jahren in Rekordzeit abgelegt hatten, wollten sie – mit dem Segen ihrer Eltern – im Oktober 2007 ihr Informatikstudium an der TU 2München beginnen.
„Über die Studiengebühren braucht ihr euch keine Gedanken zu machen, das stemmen wir selber“, hatte Alexander Hofmann bei einem neuerlichen Biergartenbesuch den Eltern gegenüber festgestellt.
„Das Steuerungsprogramm für die neuen Fütterungs- und Melkautomaten verkauft sich schließlich hervorragend und jedes Mal, wenn sich ein fortschrittlicher, weil schlauer Bauer so eine vollautomatische Anlage zulegt, kriegt er ja von uns auch noch ein mit unserer Software verknüpftes Buchhaltungsprogramm dazu, mit dem er seine Futter- und Materialbestellungen sowie die Milchvermarkung viel simpler, als früher managen kann. Von der vereinfachten unternehmerischen Steuererklärung mal ganz abgesehen.“
„Und jedes Mal, wenn das passiert, klingelt’s in unserer Kasse“, fügte Hannes Sturm gleich noch hinzu. Damit werden wir nach den Sommerferien am Studienort in Garching sicher auch eine Wohnung bezahlen und zu zweit beziehen können.“
„Dann werden wir euch künftig wohl nicht mehr allzu oft zu sehen bekommen. Schließlich ist Garching ja ein ganzes Stückweit von hier entfernt. Und wenn ihr dort auch auf Dauer wohnen wollt, heißt das ja, dass ihr uns dann nur noch am Wochenende besuchen könnt“, hatte die aus Italien stammende Julia Hofmann an dieser Stelle ein bisschen traurig schauend eingeworfen.
„Sei bitte nicht unglücklich, Mutti – aber so ist es nun mal, wenn Söhne erwachsen werden. Außerdem ist es ja mit S- und U-Bahn keine Weltreise von hier bis nach Garching. Sind ja schließlich nur knapp 40 Kilometer. Und wenn dir Paps mal einen Nachmittag freigibt, sind du und Hannes Mutter bei uns stets herzlich willkommen. Wobei eine telefonische Vorankündigung nett wäre, damit wir unsere Bude vorher aufräumen können.“
Nach dieser Antwort von Alex brach an dem Biertisch verhaltenes Gelächter unter den beiden Elternpaaren aus, wobei Babette Sturm sofort meinte: „Was wahrscheinlich auch nötig sein wird, wenn ich an den Zustand von Hannes Zimmer bei uns daheim denke. Die Kerle werden wohl nie erwachsen – nur dass sie jetzt sporadisch tatsächlich selber aufräumen und sogar ihre Klamotten selber waschen und bügeln wollen, das ist absolut mal was Neues – stimmt doch Julia?“
„Und wie“, erwiderte Julia Hofmann prompt. „Aber merkt euch eines, ihr beiden: Wir besuchen euch gern – zumindest hin und wieder. Allerdings nicht zum Putzen und Aufräumen. Also haltet eure Versprechungen. Wir kommen dann nämlich als Besucherinnen zu Kaffee und Kuchen zu euch – und nicht als Koch- oder Reinigungshilfe.“
Im Oktober 2007 war es endlich soweit. Das bestandene Abitur in der Tasche hatte man im Familienkreis gebührend gefeiert und danach hatten sich die beiden Jungstudenten in ihre in Garching angemietete WG verzogen.
Dort hatten Alex und Hannes bereits in den Tagen vor dem Umzug ein Zimmer ihrer Studenten-WG reserviert und mit ihren Computern und Notebooks bestückt. Und genau an diesem Ort gedachten sie ihre Softwarefirma, parallel zum begonnenen Grundstudium, auf neue Produkte auszurichten.
Das dafür nötige Erweiterungskapital in Höhe von knapp 100.000 Euro hatten die beiden Jungunternehmer bereits mit ihren bisherigen Entwicklungen verdient. Und jetzt wollten sie diesen ersten Erfolg während ihres Informatikstudiums an der Technischen Universität München mit der erfolgreichen Vermarktung einer neu entwickelten Banking- und Broker-App fortsetzen.
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