Ruliac Ulterior
Aus dem Off
Bekenntnisse eines soziophoben Borderliners
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Inhaltsverzeichnis
Titel Ruliac Ulterior Aus dem Off Bekenntnisse eines soziophoben Borderliners Dieses ebook wurde erstellt bei
Einleitung
Rechtlicher Hinweis
Kapitel I - Sommerhalbjahr 2006
Kapitel II - Winterhalbjahr 2006/2007
Kapitel III - Sommerhalbjahr 2007
Kapitel IV - Winterhalbjahr 2007/2008
Kapitel V - Sommerhalbjahr 2008
Kapitel VI - Winterhalbjahr 2008/2009
Kapitel VII - Sommerhalbjahr 2009
Kapitel VIII - Winterhalbjahr 2009/2010
Kapitel IX - Sommerhalbjahr 2010
Kapitel X - Winterhalbjahr 2010/2011
Kapitel XI - Sommerhalbjahr 2011
Kapitel XII - Winterhalbjahr 2011/2012
Kapitel XIII - Sommerhalbjahr 2012
Kapitel XIV - Winterhalbjahr 2012/2013
Kapitel XV - Sommerhalbjahr 2013
Impressum neobooks
Dieses Buch wird Sie als Leser in eine Erfahrungswelt führen, welche den meisten zunächst fremd und unverständlich sein dürfte. Bereits der Titel wirft Fragen auf: Was bedeutet soziophob? Was ist ein Borderliner? Was versteht man unter dem Off?
Als Borderliner wird jemand bezeichnet, der an dem Borderline-Syndrom leidet, einer Persönlichkeitsstörung, welche unter anderem durch eine ausgeprägte emotionale Instabilität gekennzeichnet ist. Dem Kreis der hiervon Betroffenen gehöre auch ich an. Darüber hinaus bin ich soziophob, leide also an einer Sozialphobie, der pathologischen Angst vor sozialen Kontakten und insbesondere vor der damit verbundenen Bewertung durch andere Menschen. In meinem Fall geht diese Erkrankung einher mit einer Erythrophobie, dem häufigen Erröten aus Angst vor der Blamage des Errötens. Aufgrund dieser psychischen Probleme bin ich erwerbsunfähig.
Mit dem titelgebenden Ausdruck Aus dem Off wird in der Filmbranche eine außerhalb des Bildausschnittes angesiedelte akustische Quelle umschrieben. Aufgrund meiner psychischen Beeinträchtigungen spielt mein Leben sich größtenteils in sozialer Isolation und am Rande unserer Gesellschaft ab, also gewissermaßen ebenfalls jenseits des Sichtbaren. Mit dem vorliegenden Buch melde ich mich nun aus diesem Bereich heraus zu Wort.
Das Erscheinungsbild der Borderline-Störung stellt sich außerordentlich individuell dar. Es existiert eine Reihe teils sehr unterschiedlicher Symptome, die in verschiedener Intensität auftreten oder ganz ausbleiben können. Aus diesem Grund wird das Borderline-Syndrom oft auch als die Puzzle-Krankheit bezeichnet. Den einen Borderliner gibt es nicht. Borderliner an ihrem Verhalten zu erkennen, fällt daher besonders Laien schwer. Doch dies haben sie mit vielen Fachleuten gemeinsam, denn die meisten Borderliner sehen sich im Laufe ihrer Krankengeschichte einer Vielzahl von Fehldiagnosen und -behandlungen ausgesetzt. Auf der anderen Seite werden aber nicht wenige Patienten alleine deswegen mit dem Etikett des Borderline-Syndroms versehen, weil der behandelnde Therapeut überfordert ist damit, eine in sich stimmige Diagnose zu stellen.
Trotz der Vielfalt der Symptome und ihrer Ausprägungen sind allen Borderlinern bestimmte Grundzüge eigen. Sie verfügen kaum über innere Schranken, die ihr Ich vor übermäßigen äußeren oder inneren Reizen zu schützen vermögen. Sie sind der ungezügelten Macht ihrer eigenen Impulse und Ängste ebenso ausgesetzt wie den ungefiltert auf sie einströmenden Umgebungsreizen, werden von aggressiven, sexuellen, aber auch von selbstabwertenden Impulsen förmlich überschwemmt. Gleichzeitig fehlt den Betroffenen ein seelischer Gerinnungsstoff. Sie bluten daher emotional aus. Borderliner leiden unter schwerwiegenden Beziehungsproblemen, einem diffusen und negativen Selbstbild und sogenannten Flashbacks, der plötzlichen inneren Zurückversetzung in belastende oder gar traumatisierende Situationen aus ihrer Vergangenheit. Häufig auftretende Verhaltensauffälligkeiten sind ein ausgeprägtes Hochrisikoverhalten, zum Beispiel im Straßenverkehr, außerdem Selbstverletzungen, wie das wiederholte Schlagen mit dem Kopf gegen Wände oder das eigenhändige Zufügen von Schnittwunden. Borderlinern fällt es äußerst schwer, Entscheidungen zu treffen und einmal eingeschlagene Wege zu Ende zu gehen. Sie verfügen über kein stabiles Ich, an dem sie sich orientieren könnten. Ihre berufliche Selbstfindung ist meist gekennzeichnet durch viele Irrtümer und Umwege. Es besteht eine ausgeprägte Anfälligkeit für Süchte jeder Art und zudem ein hohes Suizidrisiko. In der Summe all dessen wird deutlich, warum im Zusammenhang mit dem Borderline-Syndrom des Öfteren von einem Leben auf der Achterbahn gesprochen wird.
Betroffene bemühen sich meist vergeblich darum, ihrem Umfeld das durch die Symptome ihrer Krankheit ausgelöste Leid zu vermitteln. Ihre Gefühle sind fünf Mal so stark wie die anderer Menschen, was sich auch anhand hirnorganischer Besonderheiten, die mit dieser Störung einhergehen, nachvollziehen lässt. Da eigene Emotionen zwar auch von Gesunden erfahren werden können, aber nicht in einer derart vernichtenden Intensität, werden Borderliner oft einfach als zickig, labil oder verweichlicht abgestempelt. Manchmal wird ihnen gar unterstellt, Aufmerksamkeit erheischen zu wollen oder sich ihre Erkrankung nur einzubilden. Doch Borderliner sind einer fortwährenden inneren Belastung ausgesetzt, unter der die meisten gesunden Menschen innerhalb kürzester Zeit zusammenbrechen würden.
Die Möglichkeit einer wirklichen Heilung besteht nicht. Zwar können viele Betroffene lernen, mit ihrer Störung umzugehen, vor allem mit zunehmendem Lebensalter. Letztlich lässt sich aber nur eine Linderung der Symptome erreichen. Auch therapeutische Maßnahmen orientieren sich an diesem Ziel.
Die Borderline-Problematik begleitet mich bereits mein gesamtes Leben hindurch, jedoch lange Zeit ohne dass ich die Symptome greifen oder mir die Ursache dafür erklären konnte. Ich spürte nur immer, dass ich irgendwie anders war. Die vorherrschenden Gefühle waren stets Scham, Selbstverachtung und Einsamkeit. Eines Tages stürzte schließlich alles über mir zusammen und ich begann eine ambulante Einzeltherapie. Im Laufe dieser Therapie fand ich heraus, worin die Ursache für all meine psychischen Probleme liegt. Mir wurde nicht nur bewusst, dass mein Elternhaus extrem kalt, kommunikationsarm und demütigend gewesen war, es kamen auch verdrängte Erinnerungen an meine ersten Lebensmonate an die Oberfläche, während deren ich körperlich schwer misshandelt wurde.
Und damit bin ich kein Einzelfall. Tagtäglich werden Kinder durch ihre Eltern auf unterschiedlichste und teils grausigste Weisen misshandelt, sowohl seelisch als auch körperlich. Und all dies geschieht mitten unter uns. Statistisch gesehen ist der gefährlichste Ort für ein Kind die eigene Familie. Oft war der Täter als Kind selbst ein Opfer seiner eigenen Eltern. Manchmal erstreckt sich ein solcher Teufelskreis aus psychischer oder physischer Gewalt über viele Generationen.
Bei diesem Buch handelt es sich um persönliche Aufzeichnungen, die sieben Jahre hindurch einen wesentlichen Teil meiner Erlebnisse und Gedanken widerspiegeln. Im Internet war ich auf Selbsthilfe-Foren für Borderliner gestoßen. In einigen dieser Foren bestand die Möglichkeit, online ein halböffentliches Tagebuch zu führen, welches von anderen registrierten Forenmitgliedern gelesen und kommentiert werden konnte. Schließlich begann auch ich mit einem solchen Tagebuch. Im Laufe der Zeit realisierte ich, dass das Verfassen und - wenn auch lediglich beschränkte - Veröffentlichen meiner Einträge mir nicht nur dabei half, meine soziale Isolation zu durchbrechen. Es war darüber hinaus eine wirksame Möglichkeit, die eigenen Gedanken zu reflektieren und zu ordnen. Die Arbeit an diesem Tagebuch wurde daher zu einem festen Bestandteil meines Alltags.
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