GIL VICENTE
TRIUMPH DES WINTERS
&
DES FRÜHLINGS (1529)
Aus dem Portugiesischen erstmals ins Deutsche übersetzt
von Kristen Benning
Druck und Verlag: epubli GmbH, Berlin 2020
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Herausgeber: Redaktionsbüro Benning
Kristen Ansgar Benning
Freier Reise- und Kulturjournalist
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Portugiesischer Originaltitel
Triumpho do Inverno
(1529)
Zu diesem Drama
Fasziniert schaut der Theaterbesucher durchs Brennglas Gil Vicentes (1465-1536) auf eine ihm fremde Welt der Renaissance. Er hört stolze Worte des Winters über seine Macht, zittert ums Leben von Seefahrern zwischen Brasilien und Moçambique, lacht übers satirische Gepräch des Winters mit einem Hirten über die Liebe. Verzückt lauscht er einem poetischen Gespräch des Frühlings mit der Serra da Sintra, zwei ineinander verliebte Freunde.
Der Zuschauer glaubt, Don Quijote antraben zu hören. Aber der Welt der Ritter folgte bereits das Zeitalter der Eroberer, Seefahrer und Kaufleute in einer globalen Welt. Die Menschen stehen vor Herausforderungen, denen sie nicht immer gewachsen sind, was ihnen aber nicht bewusst ist. Ein 1529 entstandenes Meisterstück Vicentes, des Begründers des portugiesischen Nationaltheaters, das auf heutigen Bühnen eine Aufführung verdient hat.
PERSONEN
Teil I
Winter
Brisco
Juan Guijarro
Eine Alte
Schiffsjunge
Seemann
Lotse
Gregório
Affonso
Gonçalo
Drei Sirenen
Teil II
Sommer
Serra da Sintra
Ein Schmied
Eine Bäckerin
Prinz von Spanien und Portugal
VERFASSER In Portugal sah ich früher in jedem Haus ein Tamburin und in jedem Heuschober einen Dudelsack. Seit zwanzig Jahren gibt es hier weder einen Dudelsack noch einen Musiker.
Man tanzte vor jeder Tür, jedes Dorf kannte zehn wilde Tänze, in jedem Haus gab es eine Pauke.
Und jetzt gibt es nur noch Jeremias, unseren Trommler.
Nur in Barcarena gab es eine Trommel in jeder Mühle.
Noch beim traurigsten Landbewohner erahnte man noch Freude, die jetzt keinen Weg mehr findet.
Wenn man den alten Liedern, die unserem Vergnügen dienten, zuhört, klingen alle klagend, beladen von Mühen, weither aus vergangenen Zeiten.
In der Vergangenheit hat man gesungen und getanzt, wie es sein muss. Singen, um sich zu amüsieren, Tanzen, um sich zu vergnügen: Jetzt aber ist es schwierig, so etwas zu finden.
Sie sangen nicht auf dem Ball:
„Kaltes Land, gib ihn mir,
verweigert mir nicht meinen Trost“!
Dieses Lied schuf ein Jude aus Aveiro nach dem Tod seines Großvaters.
Man tanzt heute auf den Volksfesten und tanzt dort jeden Tag, weil die Melodie das widergibt, was wir im Herzen fühlen.
Aber jene, die sich in den Städten und Dörfern amüsierten, als die Feste an Zahl zunahmen, sangen tausende Lieder in diesem Takt:
„Im Fels ist der schwarze João,
auf dem Felsen!
Wo sind die Hunde,
die die Wölfe töteten,
die die Ziegen fraßen,
die am Rebstock nagten,
den der schwarze João
auf dem Felsen pflanzte?“
Falls in diesen glücklichen Zeiten unsere geliebte Infantin auf die Welt käme, würde es ein großes Fest geben, um die siegreiche Entbindung der erlauchten Königin zu feiern!
Aber sie haben alles geschehen lassen, sie sind dort geblieben, ohne etwas zu tun, und niemand fragt bei der aktuellen Traurigkeit, wo die vorherige Freude geblieben ist.
Deshalb stellte ich mir mit Hilfe der sieben Himmel ein Fest für unsere bescheidene Julia vor, geboren durch die Hand Gottes, welcher dieses Fest gewidmet ist.
Als ich sah, was für ein kaltes Gesicht die moderne Zeit zeigt, schrieb ich einen Triumph des Winters. Danach wird der des Frühlings folgen.
Mein Gedanke bestand darin, das Lustspiel in zwei unterschiedlichen Teilen zu präsentieren. Da ist das erste Argument, in dem ich, um nicht zu viel Tinte zu verschwenden und um mich besser zu verstehen, aus dem Winter einen Wilden machte.
Er spricht Kastilisch, denn ein Mensch, der etwas vortäuschen will, findet in der kastilischen Sprache alles, was immer er dazu braucht.
Die folgende Tragikomödie heißt Triumph des Winters. Sie wurde vor dem hochgeborenen und ausgezeichneten Prinzen Seiner Majestät Dom João III. von Portugal in seiner Stadt Lissabon aufgeführt. Ihm zur Seite steht die verehrte und hochberühmte Königin Dona Catherina, unsere Herrin.
Sie wird in zwei Teilen aufgeführt.
Argument der ersten Figur des Triumphes des Winters.
WINTER Sie wissen alle ohne jede Ausnahme,
dass ich Juan de la Greña bin,
Verwüster des Brennholzes
und Säender des Hagelschauers,
Koch der Kartoffeln,
großer Bratofen der Enten,
Kuppler der Kater
und Geburtshelfer der Katzen.
Vertreiber der Störche,
Verbanner der Schwalben,
Stimme des Meerwassers,
Beeinträchtigung der alten Damen,
Gott der kalten Schwaden
und Herr der Wolken,
Gefahr fürs Vieh,
Qual der Hirten.
Ich bin der Pförtner der Winde,
Hirte der Unwetter,
Gebieter der Kälte,
Zorn der Elemente,
Hofmeister des Mondes,
Herr über das Eis,
und ich bin der höchste Kapitän
des Schicksals der Marine.
Obwohl ihr mich mit brutaler Wildheit ausgestattet seht, bedecke ich die Luft mit Trauer und die Gebirge mit Weiß.
Ich werfe anmutige Schatten unter Kastanien und bringe Einsiedler dazu, sich wie Füchsinnen einzuschließen.
Ich bin der, der Birnbäume verwelken und frische Wälder verdorren lässt und Erdbeerbäume fröhlich stimmt und die Rosenstöcke weinerlich.
Ich lasse Glocken durch meine Ge- schicklichkeit sehr weit erklingen und bringe Nachtigallen, Grillen und Frösche zum Schweigen.
Ich lasse zum Guten und zum Schlechten Fenster und Türen schließen,
ich bringe Obstgärten dazu, den Tod der Gärten zu beweinen.
Weinberge lasse ich verwelken
und Bäche werden zu Flüssen. Das
Weizengebiet verwandelt sich in eine Lagune und Einsiedeleien in Zisternen.
Und weil es anrüchig ist, mich selbst zu loben, will ich dies nicht mehr tun,
denn das viele Rühmen führte nie zu großer Tat.
Es sollen Winde und Kälte herauskommen! Weil meine Macht so groß ist, ist es gut, dass sich durch Taten mein erster Triumph zeigt.
Hinaus, hinaus, Hitze und Verrücktheiten des Sommers. Auf dass der Ostwind andere größere Geheimnisse bringe.
Er wird so sein, dass Bäche vereisen sowie Behälter und Alleen und Brunnen, die die Sonne nicht berühren will.
Bald bringe der wütende eisige Nordostwind Schnee und Wolken, so dass sie weder Windstillen bringen noch die Höfe das Vieh schützen können.
Den ohnmächtigen Hirten sträubt sich schon das Haar. Hier kommt schon einer von ihnen. Er heißt Brisco Pelayo.
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