Die Praktikantin: Weil es aus einer Welt ist, in der eine andere Art Glauben herrscht. Wir kommen bei denen nicht vor.
Petrus: Der Sinclair ist doch kein Asiate.
Die Praktikantin: Stimmt. Vielleicht könnten wir es sonst gar nicht verstehen. Er versucht es für uns zu beschreiben, als er glaubt, es zu verstehen. Dadurch öffnet sich uns der Einblick.
Petrus: Worein?
Die Praktikantin: In die Liebe. Dass sie überall ist. Dass sie überall entsteht. Dass sie passieren kann, wann und wo sie will.
Petrus: Das ist klar. Es ist nur eine Geschichte von so vielen.
Die Praktikantin: Sie zeigt uns die Liebe ohne unser Glaubenskorsett.
Petrus: Glaubenskorsett? Wir sind nicht die Kirche.
Die Praktikantin: Diese Liebe wächst nicht umgeben von göttlichem Vertrauen und Geborgenheitswünschen an Jesus oder Schutz von Maria. Ein guter Schreiberling macht es nur besser. Es kann Wahrnehmungstereotypen durchbrechen und die Sicht erhellen.
Petrus: Die Filme sind schnulzig.
Die Praktikantin: Sind sie doch immer. Und bedienen Wahrnehmungsstereotypen. Das ist Unterhaltung. Es geht um das Buch.
Petrus: Um dir einen Gefallen zu tun. Wir lesen es ein. Du darfst nicht nachfragen. Wir geben dir Bescheid.
Die Praktikantin: Warum darf man nicht nachfragen?
Petrus: Weil das nervt.
Die Praktikantin: Aber man wird doch ungeduldig.
Petrus: Dann ruf Jesus an.
Die Praktikantin: Jesus.
Jesus: Komm mir nicht mit Kleinigkeiten.
Die Praktikantin: Kannst du die Aufnahme von Suzie Wong befürworten?
Jesus: Nur das?
Die Praktikantin: Bitte.
Jesus: Klar. Tolles Buch.
Die Praktikantin: Danke.
Petrus hat einen Report
Petrus: Wir haben ein ernsthaftes Problem mit der sogenannten Zivilisation.
Gott: Aha.
Petrus: Die spinnen einfach.
Gott: Wie spinnen?
Petrus: So wie die Römer.
Gott: Römer? Der Vatikan ist doch ein eigener Staat. Ist halt in Rom.
Petrus: Den meine ich diesmal nicht. Sondern den Spruch aus dem Comic über die Gallier.
Gott: Gallier?
Petrus: Franzosen.
Gott: Gallier, Franzosen. Was es alles gibt.
Petrus: Du bist doch allwissend. Du musst doch die Nationalitäten der Historie kennen und diesen berühmten Asterix-Comic?
Gott: Wie oft hab' ich schon erwähnt, dass ich nicht immer alles gleichzeitig im Präsenz-Bewusstsein habe und auch nicht haben will? Dafür gibt es die Wirkmechanismen.
Petrus: Du meinst unsere Arbeit im Labor?
Gott: Auch. Naturgesetze. Kosmische Zyklen. Biologische, chemische, physikalische Mechanismen. Kausalzusammenhänge. Konditionierung. Den karmischen Ausgleich. Auge um Auge und das Zeug. Universelles Echo auf die Gebete. Du weißt schon.
Petrus: Du meinst unsere Arbeit im Labor.
Gott: Wenn immer alles sofort in mir, durch mich wirkt, die Vergangenheit präsent ist und die Zukunft dazu vorweggenommen ist, bedeutet das ultimativen Stress. Glaubst du das macht Spaß? Wie soll ich mich da an jede Einzelheit erinnern?
Petrus: Danach fragt doch keiner. Du bist eben Gott. Deswegen beinhaltest du das alles per definitionem.
Gott: Aha. Ich glaube, ihr spinnt wirklich. Ihr meint, ich muss das alles ertragen, weil ihr mich so definiert. Es wird einfach bestimmt, ich sei allwissend und allmächtig. Und dann ist das so. Sieht doch eher danach aus, als ob man Macht über mich hat.
Petrus: Schiefgelaufen.
Gott: Kannst du dir vorstellen, dass ich manchmal einfach auf einem Gummibärchen herumkauen möchte und denke: Super Gummibärchen. Dabei ist meine einzige Sorge, ob noch genug Gummibärchen da sind.
Petrus schweigt.
Gott: Also was bedeutet das mit den spinnenden Römern?
Petrus: Es ist ein Bild für den Effekt des aufgrund zivilisatorischer Überheblichkeit dem natürlichen Dasein entfremdeten Geistes, der sich in unsinnige Einbildungen versteigt.
Gott: Wenn ich dich nicht hätte.
Petrus: Dass du das nur einsiehst.
Gott: Ich meine damit deine Fähigkeit zu grandios präzisen Formulierungen blumiger Wortgewalt, die niemand versteht.
Petrus: Ich meine damit, ohne mich hättest du noch mehr zu tun.
Gott: Irgendwie schwindet meine Allmacht heute. Jetzt bin ich schon von meinen Mitarbeitern abhängig.
Petrus: Sind doch alle Chefs.
Gott: Trotzdem, erklär' mir das genauer.
Petrus: Es ist die höhnische Kurzform der gallischen Dorfbewohner bezüglich des eigenen Unverständnis für die Reaktionen der Besatzungsmacht der Römer, die sich im Verhältnis zum in deren Sinne zu ihrer fortschrittlicheren Zivilisation rückständig erscheinenden einfachen Landbevölkerung als überlegen empfindet.
Gott: Aha.
Petrus: Es bezog sich angeblich auf die in Frankreich zur Zeit des Comics typische Arroganz der Pariser gegenüber dem Rest des Landes.
Gott: Na schön. Was hat das mit uns zu tun?
Petrus: Die menschliche Zivilisation, wie sie sich nennt, hat etwas von dem Anspruch, selbst das Leben besser zu gestalten, als es in der Schöpfung für den Menschen schon vorgesehen war.
Gott: Die spinnen wirklich. Meine Geschöpfe bilden sich ein, es besser zu wissen als ihr Schöpfer. Kann ja nicht gut gehen.
Petrus geht ab in's Labor.
Die Praktikantin: Gummibärchen?
Petrus: Er tendiert zu pessimistischen Gedankengängen wegen dem Hochmut der Menschen.
Die Praktikantin: Gummibärchen?
Petrus: Das ist gefährlich.
Die Praktikantin: Gummibärchen?
Petrus: Nein, wenn er pessimistische Gedanken hat.
Die Praktikantin: Sind doch genug Gummibärchen da.
Petrus hat neuen Report.
Petrus: Es stimmt, sie haben gerne Allmachtsphantasien, möchten aber keine Verantwortung übernehmen.
Gott: Jedenfalls will kein Mensch meinen Job haben.
Jesus: Ich wurde gezwungen.
Petrus: Kürzlich hast du noch behauptet, jeder wolle Gott spielen.
Gott: Kürzlich? Wir sind im Himmel. Zeit ist Illussion.
Petrus: Also was jetzt?
Gott: Jeder will der Erste sein, aber keiner will die Bürde tragen.
Petrus: Naja, Luzifer wollte an deine Stelle treten.
Gott: Der herrscht ja dafür als Satan auf Erden.
Jesus: Und ich soll ihn besiegen müssen.
Gott: Die Menschen hätten es inzwischen auch selbst kapieren können.
Petrus: Er lockt sie mit Versprechungen. Macht, Geld ...
Gott: Bloß weil ich ihn auf die Erde verbannt habe, ist er noch lange nicht bevollmächtigt.
Petrus: Er hält sich für passiv legitimiert.
Gott: Bitte? Soll 'mal aufpassen, dass er da nicht in einen Schmarrn hinein kommt.
Petrus: Manche moderne Schulen gehen davon aus, er sei auch Teil von dir.
Gott: Von mir?
Petrus: Immerhin war er 'mal ein Engel, ging also von dir aus und dann bist du doch allumfassend. Außerhalb von dir gibt es doch nichts.
Gott: Du meinst per definitionem?
Jesus: Schiefgelaufen.
Petrus: Der Vogel hätte es dir auch abgenommen.
Gott: Man hat ja schließlich Verantwortung. Ich kann mich doch nicht einfach aus der Affäre ziehen und sagen: Fürchtet euch nicht, hier der Vogel macht's jetzt.
Petrus: Wär' aber eine Lösung.
Gott: Danke für die hohe Meinung über mich. Wenn mich ein Wellensittich ersetzen könnte, wäre ich ein Wellensittich.
Petrus: Sind auch Teil von dir.
Gott: Du meinst das nicht etwa ernst. Als ob der Vogel das bewältigen könnte, nur weil er ein bisschen mitgehört hat. Da dreht er garantiert wieder durch.
Petrus: Wir wollten doch den Menschen die Liebe lehren, aber zu viele versuchen Macht über andere zu erhalten. Sie glauben, etwas besseres zu sein, einzelne sogar die allerbesten. Sie möchten an erster Stelle stehen.
Gott: Wir machen es so: Jeder kommt an die erste Stelle und dann stehen sie doch wieder alle in einer Reihe.
Читать дальше