Ingrid Neufeld
Geheimnisvolle Märchen
Gute-Nacht-Geschichten
Dieses eBook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel Ingrid Neufeld Geheimnisvolle Märchen Gute-Nacht-Geschichten Dieses eBook wurde erstellt bei
Die Traumfee
Als der Igel seine Stacheln zeigte
Die Sonnenelfen
Paul will nicht schlafen!
Leo im Sonnenland
Der kleine Star
Nachts kommen keine kleinen schwarzen Monster!
Der kleine Osterhase
In der Osterhasenschule
Der Regenwurm
Das Märchen von der kleinen Kastanie
Der letzte Ferientag
St. Martin (aus der Sicht des Bettlers)
St. Martin – (die Geschichte aus der Sicht seines Pferdes)
Die kleine Weihnachtselfe und der vergessene Sternenstaub
Impressum
Die Traumfee
Knubbel, das kleine Baby lag in seinem Bett und war sehr unzufrieden. Gerade hatten es seine Eltern hingelegt und nach einer Gute-Nacht-Geschichte einfach die Tür hinter sich geschlossen und Knubbel alleine gelassen!
Das konnte und wollte das Baby nicht verstehen! Schließlich war es noch gar nicht müde! Energisch rieb es sich den Sand aus den Augen, den das Sandmännchen schon hineingestreut hatte. „Nein! Nein!“, schrie es. Aber weil das Baby noch nicht sprechen konnte, kam nur ein jämmerliches „Bäh, bäh!“, heraus. Es hörte sich eher wie das Meckern einer Ziege an. Trotzdem strampelte Knubbel zornig und schrie immer heftiger: „Nein! Nein!“
Schlafen wollte das Baby auf gar keinen Fall!
Plötzlich stand die Traumfee vor ihm. Sie sah wunderschön aus in ihrem blauen Glitzerkleid und dem langen blonden Haar. Ein klein bisschen wie die Barbie-Puppe seiner großen Schwester. Einen Augenblick lang war der kleine Bub so erstaunt, dass er mit dem Schreien aufhörte.
„Was willst du denn, wenn du nicht schlafen willst?“, fragte die Traumfee.
„Aufbleiben!“, schrie das Baby. „Nicht schlafen!“, beharrte es weiter.
„Gut, gut!“, beruhigte ihn die Traumfee. „Und wenn ich dich mitnehme – ins Reich der Träume, und dir einen ganz besonders schönen Traum schenke?“
Doch Knubbel verzog schon wieder seinen Babymund. Abwehrend strampelte er mit Händen und Füßen. „Ich will deinen blöden Traum nicht! Nein! Nein!“
Die Traumfee erkannte, dass ihr der Sandmann mit diesem Baby einen besonders schweren Fall überlassen hatte. Denn normalerweise kümmerte sich der Sandmann selber um die Kinder. Den meisten streute er einfach ein wenig Sand in die Augen – schon schlummerten sie tief und fest. Nur Knubbel nicht.
Der hatte seine Sandration schon bekommen – und trotzdem dachte er nicht an Schlaf.
Die Traumfee zog das Rollo hoch und meinte: „Schau mal! Der Mond ist schon aufgegangen. Es ist also höchste Zeit zum Schlafen!“
Knubbel besah sich den Mond, der wie eine silberne Sichel am Himmel hing. Doch er zeigte sich wenig beeindruckt.
„Blöder Mond!“, schimpfte er bloß. „Der ist ja noch nicht mal rund!“
„Die Sterne stehen auch schon alle am Himmel.“, lenkte ihn die Traumfee schnell ab.
Knubbel warf einen Blick auf die Sterne. „Die sind alle viel zu klein!“, maulte er.
„Sind sie nicht!“, behauptete die Traumfee. „Soll ich es dir beweisen?“
Zum ersten Mal zeigte sich Knubbel interessiert. „Wie willst du das denn machen?“
„Pass auf und halte dich an mir fest!“
Gleich darauf nahm die Traumfee das kleine Baby und flog mit ihm durch das Weltall, immer höher und höher bis hinauf zu den Sternen.
Beim kleinsten Stern machte sie halt. „Siehst du. Sogar dieser Stern, der von der Erde aus so winzig aussieht, ist hier am Himmel riesengroß.“
Jetzt sagte Knubbel nichts mehr. Die Traumfee lachte. „Jetzt bist du endlich müde!“, freute sie sich.
„Bin ich nicht!“, widersprach Knubbel. „Ich will noch mehr Sterne sehen!“
Die Traumfee seufzte. Doch sie nahm das Baby und flog weiter und immer weiter. Sie zeigte dem Baby einen Stern nach dem anderen. Doch Knubbel war nicht zufrieden. „Zeig mir mehr! “, quängelte er.
Die Reise durch die Nacht und quer durch die Milchstraße dauerte lang und immer länger.
Langsam fühlten sich die Sterne gestört von diesem kleinen Baby-Quälgeist.
„Gehörst du nicht längst ins Bett?“, fragten sie den Kleinen.
„Nein! Nein!“, schrie das Baby zornig.
Doch die Sterne zeigten sich nicht beeindruckt. Sie lachten nur und zogen weiter ihre Bahn.
Das hörte der alte Mond. Er nahm Knubbel auf seine Sichel und ließ ihn wie auf einer Rutsche hinunterrutschen. Da flutschte Knubbel bis hinunter auf die Erde und bis hinein in sein Bett. Und als er unter seiner flauschigen Decke lag, konnte er gar nichts mehr dagegen machen. Es fielen ihm plötzlich die schweren Augen zu und er schlief tief und fest bis zum nächsten Morgen.
Als der Igel seine Stacheln zeigte
Langsam rollte sich „Stacheli“, der Igel auseinander und entfaltete sein spitzes Stachelkleid. Gähnend und noch ziemlich müde spähte der kleine Igel vorsichtig aus seiner Höhle. Seine kurzen Beinchen zitterten. Erst allmählich gewöhnte er sich daran, wieder wach zu sein. Hatte er doch bis heute einen ausgiebigen Winterschlaf gehalten.
Stacheli blinzelte der Sonne entgegen. Er beschloss, erst mal einen kurzen Spaziergang zu machen. Eigentlich mochte er das nicht. Die Sonne blendete ihn und deshalb war er normalerweise zu Zeiten unterwegs, wenn der große helle Ball am Himmel unterging. Doch jetzt nach dem langen und kalten Winter freute er sich, einfach losmarschieren zu können.
Schon nach wenigen Metern traf er auf Mohrle, einer eingebildeten Hauskatze. Sie jagte gerade eine Maus und sprang direkt vor Stacheli der Maus hinterher. Beinahe wäre der kleine Igel der Katze in die Sprungbahn geraten. Haarscharf schoss sie an ihm vorbei. Doch aus den Augenwinkeln hatte die Katze den Igel gesehen. Als sie ihre Beute nicht erwischte, beschloss sie, Jagd auf den Igel zu machen.
Im letzten Sommer hatte sie ihn schon mal auf dem Speiseplan gehabt, doch aus irgendeinem Grund war Stacheli plötzlich verschwunden und Mohrle wusste nicht warum. Für die Katze war das ein Grund mehr, sich den Igel vorzunehmen.
Stacheli merkte den Sinneswandel der Katze und dass ihr Jagdinstinkt nicht mehr der Maus galt, sondern ihm. Er erinnerte sich mit Grausen an die letzte Begegnung mit dieser Katze. Wenn ihn sein Freund der Maulwurf nicht ganz schnell in seine Höhle gezogen hätte, wäre er Beute dieser frechen Katze geworden. Aber er wusste auch, dass er nicht mehr der kleine Igel vom letzten Jahr war, dass er gewachsen und viel größer geworden war.
Einen kleinen Igel konnten Katzen vielleicht fressen, aber ihn nicht. Ihn auf gar keinen Fall! Stacheli sprach sich selber Mut zu. „Ich bin Stacheli! Mich frisst keiner!“, brummte er siegesgewiss. Dabei rollte er sich blitzschnell zu einer großen Stachelkugel zusammen. Im selben Moment sauste Mohrel auf ihn zu und wollte ihn packen. Doch sie sprang in unzählige spitze, scharfe Nadeln und schlitze sich Pfoten und Maul dabei auf. Empört jaulte sie auf. Entsetzt sah sie das Blut, das ihr über die Pfoten lief. Vorsichtig schaute sie sich um, denn es wäre ihr sehr peinlich gewesen, wenn irgendjemand ihre Niederlage beobachtet hätte. Sie, die siegesgewisse Mohrle, wurde von einem dahergelaufenen Igel so sehr gedemütigt! Sie fasste es nicht! Sie leckte ihre Wunden und hinkte leise jammernd vom Platz ihrer Niederlage.
Stacheli fiel ein Stein vom Herzen. Er schaute an sich herunter, streckte seine Stacheln und strahlte vor Stolz: „Ich bin wirklich groß geworden! Sogar mit der dämlichen Katze werde ich jetzt fertig!“, freute er sich und machte sich auf den Weg in einen wunderschönen Sommer.
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