Hubert Wiest - Monstärker und der Kristall des Zweifels

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Nur ein kleiner Rechenfehler und die zehnjährige Loona landet im Land des Dinge-Erfindens. Ausgerechnet Monstärker soll Loona vor einer wild gewordenen Stachelbeere retten. Er mag keine Menschen, denn die sind noch schlimmer als Präsident Göhrkin. Monstärker kann Loona gar nicht schnell genug wieder loswerden. Doch Loona ist vom Dinge-Erfinden begeistert und lässt sich nicht so schnell abwimmeln. +++ Als Präsident Göhrkin zum Schutz der Bevölkerung Dinge-Erfinden verbieten lässt, wollen Monstärker und seine Freunde mit erfundenen Waffen gegen diese Entscheidung kämpfen. Loona versucht Hitzkopf Monstärker davon abzuhalten. Kann sie ihn mit Worten überzeugen? Und dann ist da noch die Sache mit dem Rechnen … +++ Ein fantastisches Abenteuer, bei dem sich alles um die Frage dreht: Gibt es irgendwann keine Ideen mehr? +++ Für Leserinnen und Leser ab 8 Jahren und alle großen Fantasten!
lomoco.de +++ «Ein absolut fantastisches Buch für Kinder und Erwachsene», Anna K. +++ «Ich will auch Dinge erfinden», Paul T. +++ «Meine Kinder lieben Monstärker und Loona. Spannend, fantasievoll, tiefgründig – ein echter Geheimtipp», Yvonne S. +++ «Sind irgendwann alle Ideen gedacht? Dieser Frage jagen Loona und Monstärker in einem atemberaubenden Abenteuer nach», Alex

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Hubert Wiest

Monstärker und der Kristall des Zweifels

Für Nina, Janek, Ben und Lola

KAPITEL EINS

Dieser bescheuerte Mathetest Ich hatte wirklich besseres zu tun als meine - фото 1

Dieser bescheuerte Mathetest. Ich hatte wirklich besseres zu tun, als meine Zeit mit Mathe zu verplempern. Eigentlich wollte ich mit Tim Hockey spielen, aber Mama hatte gesagt: „Heute Nachmittag lernst du für die Matheprüfung. Das verstehst du doch, meine Loona.“

Immer wenn Mama sagte „Das verstehst du doch, meine Loona“, ging es Mama überhaupt nicht darum, dass ich es verstand. Ich musste es einfach tun. Das war total ungerecht!

Ich saß also vor meinem Mathebuch und sollte 25 - 7 rechnen. Das brauchte wirklich niemand. Wofür gab es heutzutage Taschenrechner und Handys? Ich stellte mir 25 Stachelbeeren vor. Sie waren fast so groß wie ich – richtige Monsterbeeren. Fauchend stakste ein Drache auf die Beeren zu. Seine hellgrünen Schuppen glänzten giftig. Er hatte das Maul weit aufgerissen und schnappte nach der ersten Stachelbeere. Wie Blut lief der Beerensaft aus seinem Maul. Und dann verschlang er die nächste und die übernächste. Fast alle fraß er auf. Als er nach der siebten Stachelbeere schnappte, fuhr diese armlange Stacheln aus und rollte angriffslustig auf den Drachen zu, tänzelnd wie ein Boxer. Der Drache tappte nach links und rechts. Er war viel zu schwerfällig. Als die Beere den Drachen in den Hintern stach, jaulte er auf.

Ich zählte die übrig gebliebenen Stachelbeeren. Neunzehn. Mit meiner Krakelschrift schrieb ich ins Matheheft 25 - 7 = 19.

Und plötzlich war da dieser lila Nebel. Es sah aus, als käme er aus dem Boden neben dem Kuscheltierregal. Nach Vanille und Himbeermarmelade duftete er. Ich liebte Himbeermarmelade und Vanille! Neugierig ging ich auf den Nebel zu. Dann stand ich mittendrin. Er umhüllte mich wie duftende Watte. Aber nur für ein paar Sekunden. Schon war er wieder verschwunden.

Ich blickte hoch. Nein, das konnte nicht sein! Das war völlig unmöglich: Anstatt vor meinem Bücherregal stand ich auf einer Lichtung mitten in einem Dschungel. Zwischen zwei Bäumen sah ich grüngelbe Drachenschuppen glitzern. Schwefelgestank wehte zu mir herüber.

Ich kniff mir ins Ohrläppchen. „Hey, aufwachen Loona“, murmelte ich zu mir selbst. Schließlich war ich schon zehn und ging fast in die Fünfte. Ich glaubte nicht mehr an Drachen und so.

Da schoss eine riesige Stachelbeere zischend auf mich zu. Ihre dolchspitzen Stacheln funkelten im Sonnenlicht. Sie würden mich gleich durchbohren. Panisch sprang ich zur Seite und rannte in den Dschungel. Große ledrige Blätter schlugen mir ins Gesicht. Irgendwelche Affen veranstalteten ein heilloses Spektakel. Schon nach ein paar Schritten hatte ich totales Seitenstechen. Meine Lunge brannte. Aber die Angst trieb mich weiter. Die Stachelbeere walzte alles hinter mir platt. Sie würde mich gleich einholen!

Ich griff nach dem nächstbesten Ast über mir, zog mich hoch. Im Sportunterricht hatte das nie so gut geklappt, aber irgendwie schaffte ich es jetzt. Ich kletterte immer weiter hinauf, bis ich ganz oben auf einem Ast hockte, der gerade dick genug war, mich zu tragen. Mit einem Arm hielt ich den Stamm umschlungen, als wäre er mein bester Freund, und das war er im Augenblick wahrscheinlich auch. Ich versuchte, langsamer zu atmen, tief ein und tief aus, tief ein und tief aus. Das war doch alles nicht echt. Ich zwickte mir abwechselnd in beide Ohrläppchen. Aber ich blieb in diesem komischen Dschungel auf dem wackeligen Ast.

Unter mir hörte ich ein Zischen. Es war so fies, dass es selbst das Geschrei der Affen übertönte. Ängstlich blickte ich hinunter. Mein Puls raste. Dort unten wartete sie auf mich. Ungeduldig rollte die Stachelbeere um meinen Baum. Immer wieder stieß sie ein Zischen aus, als wollte sie sagen: „Irgendwann musst du herunterkommen. Ich kann warten. Ich habe Zeit.“

„Was willst du von mir? Hau ab!“, brüllte ich sie an.

Die Stachelbeere nahm Anlauf. Und dann gab sie Vollgas, raste auf meinen Baum zu. Warum hatte ich mir ausgerechnet so einen dünnen ausgesucht? Aber jetzt war es zu spät. Wie ein Feuerball schoss die Stachelbeere auf meinen Baum zu. Panisch umklammerte ich den Stamm.

Es krachte, als wäre ein Lastwagen gegen den Baum gedonnert. Holz splitterte. Ich konnte mich kaum halten, wurde hin und her gerissen. Ich machte die Augen einfach zu und wartete darauf, in die Tiefe zu fallen. Aber irgendwie hielt der Stamm – diesmal zumindest.

Die Stachelbeere hatte schon wieder Anlauf genommen. Ein Keuchen und Pfeifen mischte sich unter ihr Fauchen. Ein paar ihrer Stacheln waren gebrochen, aber Dutzende waren noch bereit, mich aufzuspießen. An einer Stelle hatte sich die Monsterbeere matschig gestoßen. Roter Saft quoll heraus. Mit einem Schnauben holte sie erneut aus, um meinen Baum zu fällen. Die Affen waren verstummt. Es war plötzlich totenstill.

„Hiiilfe!“, schrie ich. Noch ein Prusten, noch ein Zischen. Es war, als würde die Beere mit den Hufen scharren. Ich krallte meine Hände in die Rinde des Stammes. Das würde mir auch nichts helfen, wenn der Baum erst einmal fiel. Die Monsterbeere holte noch weiter aus.

Und dann rollte sie los, auf mich zu. Sie beschleunigte wie eine Rakete. Ich wollte nicht hinsehen. Aber in diesem Moment, ehe ich meine Lider gesenkt hatte, sah ich einen Typen vor die Stachelbeere springen. Todesmutig stellte er sich ihr in den Weg. Was sollte das bringen? Wie wollte er das Ding aufhalten? Als hätte er alle Zeit der Welt, hob er seine Hände, hielt die Finger so komisch und murmelte zornige Silben. Im nächsten Augenblick würde die Stachelbeere ihn überrollen. Da schrie er: „Aber hopp!“

Ein gigantisches Marmeladenglas stand auf einmal vor ihm. Die Stachelbeere schwebte über dem Glas. Sie war fast auf meiner Höhe. Mit den Füßen konnte ich beinahe die Stacheln berühren.

Da platzte die Stachelbeere und floss in das Glas. Ein süßer Geruch breitete sich aus. Es duftete wie bei Oma im Sommer in der Küche. Und dann sah ich das Schild auf dem Glas. In gleichmäßig geschwungenen Buchstaben, solche wie ich sie nicht malen konnte, stand darauf: Stachelbeermarmelade. Und kleiner darunter, mit einem Ausrufezeichen dahinter: Achtung stachelig!

Ich konnte es nicht fassen. Der Typ hatte mich gerettet.

„Kannst runterkommen“, rief er und fuhr über seine zotteligen Haare.

Ich nickte. Meine Kehle fühlte sich so trocken an, als hätte ich einen halben Eimer Sand verschluckt. Vorsichtig kletterte ich herab. Meine Arme waren verkrampft. Ich konnte sie kaum bewegen. Und meine Beine zitterten.

Der Typ war genauso groß wie ich. Nur seine postgelben Fransenhaare, die in alle Richtungen abstanden, überragten mich. Er trug silbern glitzernde Turnschuhe mit winzigen Flügeln außen dran. Bei jedem Schritt flatterten sie. Er hatte eine gestreifte Pluderhose an und ein T-Shirt, das mit sonderbaren Zeichen vollgekritzelt war. Er grinste mich aus seinen grünen Augen ärgerlich an. Seine Haut war so braun, dass die milchweißen Zähne wie eine Lichterkette funkelten.

„War ganz schön knapp“, brummte er.

„Danke.“ Ich versuchte, die Trockenheit in meinem Hals herunterzuschlucken.

„Monstärker“, sagte der Typ. Jetzt grinste er unverschämt.

„Wer ist stärker?“ Meine Frage schien ihn für einen Augenblick aus der Fassung zu bringen. Er kratzte sich am Hinterkopf, dann erklärte er: „Monstärker, ich heiße Monstärker.“ Er streckte mir seine Hand entgegen. Unsicher schüttelte ich sie und sagte: „Ich bin Loona.“

Ich war es gewohnt, dass mich die Leute anglotzten, wenn ich meinen Namen sagte. Aber wer Monstärker hieß, sollte das besser nicht tun. Dabei hatte ich ihm noch nicht einmal gesagt, dass man meinen Namen mit zwei O schrieb, aber Luna aussprach. Ich liebte meine Eltern wirklich, aber wegen des Namens war ich immer noch sauer auf sie. Meine Freundinnen hießen doch auch einfach Emma, Mia und Hannah.

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