Als Jesus die Apostel traurig und mutlos erblickte, suchte er sie zu trösten. – Haben wir bei unseren Gesprächen die Meinung, sie auf Jesus hinzulenken? Sind wir darauf bedacht, sie im Willen Gottes zu führen, um auch andern den Geist Jesu Christi einzuflößen? – Jesus begibt sich zum Cönakulum. So müssen auch wir unsere Gedanken, unsere Neigungen, unsere Akte im Herzen Jesu (wie in einem Cönakulum) verschließen, wenn wir tätig sind. Auf diese Weise werden unsere Handlungen göttliches Gepräge annehmen. Da es jedoch schwierig, ja unmöglich ist, den Geist beständig auf Gott zu lenken und ununterbrochen unsere Handlungen in Jesus hineinzulegen, soll man das Schwierige und Unmögliche durch die gute Meinung des Willens ersetzen. Die Seele wird dann Jesus so wohlgefällig, dass er sich gewissermaßen zur Schildwache eines jeden ihrer Gedanken, ihrer Worte, aller ihrer Regungen und Bewegungen macht, sie wie eine Ehrengarde ausstellt und sie mit großer Liebe als Frucht des guten Willens eines Geschöpfes betrachtet.
Wenn die Seele sich in Jesus ergießt und ihre Akte mit den seinigen vereinigt, dann fühlt er sich so innig zu ihr hingezogen, dass er mit ihr das tut, was sie tut, und das Wirken des Geschöpfes gleichsam in göttliches Wirken verwandelt. All das ist die Wirkung der Güte Gottes, der allem Rechnung trägt und alles belohnt, auch den geringfügigsten Akt, wenn er im Willen Gottes geschieht. So wird verhütet, dass auch nur ein einziger menschlicher Akt für die Ewigkeit verloren geht.
Jesus, mein Leben und mein Alles! Mögen deine Schritte die meinigen leiten! Während meine Füße auf der Erde dahin schreiten, mache, dass meine Gedanken im Himmel sind.
Gebet der Danksagung
3. Stunde von 19 bis 20 Uhr
DAS GESETZLICHE ABENDMAHL
Jesus, schon kommst du im Abendmahlsaal mit deinen geliebten Jüngern an und setzt dich mit ihnen zu Tisch. Welche Anmut, welche Liebenswürdigkeit bekundet nicht deine ganze Person, da du dich anschickst, zum letzten Mal irdische Speise zu genießen! Alles an dir ist Liebe. Damit sühnst du nicht allein die Sünden der Gaumenlust, sondern bittest auch um die Segnung der Speise. Jesus, mein Leben! Dein sanfter Blick scheint die Herzen deiner Jünger zu erforschen. Auch in diesem Augenblick, wo du Speise nimmst, wird dein Herz betrübt bei dem Gedanken, dass deine dir so teuren Apostel noch schwach und haltlos sind. Du denkst besonders an den treulosen Judas, der schon mit einem Fuße in der Hölle steht, und sprichst in der Tiefe deines Herzens mit Wehmut:
„Was nützt mein Blut, das ich vergieße? Siehe da eine Seele, die, von mir mit so vielen Wohltaten bereichert, dennoch verloren geht!“ Mit deinen Augen, die Licht und Liebe ausstrahlen, schaust du ihn an, als wollest du ihm das große Übel zu verstehen geben, das er sich zufügen will. Aber deine maßlose Liebe lässt dich diesen Schmerz ertragen. Du gibst ihn nicht einmal deinen Jüngern kund. Während du betrübt bist über Judas, erfüllt sich dein Herz mit Freude, da du zur Linken deinen Lieblingsjünger Johannes erblickst. Da du deine Liebe nicht länger zurückhalten kannst, ziehst du ihn sanft an dich und lässt sein Haupt an deinem Herzen ruhen, um ihm einen Vorgeschmack der Paradiesesfreuden kosten zu lassen.
In den beiden Jüngern sind die Verworfenen und Auserwählten dargestellt: die Verworfenen in Judas, der schon die Hölle in seinem Herzen fühlt, die Auserwählten in Johannes, der an deiner Brust glückselig ruht. Mein süßes Gut! Auch ich nähere mich dir, und mit deinem Lieblingsjünger möchte ich mein müdes Haupt an dein anbetungswürdiges Herz schmiegen und dich bitten: Laß auch mich auf dieser Erde die Freuden des Himmels kosten, dass die Erde für mich nicht mehr Erde, sondern Himmel sei und ich hingerissen werde von den süßen Harmonien, die in deinem Herzen erklingen. Aber in dem Wohllaut dieser göttlichen Harmonien nehme ich wahr, dass mancher Herzschlag von Schmerz begleitet ist. Er gilt den verlorenen Seelen. O Jesus, gestatte doch nicht, dass noch Seelen zugrunde gehen. Mache, dass dein Herzschlag in den ihrigen übergehe und sie die Schläge eines himmlischen Lebens fühlen, wie es auch bei deinem geliebten Jünger Johannes der Fall war. Angezogen von der Süßigkeit und dem Wohlgeschmack deiner Liebe, mögen sie alle sich dir ergeben.
Mein Jesus! Während ich an deinem Herzen ruhe, gib auch mir die Speise, die du den Aposteln gegeben: die Speise der Liebe, die Speise deines göttlichen Wortes, die Speise deines göttlichen Willens. O verweigere sie mir nicht, die du selbst so sehnlich geben möchtest, damit in mir sich dein Leben bilde.
Mein höchstes Gut! So nahe bei dir, sehe ich, dass die Speise, die du im Verein mit deinen lieben Jüngern genießt, ein Lamm ist. Dieses Lamm ist ein Sinnbild. Wie in ihm durch die Gewalt des Feuers kein Lebenssaft mehr vorhanden ist, so musst auch du, das mystische Lamm Gottes, durch die Gewalt der Liebe verzehrt werden. Nicht ein Tropfen deines Blutes wird für dich übrigbleiben, da du es ja aus Liebe zu uns vergießt.
So tust du nichts, mein Jesus, was nicht lebendig dein schmerzvolles Leiden vor Augen stellt, das du beständig in deinem Geiste, in deinem Herzen und in allem gegenwärtig hast. Daraus ziehe ich die Lehre, dass du mir niemals die Speise deiner Liebe versagen wirst, wenn ich das Gedächtnis deines Leidens meinem Geiste und meinem Herzen gegenwärtig halte. Wie danke ich dir, o Jesus! Kein Akt geht aus dir hervor, der mich dir nicht gegenwärtig hätte und nicht bestrebt wäre, mir eine besondere Gunst zu erweisen. Deswegen bitte ich dich, dass dein Leiden stets in meinem Geiste, in meinem Herzen, in meinen Blicken, in meinen Schritten, in meinen Schmerzen sei, damit ich dich immer mir gegenwärtig finde, wo ich mich auch rege und bewege, innerlich oder äußerlich. Erweise mir aber auch die Gnade, dass ich nie vergesse, was du für mich getan und gelitten hast. Diese Gnade sei mir die Magnetnadel, welche mein ganzes Wesen anzieht, in dich hineinzieht und mich niemals mehr von dir entfernen lässt.
Erwägungen und praktische Übungen
hl. Hannibal di Francia
Bevor wir Speise nehmen, vereinigen wir unsere gute Meinung mit jener, die unser liebenswürdigster Jesus hatte. Speisen wir im Geiste mit ihm. So nehmen wir nicht allein das Leben Jesu in uns auf, wir vereinigen uns auch mit ihm, um dem Vater die Verherrlichung, das Lob, die Liebe, den Dank, jene vollständige Genugtuung darzubieten, die ihm vonseiten der Geschöpfe gebührt und die ihm auch von Jesus geleistet wurde in dem Augenblick, als er vom Osterlamme aß.
Stellen wir uns ferner vor, wir säßen Christus nahe bei Tisch. Bald werfen wir ihm einen Blick zu, bald bitten wir ihn, einen Bissen mit uns zu teilen, oder wir küssen den Saum seines Mantels, achten auf die Bewegung seiner Lippen oder auf den himmlischen Ausdruck seiner Augen und sehen dabei, wie sich plötzlich sein liebenswürdiges Antlitz bewölkt, da er so viel Undankbarkeit seitens der Menschen voraussieht.
Wie Jesus während des Abendmahles von seiner Passion spricht, so sollen auch wir während des Essens darüber nachdenken, wie wir die Leidensstunden gehalten haben. Die Engel hängen an unseren Lippen, unsere Gebete, unsere Sühneakte zu sammeln und sie vor den Thron des himmlischen Vaters zu bringen, um einigermaßen seinen gerechten Zorn zu besänftigen über so viele Beleidigungen, die er von den Menschen erfährt. So taten es die Engel auch damals, als Jesus auf Erden war. Und wenn wir beten, könnten wir sagen, dass die Engel damit zufrieden sind? Dass wir mit Sammlung und Ehrfurcht beten, so dass die Engel unsere Gebete mit Freuden in den Himmel tragen wie die Gebete Jesu? Oder müssten sie darüber betrübt sein?
Während Jesus zu Tische saß, ward seine Seele von Schmerz durchdrungen beim Anblick des Judas. In Judas sah er viele Seelen, die verloren gehen werden. Da der Verlust der Seelen der größte seiner Schmerzen war, zog er Johannes an sich heran, um einen Trost zu haben. – So sollen auch wir, wie Johannes, Jesus immer nahe sein, Mitleid mit seinen Schmerzen haben, ihn aufrichten und ihn im Geiste an unserem Herzen ruhen lassen. Machen wir sein Leid zu dem unsrigen, dann werden wir eins mit ihm und nehmen die Schläge seines Herzens wahr, das über den Untergang so vieler Seelen betrübt ist. Lassen wir unser Herz für ihn schlagen, um die Wunden des seinigen zu heilen. Oder legen wir vielmehr in sie jene Seelen hinein, die in Gefahr schweben, verloren zu gehen, damit sie sich bekehren und gerettet werden.
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