Veronique Larsen
Maxillia
Finstere Visionen
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel Veronique Larsen Maxillia Finstere Visionen Dieses ebook wurde erstellt bei
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
Impressum neobooks
„Ich glaubte Schicksal wäre ein anderes Wort für Zufall, welches die formenden Einschnitte des Lebens beschreibt. Doch das, was geschehen ist, lässt mich zweifeln und alles, was ich glaubte zu wissen, in Frage stellen. Denn wenn das Leben nur eine Aneinanderkettung von Zufällen wäre, die am Ende eine Geschichte formen, so würden sich Schicksale doch nicht so sehr mit denen anderer verweben und mit ihren Fäden Zukunft, Gegenwart und Vergangenheit verbinden. Ist das Leben vielleicht doch ein vorbestimmter Ablauf, den man nur wenig beeinflussen kann? Steht die eigene Geschichte, schon bevor man sie durchlebt hat, irgendwo auf dem Blatt eines Mächtigen geschrieben? Kann es sein, dass jemand in der Vergangenheit schon wissen konnte, was der Schleier der Zukunft vor einem verbirgt?“
Maxillia von Rebien
Finstere Visionen
Helle Strahlen fielen bündelweise durch das dichte Laub der Bäume, als Maxillia den schmalen Weg durch den Wald ging, den sie an jedem Tag entlangeilte. Schließlich hatte sie nicht viel Zeit, um dem tristen Alltag in der Burg zu entfliehen und aus der Rolle der Prinzessin heraus zu kommen. Sie hatte lediglich drei Stunden am Tag, die ihr zwischen den langweiligen Unterrichten und dem Training, bei dem sie sich regelmäßig blamierte, blieben. In dieser Zeit traf sie sich heimlich mit ihrer besten und einzigen Freundin an einem Ort, an dem sie sein konnte, wie sie war und nicht so, wie sie sein musste. Es gab strenge Regeln in der Burg, die ihr vieles verboten und sie in ein Verhalten zwängten, das wirklich nicht ihrem Naturell entsprach. Wenn sie dagegen verstieß, drohten ihr strenge Strafen, die durch Gesetze und Erlasse geregelt waren. Selbst ihrer Mutter, der Königin der Großelfen und des Bündnisses zwischen den Elfenvölkern und den Zwergen, gefielen die meisten dieser Regeln nicht, an die sich die Königsfamilie eigentlich halten musste. Jedoch waren sie beinahe wie eine Pflicht, aufgelegt von den am Bündnis beteiligten Königreiche, damit dieses Bündnis überhaupt bestehen konnte. Eine dieser Regeln war auch, dass die Königsfamilie die Burg nicht ohne Begleitung von Wachen und Dienern verlassen durfte, da sie möglicherweise von irgendwem angegriffen werden könnten und so Schutz benötigen. Allerdings berücksichtigten diese Regeln nicht, dass es eventuell schwierig wäre, als einziges Kind des Palastes, Freunde zu finden und nicht an Einsamkeit zu verzweifeln. Daher schlich Maxillia sich heimlich jeden Tag aus der Burg über einen Weg, den sie vor einigen Jahren entdeckt hatte, als sie noch mehr Freizeit hatte und sie ihre Nachmittage nicht mit dem Training ihrer Zauberkünste vergeuden musste. Damals entdeckte sie einen wunderschönen Ort, von dem niemand etwas zu wissen schien, abgesehen von der einen Nymphe, der sie an einem dieser Tage begegnet war. Sie freundeten sich an und trafen sich seither so oft es ging und so oft sie aus ihren täglichen Abläufen entfliehen konnten. Denn auch der gleichaltrigen Nymphe Seraphina gefiel ihr Leben nicht so richtig, das sie in den Sümpfen mit ihrem Volk führte. Dieses schottete sich nämlich komplett von der Außenwelt ab und hegte so gut wie zu keinem anderen Volk Kontakt. Wenn sie auch in den Ländereien der Großelfen lebten, waren sie doch ein eigenständiges Volk, das nicht der Befehlshabe Maxillias Mutter, Königin Isabella, unterstand. Dazu verließen sie das Gebiet der Sümpfe nur äußerst selten, so dass ihre Existenz mittlerweile beinahe zur Legende geworden war. So war Maxillia wohl eine der Wenigen, die mit einer von ihnen in Verbindung stand. Sie trafen sich immer an dem einen besonderen Ort, zu dem der schmale versteckte Weg führte, auf dem Maxillia gerade entlangeilte. Der Weg führte nur ein kurzes Stück in den Wald hinein, da man schon bald die Sümpfe erreichte, die ein kaum wegsames Gelände bildeten und der Tod an jeder Ecke lauerte, wenn man sich dort nicht richtig gut auskannte. Für die Nymphen war es kaum ein Problem sich dort zurecht zu finden und den tückischen Stellen auszuweichen. Doch den Elfen würden sie nur den Tod bringen. Maxillia hatte schon oft gehört, dass Elfen in die Sümpfe gegangen waren, um herauszufinden wie die Nymphen lebten und nie zurückgekehrt waren. Aber Maxillia hatte ja nicht vor in die Sümpfe zu gehen, sondern an ihren angestammten Platz, der für sie in gewisser Weise ein kleines bisschen Freiheit bedeutete. Endlich hatte sie auch dieses Mal die kleine Lichtung erreicht, die sie vor langer Zeit entdeckt hatte. Sie lag in einem dicht bewachsenen Teil des Waldes und war von keiner Seite her richtig einzusehen. Selbst von dem Weg aus sah man sie nicht, bis man sich zwischen den Zweigen zweier Bäume hindurch quetschte, die den Eindruck erweckten, dass es hinter ihnen gar nicht weiter ging. Doch hinter diesen Ästen lag die Lichtung, dessen Großteil ein Tümpel einnahm. Der Rest der Lichtung war bewachsen mit hohen Gräsern und Moosflechten, die sich sogar an die Rinde der Bäume und an die karge Oberfläche der Steine krallten. Ein leicht modriger Geruch lag in der Luft, der für solch dichte Wälder typisch war und den Maxillia jedes Mal erneut genoss. Es zauberte ihr ein Lächeln auf die Lippen, wenn sie die klare Waldluft in ihre Lungen sog und wusste, dass hier niemand sie als Prinzessin bezeichnen und wie ein rohes Ei behandeln würde. Denn hier war sie Max. Die jugendliche Rothaarige, die gerne lachte und alles ihrer Freundin anvertraute, wie es auch alle anderen normalen Mädchen in ihrem Alter taten. Normal sein. Das war es was sie wollte. Das war es, nach dem sie sich so sehr sehnte. Doch dies war ihr seit ihrer Geburt verwehrt, da sie ja ausgerechnet als eine Prinzessin und dazu noch als Thronerbin auf die Welt kommen musste. Manchmal wäre sie sogar lieber als Tochter einer Bauernfamilie geboren worden, mit vielen Geschwistern und allen Problemen und allen Sorgen, die sich aus der Situation der Ärmlichkeit ergaben. Manchmal überlegte sie einfach zu verschwinden, zu fliehen und irgendwo ein neues Leben anzufangen. Jedoch hielt sie die Liebe zu ihren Eltern auf, die die Einzigen im Schloss waren, die sie einigermaßen normal behandelten. Eigentlich konnte sie sich kaum bessere Eltern vorstellen, da sie stets für sie da waren und unheimlich liebevoll mit ihr umgingen, auch wenn Maxillias Vater Don manchmal ein ziemlicher Sturkopf war. Allerdings änderte dies nichts an der Tatsache, dass Dinge von Maxillia erwartet wurden, für die sie sich nicht bereit und fähig genug fühlte. Seufzend blinzelte sie der Sonne entgegen und schob die vielen Gedanken beiseite, die in ihrem Kopf herumgeisterten. Schließlich hatte sie nun ihre Pause von dem Prinzessin-sein und wollte dies auch genießen und sich nicht zu sehr den Kopf über die vielen Dinge zerbrechen, die sie als negativ empfand. Lächelnd zupfte sie also einen Grashalm ab und stapfte durch das hohe Gras, zu dem alten knorrigen Baum herüber, dessen Krone tief über dem trüben Wasser des Tümpels hing. Der dicke Stamm bog sich stark und sah aus, als hätte er sich beim Wachsen um seine eigene Achse gedreht. Er musste uralt sein und schon vieles auf der Lichtung erlebt haben. Zumindest ließen dies die vielen Kerben, verwachsenen Ritzungen und Astlöcher vermuten, die den Stamm zierten.
Читать дальше