Konrad Warden - Dode pissen nich mehr

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Horror-Anthologie.
Eine Sammlung ausgefallener Geschichten für alle Fans des Übernatürlichen. Bitterböse, blutig und frech schildert der Autor die Abgründe der menschlichen Psyche, die des Alltags, der Vergangenheit wie der Gegenwart. So düster wie der Anus eines bestimmten Nagers.

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Konrad Warden

Dode pissen nich mehr

Unheimliche Geschichten

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Inhaltsverzeichnis Titel Konrad Warden Dode pissen nich mehr Unheimliche - фото 1

Inhaltsverzeichnis

Titel Konrad Warden Dode pissen nich mehr Unheimliche Geschichten Dieses ebook wurde erstellt bei

Dode pissen nich mehr

Der Fall Kaiser

Sein letzter Kampf

Danach

Zu Spät

Pechvogel

Unheilbar Mensch

Shia

Imaginär

Impressum neobooks

Dode pissen nich mehr

Von Konrad Warden

Langsam torkelte er den schmalen dunklen Weg hinunter.

In einer Hand die Tüte mit seinen Habseligkeiten. In der anderen die Flasche mit dem billigen Schnaps, den er sich vorhin noch vom erbetteltem Geld gekauft hatte. Er blieb kurz stehen, nahm einen tiefen Zug aus der jetzt nur noch halbvollen Flasche und schlurfte dann weiter.

Müde blickte er sich um.

„Scheise, `s das düsder hier“, murmelte er sich in seinen schmutzigen Bart. Der Weg, eigentlich mehr ein Pfad, endete beim hinteren Tor des alten Friedhofs. Dorthin wollte er, und schläfrig blinzelte er in die Dunkelheit.

„`s so düsder wie `m Arsch von `ner ollen Ratte.“ Er lachte meckernd, zog sich die zu große Hose hoch und wankte weiter. Er stank, doch das nahm er nicht mehr wahr. Nur verschwommen sah er die versteckte Pforte und beeilte sich nun doch, in Erwartung eines netten und trockenen Schlafplatzes. Wie immer war diese nicht verschlossen. Wie immer quietschte sie laut beim Öffnen und vorsichtig blickte er sich um.

„Keener da“, lallte er vergnügt und fiel dann fast durch sie hindurch.

„Imma schön wieda su machn“, krähte er weiter und schloss die eiserne Pforte wieder. Er hatte die Flasche dabei so geschüttelt, dass ihm der Schnaps dabei über die Hand lief. Er leckte diesen wie nebenbei ab.

„Niggs verschwenden“, murmelte er und taumelte dann zwischen den alten Grabsteinen durch. Diese ragten wie die alten Finger einer grotesken Hand aus der Erde und nur mit Mühe fand er seinen Weg. Der Mond spendete ihm dabei noch etwas Licht und obwohl der Tag regnerisch und kühl war, hatte es am Abend aufgeklart. Er war fast durchnässt, fror aber nicht. Woher auch, wenn ihn der Alkohol doch so schön von innen wärmte. Glucksend setzte er die Flasche wieder an.

„Komm, mein Schads, suchen wir uns `n nettes Plätzchen.“

Er hatte hier schon viele Nächte verbracht und hielt diesen Platz immer geheim. Schon zu viele Male war er morgens mit brummendem Schädel erwacht, weil ihm des Nachts einer seiner Saufkumpane einen über die Mütze gebraten und beklaut hatte. Nein, nein, dies hier war sein Platz, schon immer gewesen und hier brauchte er keinen dieser alten Pisser zu fürchten. Er rülpste laut und gackerte danach wieder los.

„Des war mal `n Ding.“ Er erinnerte sich vage an etwas. Schreiende Gesichter tauchten in seinen Gedanken auf. Tote, dabei schreiende Gesichter und er meinte, leise Geräusche zu hören. Doch so schnell wie die Erinnerung kam, verging sie auch wieder und er schüttelte verwirrt den Kopf.

„Alde Geisder“, brummte er und stieß sich dabei die magere Hüfte an einem Grabstein.

„Du olles Scheisding“, fluchte er nun und rieb sich die schmerzende Stelle. Mit vom Alkohol wässrigen Blick suchte er die Dunkelheit ab, bis er das große Mausoleum entdeckte. Halb verfallen und trübe im Mondlicht schimmernd, erhob es sich wie ein schlafender Dinosaurier. Glücklich wankte er darauf zu.

Dies hier war ein Ort den er schon seit Kindertagen kannte, und auch in seiner Jugend hatte er hier viel Zeit verbracht. Womit, das wusste er nicht mehr, dass lag im Dunst seines über Jahre dauernden Säuferlebens verborgen. Aber sein Gefühl zu diesem Ort war gut, also musste sein früheres Erleben hier auch gut gewesen sein.

Das kleine zierliche Tor, welches das Mausoleum eigentlich verschlossen halten sollte, hing nur noch leise schaukelnd in den Angeln. Auch die rotweißen Bänder, die Unbefugte von einem betreten abhalten sollten, flatterten schon lange abgerissen im Wind. Wankend trat er ein. Durch das halbverfallene Dach leuchtete hell der Mond und den abgesackten Boden bedeckte nur eine Schicht trockenen Laubes. Hinten in einer Ecke war sein Platz und selbst wenn es jetzt noch regnen sollte, blieb es dort doch schön trocken. Er schlurfte eilig hin und das Laub raschelte zu seinen Füßen. Grunzend setzte er sich.

„Salud“, prostete er den Wänden zu, in denen die Fächer mit den Überresten der längst Verstorbenen lagen. Er hatte keine Angst vor Toten, woher auch, diese konnten ihm doch nix mehr tun. Wenn er da aber an die anderen Jammerlappen dachte?

„Was für Deppn, habn Schiss vor `ne paar Dode.“ Er nahm noch einen großen Schluck, stellte die Flasche beiseite und zog dann aus seiner Tüte seine alte, löchrige Decke hervor.

„Dode pissen nich mehr“, und grinsend legte er sich nieder. Die schmuddelige Decke über sich ziehend, blinzelte er müde ins helle Mondlicht.

„Nö, die pissen echt nich mehr“, murmelte er noch und schlief dann langsam ein.

Er merkte nicht den Ruck, der wenig später den Boden unter ihm erschütterte. Sein trunkener Körper lag noch in tiefem Schlaf, als der durchweichte Boden unter ihm plötzlich einbrach und er in die Tiefe rutschte. Erst jetzt schreckte er hoch und seine volle Blase entleerte sich spontan. Nach knapp fünf Metern war die Rutschpartie beendet und unangenehm hart schlug er auf.

„Wass`n des für`n Scheis?“ Fluchte er benommen, und blickte sich übellaunig um. Durch das Loch in der Decke fiel nur noch wenig Mondlicht und Erde rieselte leise hinter ihm herunter. Müde suchend fummelte er in seinem alten Mantel nach seinem Feuerzeug. Schnippend ließ er es aufflammen und blickte sich fragend um. Vom flackernden Schein erhellt sah er müde in eine kleine Kammer. Gemauerte Wände. Viel Staub und Dreck und so dunkel, wie für ihn nur der Anus eines speziellen Nagers sein konnte. Langsam versuchte er aufzustehen, doch gelang ihm dies erst beim dritten Versuch. Torkelnd trat er tiefer hinein. An der hinteren Wand erblickte er im Dämmerlicht viele alte Knochen. Wie hingeworfen lagen hier dunkle Skelette. Die fast schwarzen Gebeine waren völlig durcheinandergeworfen, als wäre dies der makabre Spielplatz eines Kindes. Doch viele der ewig grinsenden Schädel waren abgetrennt. Diese lagen säuberlich aufgeschichtet auf einem Haufen etwas Abseits und blickten mit ihren leeren Augenhöhlen in seine Richtung. Wieder durchzuckte seinen müden Geist eine ferne Erinnerung und er wusste, dass es seine Art war, etwas so aufzuschichten und zu sortieren. Sein Feuerzeug verbrannte ihm die Finger und er ließ es fluchend fallen. Unbehaglich ging er wieder zum Loch zurück.

„Was`n Scheis, wa?!“ Und wieder meinte er, dass sich dunkle Bilder in seinen vom Alkohol berauschten Geist schlichen. Gesichter sah er. Panische, ängstliche Gesichter. Doch wieder verschwanden diese wie Nebel in den Tiefen seines verwirrten Geistes. So, wie er sie einst vergessen hatte, stahlen sie sich nun auch wieder davon.

„Scheis druff“, fluchte er böse, „ich will pennen und Dode pissen nich mehr,“ damit rollte er sich schräg unter dem Loch zusammen und zog wieder seine alte Decke über sich.

Später in der Nacht, als er wieder fest schlief, sich herumwarf und von grauenhaften Dingen träumte, erschütterte noch einmal ein fester Ruck den vom Regen durchfeuchteten Boden. Das Mausoleum senkte sich knirschend und deren alte Mauern gaben nun entgültig ihrer Last nach. Sie begruben polternd den alten Schläfer tief unter sich, wie dieser hier einst seine Greul begraben hatte.

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