Sternenfrau EVE
Edda-Virginia Hiecke
Inhalt
Prolog
Amors Pfeil
New York Hot Dogs
Blitze der Liebe
Die Impfung
Die Verwandlung
Die Harfenstation
Aufbruch ins All
Eves Geburt
Der weiße Drache
Asteroid des Bösen
Der Metamorph
Kaera
Asura und das Tor
Am Ziel?
Im Triangulumnebel
Eve und Eve
Der schwarze Drache
Das lebende Schiff
Gefunden
Mutter Erde
Mission Frieden
Charaktere und Figuren
Die Autorin - Impressum
Prolog
Einsam zieht ein Schiff durch die Tiefen des Alls. Die Besatzung hat eine Mission: die Verbreitung von Leben und Evolution. Längst weiß niemand mehr, wer, wann und warum sie dazu bestimmt hat. Ihre eigene Evolution ist seit Äonen beendet, ihr genetisches Potenzial erschöpft. Sie sind mächtige Wesen und sie kommen von weit her. So weit, dass sie das Wissen verloren haben, welche der vielen, vielen Welten, die sie gesehen haben, einst ihre war. Vielleicht existiert ihre ursprüngliche Heimat gar nicht mehr.
Viele Galaxien haben sie durchquert, durch große Tore, die von einer noch älteren, wie man glaubt, schon lange nicht mehr bestehenden Kultur, in längst vergangenen Zeiten erbaut wurden. So zogen die 'Alten', wie man sie nannte, denn ihren richtigen Namen kannte niemand, ihre Bahnen und säten Leben in vielen verschiedenen Welten. Auf ihrer langen Reise durch die Galaxien prüften sie die Entwicklung der von ihnen gesäten Kulturen, um die Evolution mit Hilfe speziell ausgewählter Lebewesen weiter zu treiben. Die Alten waren so zeitlos wie ihr Auftrag und ihr Schiff sah aus, als könnte es eine Generalüberholung gebrauchen.
Der ursprüngliche Schiffsrumpf, pfeilförmig und schlank, hatte sein Aussehen im Laufe der vielen Jahre verändert. War ein Teil des Schiffes trotz aller Wartung und Instandhaltung unbrauchbar geworden, wurde es in einem der Raumhäfen in den Galaxien von dort ansässigen Technikern ersetzt. Schon im Anflug zeigten sie über holografische Displays die beschädigten Stellen und hinterlegten die passende Anzahl von Goldstreifen, die nötig waren, um die Arbeiten zu bezahlen. War alles erledigt, zogen sie weiter und verschwanden so spurlos, wie sie gekommen waren, immer ihrem Auftrag nach. Da niemand die Alten jemals gesehen hatte, rankten sich viele Legenden um sie. Sie waren Phantome, Schatten und wenn sie geahnt hätten, in wie vielen Geschichten sie als Schrecken 1 für all die kleinen Kinder in den verschiedenen Welten herhalten mussten, wären sie vielleicht amüsiert gewesen. Nun durchquerten sie wieder einmal die Milchstraße und flogen einen kleinen Planeten an, auf dem sie vor neun Millionen Jahren bewusstes Leben gepflanzt hatten.
Seliref war müde. Tagelang war er nun mit Andas um die Wette gelaufen. Sie sollte seine Gefährtin werden und nun musste er Ausdauer und Stärke beweisen. Doch egal wie schnell er lief, egal wie viele Hindernisse er bewältigte, Andas war immer vor ihm. Das frustrierte ihn allmählich. Aufgeben war keine Option, denn Andas war mit Abstand die hübscheste Merisin, die er je gesehen hatte. Er musste sie haben. Schon lange hatte er sie begehrt. Ihre violetten Augen in dem herzförmigem Katzengesicht blitzten vor Intelligenz und ihr Lachen ließ jedes Mal seine spitzen Ohren vor Erregung knicken. Ihr Fell glänzte in schillernden Farben, wenn das Licht d er grünen Sonne sie anstrahlte.
Da war sie, schon wieder weit vor ihm. Wie sie lief und ihm immer wieder herausfordernde Blicke zuwarf! Das spornte ihn an, nicht aufzugeben. Er riss sich zusammen und nahm den Paarungslauf wieder auf. Er kannte einen geheimen Pfad, den er nun benutzte und einige Zeit später bemerkte er Andas tatsächlich hinter sich. Er sah die Überraschung in ihren Augen und gab Gas. Bald, ja bald würde er sein Ziel erreichet haben und sie wäre sein. Innerlich jubelnd sah er sich schon in ihren Armen. Nur noch wenige Kilometer, dann würde er dort sein und sie hinter ihm. Er sah den blauen See unten am Fuß des kleinen bewaldeten Berges, den sie hinab liefen. Dort war Andas Dorf. Schon konnte er ihre Familie am Dorfeingang sehen. Berf, Andas ältester Bruder, grinste über das ganze Gesicht, als er den Vorsprung von Seliref sah und Kandiras, die jüngste Schwester, jubelte ihm zu. Nun spürte er Andas heißen Atem im Nacken und erhöhte erneut sein Tempo. Er mobilisierte die letzten Kraftreserven und schaffte es mit einem Satz, vor Andas im Ziel zu sein. Gewonnen! Außer Atem ließ er sich ins weiche Gras fallen und strahlte Andas an. Sein Fell stand ihm vom Wind zerzaust zu Berge und seine Ohren zuckten vor Erschöpfung. Andas schaute schnaufend mit leichter Empörung auf ihn herab. Auch ihre Ohren zuckten und ihr Fell dampfte.
„Du hast gemogelt!“ zischte sie ihn vorwurfsvoll an. „Ich möchte zu gern wissen, wie du das gemacht hast!“
„Ich habe nicht gemogelt!“, stieß er heftig atmend hervor. „Die Aufgabe war, am schnellsten von meinem Dorf zu deinem zu kommen. Niemand hat einen Weg dafür vorgeschrieben!“
Anerkennung blitzte aus ihren Augen. Da wusste er, dass er gewonnen hatte. Er ging zum Seeufer, legte sich in den Schatten eines riesigen Mokrabaumes und schlief sofort ein. Andas ließ sich neben ihm nieder und schaute ihn lange zufrieden an. Ja, dachte sie, mit diesem Mann könnte ich gut leben. Er ist schlau und wird mir das Leben erleichtern. Dann schlief auch sie ein.
Über ihnen, unsichtbar weit entfernt, schwenken die Alten in eine Umlaufbahn ein und scannen die Welt unter sich. Die beiden friedlich schlafenden Wesen dort am Seeufer scheinen ihnen zur Modifizierung geeignet. Sie sehen gesund und kräftig aus. Die Alten beginnen, die beiden in einen Nebel zu hüllen und, unbemerkt von den anderen Bewohnern, ihre Genetik zu erweitern. Wenn die beiden erwachen, werden sie nie wieder wie vorher sein. Nachdem sie ihre Arbeit beendet haben, verlassen die Alten den Planeten und fliegen weiter. Kurs Erde.
Amors Pfeil
Es gibt viele Ausdrücke, Wörter oder einfache Buchstaben, die so viel mehr ausdrücken, als unser Verstand auf einmal erfassen kann. Familienbande, Liebe, Seelenverwandtschaft, Gesellschaft, Einsamkeit, Lebensgefühl, veränderbares Schicksal, unabwendbares Schicksal. So viele Wörter, die nichts bedeuten oder ein ganzes Universum enthalten. Begriffe, in denen sowohl ungeahnte Grausamkeiten stecken können, als auch größte Glückseligkeiten. Einsamkeit ist etwas, das sich ein Mensch manchmal nicht aussuchen kann. Sie überkommt ihn schleichend, unbemerkt. Bevor man sich versieht, zieht das Leben an einem vorüber und man fragt sich: 'Was ist passiert?' Doch niemand kann diese Frage zur Genüge beantworten. Die Einsamkeit umgibt einen wie ein Schild. Ein Bollwerk gegen die Gesellschaft, an deren Rand man plötzlich unbemerkt zum Stillstand gekommen ist. Wenn man Sarah-Ann Wailey fragen würde, ob sie einsam sei, wäre ihre Antwort bestimmt, dass sie nur alleine sei. Eigentlich schon immer alleine. Sie kannte es nicht anders. Schon als Kind war sie alleine und auf sich selbst gestellt, irgendwie hatte es sich halt so ergeben. Trotzdem war Annie, wie sie meist genannt wurde, eine starke Frau, die man respektierte und die auch Spaß verstand. Meist sah man sie sogar lachend. Tiefe Lachfältchen zierten ein vertrauensvolles Gesicht, große blaue Augen betrachteten ein Gegenüber voller Aufmerksamkeit und ihre Stimme war sanft und voll. Sie war kompetent in ihrer Arbeit und die Kinder an ihrer Schule sahen zu ihr auf und vertrauten ihr. Wenn es jemanden gab, der einem half, Probleme zu lösen, dann Annie. Auf sie war Verlass. Sie war einfach - nett. Sie gehörte zu den Menschen, die sich für andere aufopfern, und sich selbst dabei vergessen.
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