Schon seit Tagen war er in seinem Zweitversteck. Das andere war ja von den Kids überrannt und zerstört wurden. Es bot zwar längst nicht dieselben Möglichkeiten, war aber besser als nichts. Es musste genügen, bis er wieder zu Kräften gekommen war.
Und außerdem hatte er ja auch schon wieder einen Plan. Alles in allem sah es also gar nicht so schlecht aus. Die Barriere funktionierte noch immer; demnach war der Handel mit anderen Völkern und Planeten unterbunden, Yxus hatte immer noch mit den Folgen der Mondverschiebung zu kämpfen - so waren zahlreiche Küstenstädte weiterhin vom Wasser überspült, unzählige Beben ließen die Erde erzittern und Nahrung war noch immer nicht ausreichend vorhanden.
Begeistert klatschte er in die Hände. Es war also nicht alles schlecht.
Er beugte sich ein Stückchen auf seinem Thron nach vorn und starrte mit großen, neugierigen Augen seinen gegenüber an. Dieser zeigte Respekt, aber keine Angst, das imponierte ihm. Er hatte es viel zu oft mit denen zu tun, die sich bei seinem Anblick vor Angst fast in die Hosen machten. Die stotterten, sich verhaspelten und wie Blätter im Wind zitterten.
„Ich hoffe für dich“, begann Yxyndor, mit freundlicher, aber dringlicher Stimme, „das alles zu meiner Zufriedenheit erledigt wurde.“
„Das wurde es, mein Herr, das wurde es“, entgegnete der Gast. „Fortan werdet ihr immer genau im Bilde sein.“
„Ausgezeichnet. Du hast mir einen guten Dienst erwiesen. Ich werde das nicht vergessen. Jetzt kehre zurück! Sollte ich dich erneut brauchen, werde ich dich rufen.“
Damit drehte sich der andere um, eilte aus dem Raum, bestieg den parkenden Shuttle und kehrte in den Herrschaftspalast zurück. Niemand wird jemals erfahren, dass er weg gewesen war, auch nicht, wo er war. Tief in der Nacht hatte er den Palast verlassen und noch vor Tagesanbruch ist er wieder zurück.
Yxyndor sah ihm nach, wie sein Shuttle im dunklen Nachthimmel verschwand. Er lächelte.
Egal ob es sich bei den Kids um die Auserwählten handelte, oder auch nicht. Diesmal war er ihnen mehr als über. Diesmal hatten sie ihm nichts entgegen zu setzen. Das Glück, welches ihnen beim letzten Mal behilflich war, wird ihnen jetzt nichts mehr nützen. Ein weiteres Mal rieb er sich die Hände und sah dabei verträumt in den Himmel zu den Sternen hinauf.
Kapitel 4
Die letzten technischen Checks verliefen ohne Vorkommnisse. Oxos Systeme waren wieder vollständig hergestellt. Alles funktionierte so als hätte es den Crash nicht gegeben.
Jetzt ließen ihn die Kids gar nicht mehr allein. Selbst in der Nacht nicht. Sie schliefen in einem angrenzenden Raum, während Oxo wieder an Drähten und Kabeln hing, die seine ganzen zu verarbeitenden Informationen an einen externen Rechner übermittelten. So wurde überprüft, ob sein Informationsfluss den Standards entsprach, oder ob es an irgendeiner Schnittstelle zu Datenverlust kam.
Dann war auch das überstanden. Oxo funktionierte einwandfrei. Wäre er ein Lebewesen, wäre er kerngesund. So aber war er einsatzfähig. Nach Abschluss dieser Tests wurde er aus der Obhut der Techniker entlassen.
Kapitel 5
„Was liegt an?“, wollte Robin von Oxo wissen, als sie mit dem Shuttle soeben in einen Steilflug gegangen waren. Die Hauptstadt verschwand unter einer dicken Wolkendecke.
„Ich weiß nicht. Was denkt ihr?“
„Die Barriere …?“, kam es von Nicole, doch dann stockte sie, ohne länger darauf einzugehen.
„Was ist mit ihr?“, wollte Oxo wissen und blickte ihr auffordernd in die Augen.
„Sie muss weg! Die Barriere muss weg!“, antwortete Nicole nach einigen Sekunden.
„Und wie? Wir wissen ja noch nicht einmal wie sie aufgebaut ist?“
„Aber Oxo weiß es!“ Und dann verschränkte Nicole die Arme vor der Brust zusammen. Sie blickte auffordernd zu ihm rüber. Auch die anderen sahen eine Sekunde später zu ihm. In ihren Blicken stand dasselbe. Aber auch Neugier.
„Ich …“
Was sollte er darauf entgegnen? Schon vor Runden hatten sie versucht, die Barriere zu durchdringen, sie zu zerstören. Doch bisher waren sie immer gescheitert. Schiffe, die ihr zu nahekamen, wurden abgeschossen. Oder beim Versuch sie zu durchdringen vernichtet. Kurzfristig war es zwar auch schon gelungen sie zu durchdringen, aber der Riss, das Loch in der Barriere schloss sich schnell wieder. Sie war sich selbst reparierend konzipiert. Selbst wenn es ihnen gelingen sollte einen Durchgang zu schaffen, nur wenig später verschloss er sich wieder. Bestenfalls stand er einige Minuten offen. Das war aber keine Dauerlösung. Wenn sie jedoch gleichzeitig …?
Oxo zuckte wie vom Blitz getroffen zusammen. Gleichzeitig? Es musste gleichzeitig passieren. Bisher scheiterte es immer daran, dass sie sich auf einen kleinen Abschnitt konzentriert hatten. Was passierte wohl, wenn sie sich auf die gesamte Barriere einschossen? Zum selben Zeitpunkt?
„Vielleicht haben wir eine Chance. Möglicherweise.“
Hastig lief er an den Shuttlecomputer. Und ließ sich eine dreidimensionale Projektion aufzeigen. Nur Sekunden später erschien inmitten des Frachtraums ein Abbild Yxus, das wie von einem rot strahlenden Ball ummantelt ist. Die Ausmaße wirkten erschreckend. Yxus war total abgekapselt. Nur seine beiden Monde und Yxus selbst inmitten dieser Kugel. Der ganze Rest außerhalb.
„Was denkst du?“, fragte Nicole und ging einen Schritt auf ihn zu.
„Ihr habt mich da auf etwas gebracht. Allein haben wir keine Chance. Aber wenn es uns gelingt unsere Jäger zu aktivieren …“ Er hielt einen Moment inne. „Computer, zeige mir die Energiegeneratoren der Barriere auf! Deren Abstände zueinander und die relative Höhe über Yxus!“
Augenblicke später erschienen dutzende, ja hunderte blaue Punkte in der Projektion. Eine ganze Menge. Auf jeden Fall zu viele für sie sechs! Jetzt zeigte sich auch, dass sie in einem perfekten Kreis von sechshundert Millionen Kilometern Abstand zu Yxus standen. Freilich wusste das Oxo schon, aber er hatte es bildhaft vor Augen haben wollen. Er trat einen Schritt darauf zu, studierte das Bild eingehend. Nickte oder schüttelte abwechselnd den Kopf und war dabei ganz in Gedanken. Die Kids ließen ihn gewähren, sahen ihm aufmerksam dabei zu.
„Computer, mit wie vielen dieser Energiegeneratoren haben wir es genau zu tun?“
„Achtzigtausendneunhundertsiebenundvierzig.“
„Was?“
„Wie viele?“
„Das ist doch wohl ein Scherz, oder?“
„Nein, ganz und gar nicht“, bemerkte Oxo mit ruhiger Stimme, sein Blick visierte die Projektion der Barriere an. „Das könnte wirklich klappen.“
„Wie denn? Wie sollen wir das anstellen? Fast neunzigtausend dieser Generatoren? Und wir sind nur sechs?“
„Oh, das spielt keine Rolle.“ Endlich drehte er sich zu ihnen um, doch sein Blick schien immer noch abwesend zu sein. „Warum ist mir das nicht früher eingefallen?“, sagte er mehr zu sich selbst als zu den anderen. Dann begann er mit ausladenden Schritten durch den Frachtraum zu laufen. Sein nachdenklicher Blick sauste an ihnen vorbei, registrierte sie aber nicht, keinen von ihnen. Fast wie weggetreten. Und er murmelte immer wieder diesen Satz. „Warum ist mir das denn nicht früher eingefallen?“
Die Kids beobachteten ihn, sagten aber kein Wort.
Oxo lief immer schneller, machte nach ein paar Dutzend Schritten an der Wand kehrt und lief denselben Weg bis zur nächsten Wand zurück. Zigmal wiederholte er das, bis Robin einschritt, sich vor ihm hinstellte und fragte, was ihm nicht schon früher eingefallen war.
Verwirrt sah Oxo ihn an. Robin hatte seine Arme auf seine Schultern gelegt, sein Gesicht war direkt vor seinem. Fast wie in einem Schwitzkasten.
„Die hohe Anzahl der Generatoren ist irrelevant. Selbst wenn es eine Million wären. Es spielt keine Rolle.“
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