„Ich habe mich entschieden. Ich stimme der Gehirntrans-plantation zu, obwohl ich mir der Risiken bewusst bin.“
Die Ärzte klatschten und gratulierten ihm zu seinem Mut.
Als er wieder gehen wollte, sagte die Ärztin zu ihren Kollegen:
„Wir müssen jetzt unseren „Großen Chef“, den Mond-kommandanten, von unserem Vorhaben überzeugen und ihn bitten, ein Raumschiff zur Verfügung zu stellen, das die Spezialisten vom Heimatplaneten abholt.“ …
Nach mehreren Tagen waren drei Ärzte, spezialisiert auf Transplantationen, in der Zentralklinik der Hauptbasis im Krater Gassendi eingetroffen.
Markus und Tom waren mit einer Flugscheibe dorthin verbracht worden. Die Spezialisten untersuchten zuerst den Körperspender Tom und dann Markus.
Dem Ärzteteam vom Heimatplaneten gehörten an: zwei sehr gebildet aussehende und vornehm auftretende weiße,
menschenähnliche Alien mittleren Alters sowie ein junger farbiger Hybrid der höchsten Entwicklungsstufe mit vielen menschlichen Zügen.
Die Drei waren sehr freundlich zu Markus, sprachen untereinander eine seltsame, fremdartige Sprache und strahlten sehr viel Zuversicht aus.
Am nächsten Morgen war es dann soweit:
Als Markus ganz ruhig und entspannt den mit Tom belegten Operationssaal betrat, in dem das Unvorstellbare geschehen sollte, war er erschrocken.
Von der Decke hingen viele bewegliche, in alle Richtungen leuchtende Lampen unterschiedlicher Größe und Form herunter. Einige waren auf Tom gerichtet und andere auf den unweit von seinem Bett stehenden Operationstisch auf Rädern.
Auf einem langen, schmalen Tisch waren nebeneinander gereiht eine Vielzahl medizinischer Geräte ausgebreitet, die auf den ersten Blick furchteinflößend wirkten.
Am Krankenbett des von alledem nichts mitbekommenden Tom diskutierten, ganz in weiß gekleidet, die drei Spezialisten vom Heimatplaneten mit den beiden Ärzten und der Ärztin von der Mondbasis unweit des Kraters Fontenelle.
Markus vermisste die Operationsschwestern …
Dann wurde er gebeten, sich auszuziehen und auf den Operationstisch zu legen.
Der gütige „alte Weise“ fragte ihn:
„Wie fühlen sie sich?“
Markus antwortete:
„Es ist mir mulmig zu Mute. Ich bin aufgeregt.“
„Das wird sich gleich legen!“, sprach´s und starrte ihn in die Augen.
Markus fiel in einen langen Tiefschlaf …
Was dann geschah, blieb für immer ein Geheimnis der an der Gehirntransplantation beteiligten Alien-Ärzte!Als Markus die Augen aufschlug, saß die nette Ärztin an seinem Bett auf der Intensivstation. Sie strich ihn sanft über die Hand und sagte:
„Tom.“
Ihm war, als hätte er geträumt. Er sah sich um und bemerkte, dass er ohne Schläuche und Kabel dalag und viel besser sehen konnte. Alles erschien heller und klarer und war gestochen scharf zu erkennen. Auch die störenden „fliegenden Mücken“ waren verschwunden.
Er hob die großen, braunen Hände, besah sie und bewegte die Finger. Das wiederholte er mit den Füßen.
Allmählich begann er zu begreifen, dass er in einem fremden Körper aufgewacht war, der aber auf die Befehle seines Gehirns reagierte!
Die charmante Ärztin an seinem Krankenbett schien noch hübscher geworden zu sein.
Mit seiner neuen, reinen Stimme rief er aus:
„Ich lebe noch. – Welch ein Wunder!“
Worauf die Alien-Ärztin in ihrer betont sachlichen Art erwiderte:
„Es ist kein Wunder, aber sehr viel Arbeit und Bangen!“
Sie küsste ihn auf die Stirn und sagte:
„Tom.“
Dann verließ sie umgehend den Raum, wobei sie sich die Tränen aus den Augen wischte.
Markus sah ihr nach und dachte:
„Sie hat mich Tomgenannt. Also heiße ich jetzt Tom für den Rest meines Lebens.“
Nach kurzer Zeit fanden sich alle Ärzte bei ihrem Patienten ein. Die Spezialisten der Alien-Ärzte untersuchten ihn von Kopf bis Fuß und nahmen verschiedene Tests vor.
Als sie ihn durchgecheckt hatten, sagte der vermeintliche Chef des Spezialistenteams zu Tom:
„Heute bleiben sie noch im Bett. Nur zur Toilette dürfen sie gehen.
Ab morgen bekommen sie wieder feste Nahrung.
Unsere Kollegin wird sich um Sie kümmern und uns von Ihren Fortschritten oder Rückschlägen berichten.
Wir bleiben noch einige Zeit. Wenn es Ihnen hier und da, besonders im Kopf zwickt, so ist das normal. Sie sollen wissen, dass
wir Ihnen mehrere Implantate eingesetzt haben. Was es mit ihnen auf sich hat, bleibt Ihnen vorerst verborgen. Sie stehen unter unserer ständigen Kontrolle.
Ihre wahre Identität dürfen Sie den Menschen gegenüber nicht preisgeben.
Wenn alles gut ausgeht, sind Sie der erste Mensch, bei dem eine Gehirntransplantation geglückt ist! Sie sind uns sehr wertvoll. Denken Sie immer daran und verhalten Sie sich dementsprechend.
Für weitere Auskünfte steht Ihnen unsere hochgeschätzte Kollegin zur Verfügung.
Sie und Ihre Betreuerin müssen ein eingespieltes Team werden, wenn unser Experiment gelingen soll!“
Hiernach sind sie wieder gegangen.
Tom fühlte sich allein gelassen.
Als die Blase drückte und er die Toilette aufsuchen musste, versuchte er aufzustehen, fiel aber wieder aufs Bett zurück. Die Welt drehte sich im Kreise.
Nach einer Weile unternahm er einen zweiten Anlauf. Er blieb zuerst auf der Bettkante sitzen und erhob sich dann ganz vorsichtig, bis er auf wackligen Beinen stand.
Jetzt stellte er fest, dass er ein Stück größer war und seine Umgebung aus einer anderen Perspektive sah. Er musterte seinen Körper.
Ins Auge stach die dunkle Haut, an die er sich erst gewöhnen musste.
Im Sanitärtrakt der Intensivstation angekommen, stellte er sich, nur mit einer engen, weißen Badehose bekleidet, vor den Panoramaspiegel an der Wand.
Jetzt konnte er seine großen, braunen Augen sehen und das lückenlose Vorzeigegebiss.
Sein Körperbau war ganz anders: An den Stellen, wo früher Fettpolster waren, befanden sich jetzt Muskeln. Sein Bauch war einem Waschbrettbauch gewichen. Seine Arme und Beine waren länger und muskulös. Nicht nur das – auch sein Geschlechtsteil war zwei Nummern größer …
Als er am nächsten Tag von der Morgentoilette zurückkam, wartete schon seine „Krankenschwester“, die Ärztin, auf ihn. Sie hatte das Frühstück und eine Kanne Tee mitgebracht.
Er hatte großen Durst und trank hastig eine Tasse dieses Gesöffs, das nach „Wald und Wiese“ schmeckte.
In diesem Moment trugen vier kleine Alien einen runden Tisch und zwei Stühle herein. Tom und die Ärztin nahmen am Tisch Platz. Während er eine Schüssel Reis verspeiste, sagte sie zu ihm:
„Wir müssen ganz allmählich die Verdauung wieder in Gang bringen und kontrollieren, ob alle Organe arbeiten. Schritt für Schritt müssen wir uns der neuen Situation stellen. Wir haben gemeinsam noch eine langen Weg vor uns!“
Als Tom den Reis widerwillig hinunter gewürgt hatte, fasste er sich ein Herz und sagte zu ihr:
„Wenn wir für längere Zeit wie ein Geschwisterpaar zusammen sein werden, was ich gut finde, dann möchte ich sie mit ihrem Namenanreden, wie das bei uns Menschen üblich ist. Ich heiße jetzt Tom – aber wie heißen sie?“
Und er wollte noch wissen:
„Haben Alien überhaupt einen Namen?“
„Ja, wir führen einen Namen, verwenden ihn aber selten. Unsere Identität ist eine Personenkennzahl, die bei der Geburt vergeben wird. – Nennen Sie mich einfach „Aisha“, ein Name, der mir gefällt.“ …
Eine Woche später.
Tom war von der Intensivstation der Hauptbasis in die Quarantänestation der Mondbasis nahe dem Krater Fontenelle zurückverlegt worden. In der ursprünglichen Umgebung fühlte er sich wohler. Er hatte wieder Kontakt zu den Hybriden in der Kantine und den Entführungsopfern …
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