Josef Hahn
Die Totengräber
1918 - 1938: Österreichs Weg in den Abgrund.
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Inhaltsverzeichnis
Titel Josef Hahn Die Totengräber 1918 - 1938: Österreichs Weg in den Abgrund. Dieses ebook wurde erstellt bei
Prolog
Finale
Deutschösterreich
Die Republik (1919 - 1933)
Februar 1934
Versagen des Sozialismus
Totengräber (1934 – 1938)
1938; Sieg Heul
Impressum neobooks
2018 wird Österreich den 100jährigen Bestand der Republik feiern; unterbrochen nur durch die Zeit von 1938 - 1945; als die damaligen Österreicher begeistert in den Sumpf der braunen Verbrecher getappt sind. Ich weiß es nicht, welche Partei 2018 in Österreich die Regierungsverantwortung tragen wird, aber ich hoffe, dass sich die Fehler der ersten Republik nicht wiederholen werden. Freilich: Die politische und geographische Situation ist im Europa unserer Tage zwar eine ganz andere, wie vor hundert Jahren; ob eine sinnvollere, wage ich nicht zu beurteilen! Wer sich aber heute ein wenig mit dem politischen Tagesgeschehen beschäftigt, wird nicht umhin können festzustellen, dass der Geifer des Nationalismus und eines falschen Protektionismus wieder ihre Mäuler offen haben und ihren giftigen Atem verspritzen; kurzsichtige - eigentlich dumme - Menschen klatschen dazu Beifall! 1918 brachen Staaten auseinander, die Jahrhundertelang eine Einheit waren, wie etwa die Donaumonarchie! Die für viele Politiker dieser Zeit neue und ungewohnte Regierungsform einer parlamentarischen Demokratie musste erst erlernt und verstanden werden. Niemand gab damals dem kleinen Restösterreich eine Überlebenschance; schon gar nicht die Sieger des Ersten Weltkrieges. Die Sieger, die durch ihre nur von Rache geprägten Friedensverträge von 1919 das Fundament für den nächsten, noch schrecklicheren, Krieg legten. Die Zuweisung der alleinigen Kriegsschuld an die Verlierer war ein ebenso kurzsichtiger wie dummer Akt. Sie verhalf einige Jahre später dem Österreicher Adolf Hitler und seinen Kumpanen zur Macht. Auch im - noch bestehenden - Österreich wurden die revisionistischen Gedanken der braunen Gangster aufgenommen. Ja, man versuchte sogar den Hitler zu >überhitlern<. Die Austrofaschisten wollten besser sein, als ihr Braunauer Vorbild. Teilweise gelang ihnen das auch; führende Nazis und Rassefanatiker kamen aus Österreich. Der im alten Habsburgerreich latente Antisemitismus war leider auch das Vorbild für Hitlers Rassenwahn. Neue, fortschrittliche Bewegungen wie etwa die Sozialdemokratie sahen dieser greulichen Entwicklung tatenlos zu; waren sogar Befürworter eines >Großdeutschen Reiches<. Wie etwa der in Österreich immer noch hoch verehrte Wetterhahn Karl Renner und andere. Einzig die Marxisten erkannten von Beginn an die braune Gefahr und versuchten sich dagegen nach Kräften zu wehren; vergeblich! Den - katholischen und meist auch noch kaisertreuen - Politikern des unseligen Ständestaates schien die braune Gefahr immer noch geringer, als die rote! So nannte etwa Kurt Schuschnigg, der letzte Kanzler der ersten Republik, den Kaisersohn Ott noch 1938 >Eure Majestät<. Die Habsburger waren aber 1919 des Landes verwiesen worden und die Adelstitel waren abgeschafft! Ein Fauxpas, der einem demokratischen Republikaner eigentlich nicht hätte unterlaufen dürfen. Schuschnigg allerdings war, wie seine Vorgänger, weder Demokrat noch Republikaner! Unter seiner Kanzlerschaft gab es in Anhaltelagern des Regimes mehr als 16000 inhaftierte Regimegegner; Kommunisten, Sozialisten und Nationalsozialisten. Letztere wurden 1938 als >Märtyrer< entlassen, erstere wurden in die Nazi-KZ’s verschleppt! Der von den meisten Österreichern so herbei gesehnte >Anschluss 1938< war in erster Linie ein gewaltiger Raubzug und hat vermutlich das Nazireich vor einem drohenden Staatsbankrott gerettet. Österreichs Goldreserven waren 1938 etwa dreimal so hoch, wie die der deutschen Reichsbank. Die Beschäftigungspolitik der Nazis basierte in erster Linie auf gewaltigen Rüstungsanstrengungen und auch auf österreichischen Rohstoffen, wie Erz, Erdöl und mehr. Blicken Sie mit diesem Buch ein wenig hinter die Kulissen der Ersten Republik und des unseligen Ständestaates, der das Land letztendlich in den Untergang geführt hat. Ergänzt mit zahlreichen, selten veröffentlichten, Abbildungen, Dokumenten und sorgfältigen Recherchen ist das Buch ein Spiegel einer Zeit, die sich hoffentlich nie wiederholen wird.
11. November 1918: Das prächtige Schloss mitsamt dem großen Park war leer und einsam. Dort, wo jahrhundertelang europäische Politik gemacht wurde, Diplomaten empfangen wurden, Siege gefeiert und Niederlagen betrauert wurden, prächtige Equipagen vorfuhren und rauschende Feste gefeiert wurden, hing der Hauch des verlassen worden Seins und der Trostlosigkeit. Fast konnte man meinen, die altehrwürdigen Mauern trauerten.
Vor der großen Feststiege, die hinauf zum großen Saal führte, lümmelten zwei Fähnriche der Militärakademie und taten so, als ob sie Wache hielten. Die Fähnriche der Militärakademie waren die letzten Getreuen des Hauses Habsburg. Sie waren bereit, wenn es die Lage erfordern sollte, für den Kaiser und seine Familie ihr Leben hinzugeben. Ihnen war klar, dass sie in so einem Fall gegen eine Masse randalierender Arbeiter und Deserteure nicht den Hauch einer Chance haben würden. Insgeheim hofften sie, dass es nicht dazu käme.
Mit ernsten Mienen betraten die Delegierten des neuen Staatsrates, die Herren Dr. Karl Renner, Karl-Josef Seitz, Heinrich Lammasch; der letzte Ministerpräsiden des Kaisers und der noch amtierende kaiserliche Innenminister Ritter von Gayer das Schloss. Renner hatte in seiner Aktentasche ein Schriftstück dabei, das aus einem Jahrhundertelang bestehenden Kaiserreich einen anderen Staat schaffen würde. Dass dadurch aus der bisherigen europäischen Großmacht ein Liliputstaat werden würde, konnte er nicht wissen.
Österreich-Ungarn und seine Verbündeten hatten den bisher größten Krieg der Geschichte verloren. Einen Krieg, der in diesem grässlichen Ausmaß von niemand gewollt worden war, aber von allen erwartet wurde.
Die Armee des Kaisers hatte sich, trotz ihrer meist unzulänglichen Ausrüstung, vier lange Jahre tapfer und mutig geschlagen. Zu Jahresbeginn 1918 standen noch 4.410.000 Mann im aktiven Dienst; 2.850.000 an den Fronten und 1.560.000 bei militärischen Behörden, Kommandos und Anstalten in der Heimat.
1.016.200 Mann waren für Gott, Kaiser und Vaterland gefallen, 1.943.000 wurden verwundet und 1.691.000 gerieten in Gefangenschaft.
Trotz der materiellen und zahlenmäßigen Überlegenheit des Feindes hielten die Truppen des Kaisers immer noch fast das ganze heutige Polen, einen Teil von Weißrussland und der Ukraine, das damalige Königreich Rumänien, Serbien, Montenegro und Albanien sowie das Friaul und Teile von Venetien besetzt.
Die Kriegsmaschinerie der Habsburger hatte alle ihre Kriegsziele erreicht und war letztendlich an ihrer schwachsinnigen Nibelungentreue gegenüber dem deutschen Kaiserreich und dessen Größenwahn gescheitert.
Nach dem Attentat von Sarajewo, dem der Thronfolger Franz-Ferdinand und seine Gattin zum Opfer gefallen waren, hatte der schon halbsenile Franz-Joseph auf Betreiben seines Generalstabschefs Conrad von Hötzendorf Serbien den Krieg erklärt. Der junge Erzherzog Karl rückte 1914 unerwartet früh in der Thronfolge nach und wurde überstürzt als Nachfolger aufgebaut.
Angesichts des hohen Alters von Kaiser Franz-Joseph musste man jederzeit mit dessen Ableben rechnen. Karl war aber immer noch nicht ausreichend vorbereitet, als es mit dem alten Kaiser 1916 zu Ende ging. 68 lange Jahre hatte Franz-Joseph der Zeit seinen Stempel aufgedrückt und jetzt kam Karl.
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