Sieglinde Breitschwerdt
Blutiger Hauch
7 Horrorstorys
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Inhaltsverzeichnis
Titel Sieglinde Breitschwerdt Blutiger Hauch 7 Horrorstorys Dieses ebook wurde erstellt bei
Blacksoul @ night.net
Das Haus des Vergessens
Maja wartet
Madeleine
Lost Silence
Der Weg nach Messaria
Blutiger Hauch
Impressum neobooks
Sophie lauschte in die Dunkelheit. Die regelmäßigen Atemzüge Ronalds verrieten, dass ihr Mann neben ihr tief und fest schlief.
Vorsichtig kroch sie aus dem Bett und schlich ins Badezimmer. Mit sicherem Griff zog sie hinter dem Wäschekorb schwarze Dessous hervor und schlüpfte hinein.
Sie wagte nicht, das Licht anzuknipsen. Das brauchte sie auch nicht. Jeder Handgriff saß.
Ihr Herz klopfte, als sie zum Schluss das Negligé überwarf und einen Hauch Magic Noir auf ihre Handpulse tupfte.
In atemloser Spannung setzte sie sich an den PC. Ihre Finger zuckten eilig über das Keyboard. Sirrend fuhr der Webbrowser hoch. Sie konnte es kaum erwarten, den Chat-Room zu betreten. Ob er auch da war? Sophie lächelte in sich hinein. Er war da! Das wusste sie, das spürte sie und schob den Mauszeiger in das Fenster.
In diesem Moment betrat Blacksoul den Chatroom.
Ungeduldig klickte sie ihn an. Es dauerte keine Sekunde, da flackerte der Bildschirm pechschwarz auf.
Mittendrin erschien eine blutrote Schrift.
„ In Schwarz siehst du zauberhaft aus!“
Sophie schmunzelte. Es war nicht verwunderlich, dass Blacksoul wusste, dass sie spitzenreiche Kostbarkeiten trug. Er selbst suchte sie aus, ließ sie in der kleinen Boutique für sie hinterlegen, die sie jeden Freitagnachmittag abholte.
„Danke“,
tippte sie ein.
„ Du bist das gierigste Geschöpf, das ich kenne“,
schimmerten die blutroten Buchstaben über den schwarzen Bildschirm,
„… und ich bin so geil auf dich!
Gierig! Gierig auf dein unstillbares Verlangen.
Gierig auf deinen Hass!“
In Sophie kroch zitternde Kälte hoch, die sie teils
verängstigte, teils erregte.
„Hass? ...“
Bevor sie den Satz zu Ende getippt hatte, schimmerte
die Antwort auf dem Monitor.
„ Ja Hass! Hass ist das stärkste,
das verschwenderischste Gefühl der
menschlichen Erregung!
Visualisierter Hass tötet! –
Sofort, brutal und absolut gnadenlos!“
Ernüchterung griff nach ihr.
Der heutige Chat schien sich in eine andere Richtung zu entwickeln als in den Freitagnächten davor. Noch nie hatte sie eine solche Erregung verspürt, noch nie so offen ihre geheimsten sexuellen Fantasien geäußert. In der Anonymität mit diesem geheimnisvollen Unbekannten ließ sie sich fallen, öffnete die Türen ihres Geistes, durchwanderte mit ihm das Labyrinth ihres Unterbewusstseins bis in den letzten Winkel ihrer Seele.
„Da irrst du dich gewaltig“,
tippte sie ein,
„denn sonst wäre...“
„ ... dein Alter schon lange tot!“,
glänzten die Worte auf dem Monitor, fingen an zu flirren und fielen in dicken Tropfen herunter... wie Blut. Sie erschrak und feiner Schweiß strömte aus ihren Poren, legte sich wie ein kalter und schmieriger Film auf ihren Körper. Ein unsichtbares Tau schlang sich um ihren Hals und schnürte, zerrte – sekundenlang.
Sie glaubte zu ersticken.
Erinnerungen fielen durcheinander, verbanden sich zu einer riesigen Burg, die hoch oben auf einer schwarzen Klippe stand – einsam, drohend und anklagend. Dahinter vernahm sie krächzende, feine Stimmen. Sie wurden lauter – winselten, buhten und verhöhnten sie.
Gesichter tauchten auf – lustige, traurige und fratzenhaft verzerrte.
Ein fein geschnittener Mund nahm Konturen an.
Das Gesicht ihres Vaters erschien. Er lächelte zärtlich, so zärtlich und überaus gütig. Wie eben er nur lächeln konnte.
Majas blasses, verängstigtes Antlitz schwebte durch ihre Gedanken. Ihr Vater erschien.
Er hob Maja hoch, trug sie ins Schlafzimmer.
Jeden Abend kümmerte er sich um ihre kleine Schwester – kleidete sie aus und badete sie.
Und dann veränderte sich Papis Antlitz, wenn er sich über Maja beugte. Das lächelnde, so gütige Gesicht mutierte zu einer gierigen Fratze.
„Maja, mein Engelchen, gib Papi ein Küsschen!“, gierte er mit feuchten Lippen.
Sophie erschauerte.
Der alte, längst verdrängte Ekel stieg so machtvoll in ihr hoch, dass sie meinte daran zu ersticken. Wenn sie nur daran dachte, wie er mit der Zunge Majas kleinen Kindermund abschleckte und dann noch einmal überprüfte, ob sie auch überall gewaschen und sauber war, stieg Brechreiz in ihr hoch.
Maja! Vergeblich hatte sie versucht, vor Papis Liebe zu flüchten. Ihre Chancen waren gleich Null.
Und sie – Sophie - wusste nicht, wie sie ihr helfen konnte.
Maja half sich selbst und befreite sich von Papis Liebe.
An ihrem 16. Geburtstag fand man sie mit aufgeschnittenen Pulsadern in der Badewanne. Und der liebe, ach so gütige Papi hatte sich tagelang eingeschlossen. Ja, er hatte gelitten - unsagbar gelitten. Er verstand die Welt nicht mehr, dass sein Engelchen tot war.
In Sophie kroch der Hass hoch, fing an zu brodeln und zu kochen und sprudelte wie glühende Lava durch ihren ganzen Körper.
„ Hass ist ein sehr intensives Gefühl, nicht wahr?“,
schimmerten die Buchstaben über den Monitor, zerrieselten wieder und tropften wie Blut in die Schwärze.
„Ja“,
tippte sie ein.
„ Leidenschaft ist nur der Zuckerguss der Torte,
doch darunter lauert das Schwarze, das Böse –
unendlich stark und bittersüß wie Schokolade.“
„Ja“,
tippte sie ein.
Ihre Fingerspitzen fühlten sich vor Kälte ganz taub an.
„ Töte ihn“,
schrieb Blacksoul zurück.
„ Töte ihn mit der geballten Macht deiner Gedanken!
Töte ihn mit deinem Hass! Langsam, grausam!
Lass ihn leiden! Dann bist du ihn los! Für immer!“
Ihre Augen brannten, Tränen zwängten sich zwischen ihre Wimpern. Abscheu, Wut und abgrundtiefer Hass kroch unter ihrer Haut. Die feinen Härchen auf ihren Unterarmen stellten sich zitternd auf.
„ Jetzt hast du die Gelegenheit“,
stand da.
„ Töte die Erinnerung – und ihn! Für immer!“
Eine nie gekannte Erregung ergriff von ihr Besitz.
Ihre Finger huschten über das Keyboard. Sie fühlte sich als Mörder, der auf eine Chance lauerte und erfand im makabren Gedankenspiel das väterliche Todesurteil.
„Ich locke meine Eltern in ihre Jagdhütte.
Ich bitte meinen Vater um einen Cognac.
Meine Mutter fessele ich auf einen Stuhl,
kneble sie und fixiere ihre Augenlider
mit Klebeband. Und dann ist er dran!“
„ Wie?“
„Ich schlage ihn nieder, hänge ihn an den Füßen auf und häute ihn ab. Natürlich bei lebendigem Leibe.
Die Hunnen machten das mit ihren Feinden.
Attila trug Handschuhe aus Menschenhaut.
Ja, das wäre geil. Handschuhe aus Papis Haut.
Dieses Schwein! Dieses abartige Schwein!
Er missbrauchte Maja! Er hat sie in den Tod getrieben.
Meine Mutter muss bei der Häutung zusehen.
Diese dämliche Kuh war dem perversen,
alten Bock völlig hörig. Sie hat ihn gedeckt!
Seine abartige Geilheit war nur Liebe,
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