Das Meditationsystem, das hier präsentiert wird, habe ich bei meinem Yoga- und Meditationslehrer Atma Degeyndt aus den Vereinigten Staaten gelernt, der bei bekannten Lehrern wie Swami Rama von Himalaya, Yogi Bhajan, Swami Krishnapada, Radhanath Swami und anderen seit seinem zehnten Lebensjahr unterrichtet wurde. Das „Be in Joy“ Programm stellt die Essenz aller traditionellen Unterweisungen und Techniken in einer einfachen Form und für die heutige Zeit dar. Es stützt sich vor allem auf die Techniken aus Patanjalis Asthanga Yoga und Chaitanyas Bhakti Tradition.
Das „Be in Joy“ Übungssystem ist in Grund-, Mittel- und Fortgeschrittenenstufe unterteilt. Dieses Buch ist in erster Linie als Praxisbuch für EinsteigerInnen gedacht. Es sind keine Voraussetzungen notwendig, um dieses System zu üben, außer deiner Neugier und dem Vertrauen, dass auch du es lernen kannst. Es werden zuerst einige vorbereitende Sitz-, Energie- und Atemübungen sowie wesentliche Konzepte präsentiert, um eine solide Grundlage für das Meditieren zu schaffen. Ich habe das System so einfach wie möglich gestaltet. Mehr Übungen und vor allem mehr Theorie werden im Handbuch für die Mittel- und Fortgeschrittenenstufe präsentiert.
Die ersten zwei Schritte unseres Systems bestehen darin, deine Aufmerksamkeit und deinen Atem zu schulen. Diese beiden Fähigkeiten sind wichtig bei allen Aktivitäten. Sie werden dir mehr Energie, Fokus, Mut und Willenskraft geben. Wer nicht aufmerksam ist und nicht gut atmen kann, der kann nicht achtsam werden und in weiterer Folge auch nicht meditieren. Er wird als ein Opfer dem Geist und den Emotionen hilflos ausgeliefert bleiben.
Das System ruht auf vier Säulen:
1. Aufmerksam werden
2. Furchtlos werden
3. Mit Paradoxen spielen
4. Die Perspektive ändern
Ich werde dir Schritt für Schritt zeigen wie jede Säule aus der vorherigen entsteht. Das Baumaterial stellen die zwei grundlegenden Schritte dar, die Aufmerksamkeit und der Atem. Du wirst sie nach und nach als ein logisches Gebilde betrachten können. Die Krönung des Systems bilden die Yoga-Psychologie und die Art des Mantra-Tönens.
WIE ES ZU DIESEM BUCH KAM
Dieses Buch beschäftigt sich mit Freude und wie man sie finden und für sich gewinnen kann. Ganz gleich ob wir gerade Glück oder Unglück erfahren. Das Glück zu haben bedeutet nicht unbedingt glücklich zu sein. Und die Weisen zeigen uns immer wieder, dass man trotz sogenanntem Unglück glücklich sein kann. Freude hat auch mit Musik zu tun. Somit wird sich dieses Buch auch mit dem metaphysischen Wesen des Klangs und der Praxis des meditativen Tönens beschäftigen. Wie wir wissen, kann der Klang auf die physische, subtile, aber auch spirituelle Dimension einen gewaltigen Einfluss haben. Der metaphysische Klang ist ein Baustein der himmlischen Musik, aber noch mehr ein wahres Mittel zum Finden der inneren Freude.
Die Faszination für den Klang fing in meiner Kindheit und Jugend an. Ich durfte damals eine Reihe an Erfahrungen sammeln, die mein späteres Verständnis von der Welt wesentlich beeinflusst haben. Diese Erfahrungen haben mich letztendlich zu einem meditierenden und freude-suchenden Menschen gemacht. Warum sind nicht mehr Menschen glücklich? Weil sie nach dem Glück gar nicht suchen, sondern warten, dass das Glück zu ihnen kommt. Weil sie denken, besser gesagt glauben, dass man nur, wenn man etwas hat, oder besitzt, glücklich ist. Sie messen ihren Erfolg daran, wie viel man hat und besitzt, anstatt wie viel Freude man damit hat. Sie können den Weg, den Prozess und die Arbeit gar nicht genießen. Deswegen macht sie das Ergebnis nicht glücklich. Sie sind aber ausschließlich und völlig vom Ergebnis abhängig, und somit ist ihr Glück vom Ergebnis abhängig und damit beschränkt. Sie haben nicht verstanden, dass der Weg wichtiger ist als das Ziel. Der Weg ist ja gleichzeitig das Ziel. Du kannst glücklich sein, wenn du in der Freude bist. Sei in der Freude. Jetzt! Du kannst die Freude auf jedem Schritt und Tritt erfahren, wenn du deinen Weg gefunden hast und wenn du ihn mit Freude gehst. Meine musikalische Ausbildung hat mein Ohr für den akustischen Klang geöffnet. Die Meditation hat das Hören für den inneren Klang und für das Wesen des Glücks geöffnet. Auch meine Erfahrung mit verschiedenen Kampfkünsten hat das erste Mal das Unbegreifliche und Mystische von Meditation in den Fokus gebracht. Diese haben mich das Meditieren letztendlich nicht gelehrt, aber sie haben mich gelehrt, dass wir zu viel mehr fähig sind als wir es gewöhnlich wahrnehmen wollen.
Zu Hause haben wir viel gelesen, neben der allgemeinen Enzyklopädie auch über Zen-Meditation. Irgendwie hat die östliche Weisheit immer größere Faszination auf mich ausgeübt als das trockene Faktenwissen in der Schule oder auf der Uni. Koan, Haiku – ach, wenn ich sie nur richtig verstehen könnte! Weiter ging es mit den sechs Heilenden Lauten aus dem Qigong bei meinem langjährigen Meister Shifu Oswald Elleberger aus Graz, der übrigens auch ein Musikliebhaber ist, vor allem des Geigenspiels. Das erste Mal verstand und erfuhr ich den Klang als ein Heilmittel. Er hat mir weiterhin die Augen für das Aufrichten der Wirbelsäule und für die Alexander-Methode geöffnet. Diese für mich ganz wichtigen Erfahrungen spiegeln sich im Kapitel über die Sitzpositionen wieder. Ich danke ihm auch für seine anschaulichen und klaren Expositionen über das Atmen, welche ich mit dir in diesem Buch teilen möchte, als auch für die sehr prägenden und außergewöhnlichen Erfahrungen während der taoistischen Meditation, die ich mit ihm machen durfte. Das hat meinen Verstand für das Unsichtbare, das was jenseits unserer Sehkraft und normalen Sinneswahrnehmung liegt, geöffnet. Und dass es eben mehr zu sehen „hinter dem Sehen“ und mehr zu hören „hinter dem Hören“ gibt. Das hat mir das Meditieren aber immer noch nicht beigebracht. Weiter ging es mit Tom Scott und seiner seelenergreifenden Meditationsmusik. Während meines Studiums entdeckte ich auch Joachim Ernst Berendt, den großen „Jazz-Professor“ und seine bahnbrechenden Werke über das Phänomen und die spirituelle Bedeutung des Hörens wie „Nada Brahma – Die Welt ist Klang“ u.a. Bald danach entdeckte ich über meine Studienkollegen von der Musikuniversität Graz die Welt des Yoga, vor allem Bhakti Yoga. Ende des 20. und Anfang des 21. Jahrhunderts ritt ich auf der Welle des Kirtans mit der meditativen Mantra- Musik und ich versuchte mich in Mantra-Meditation. Ich studierte fleißig und hingegeben bei vielen Yoga-LehrerInnen, vor allem bei Bhakti Tirtha Swami Krishnapada (Bhakti Yoga und Mantra-Meditation) und Atma Degeyndt (Hatha Yoga, Power Yoga, Atma Yoga, Yoga-Psychologie und Mantra Yoga). Endlich wurde der Begriff „Meditation“ für mich de-mystifiziert. Meditation war nun nicht mehr etwas Ungreifbares, aus den hohen himmlischen Sphären, sondern etwas ganz Praktisches und Alltägliches wie Zähneputzen und Wassertrinken. Über die Suzuki-Musikmethode vertiefte ich mein Verständnis vom akustischen Klang; ebenso die Achtsamkeit im Umgang mit dem Klang. Ich verstand auch die Wichtigkeit und Vorteile des methodischen Zugangs zum Lernen, vor allem einer Schrittfür-Schritt-Methode. Durch Mantra Yoga entwickelte ich meine Faszination für den Körper als Klanginstrument und für den inneren Klang. Zusammengefasst fand ich durch Meditation, vor allem durch Klang-Meditation, meine wahre innere Freude, die ich in Form dieses Buches mit dir teilen möchte. Damit auch du „voller Freude sein“ sein kannst.
Vielleicht bist du auch wie viele meiner KursteilnehmerInnen, die sagen: „Wo soll ich jetzt auch noch Zeit zum Üben finden? Ich habe schon so viel Stress!“ Dazu kann ich nur Folgendes sagen: es ist alles eine Sache der Zeiteinteilung und des Prioritätensetzens. Ich habe die Übungen absichtlich so gestaltet, dass sie wenig Zeit in Anspruch nehmen.
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