NACH
HÖHEREM
STREBEN
von
Orison Swett Marden
Ins Deutsche übertragen
von
Max Christlieb und Cornelia Bruns
Erstveröffentlichung: Stuttgart, J. Engelhorns Nachf., 1919
Neuauflage: F. Schwab Verlag – www.fsverlag.de, 2018
Cover: Antoine-Jean Gros, Bonaparte auf der Brücke von Arcole
Copyright © 2018 by F. Schwab Verlag
2. Auflage, ISBN: 978-3-944432-16-8
Inhalt
Impressum Impressum Erstveröffentlichung: Stuttgart, J. Engelhorns Nachf., 1919 Neuauflage: F. Schwab Verlag – www.fsverlag.de, 2018 Cover: Antoine-Jean Gros, Bonaparte auf der Brücke von Arcole Copyright © 2018 by F. Schwab Verlag 2. Auflage, ISBN: 978-3-944432-16-8
I. Die Möglichkeiten in jedem Menschen
1. Das Erwachen des Geistes
2. Was die Welt den Träumern verdankt
3. Nur das Beste ist gut genug
4. Wollen schafft Wirklichkeit
5. Die Weisheit des Erwartens
6. Die wunderbaren Erfolge höflicher Hartnäckigkeit
7. Die Kraft wächst am Widerstand
8. Der Segen des Unglücks
9. Fallen und Wiederaufstehen
10. Wenn alles schief geht
II. Geheimnis des Vollbringens
11. Entschlossenheit und Ausdauer
12. Das allbeherrschende Ziel
13. Rasche und sichere Entscheidung
14. Triff nie eine Entscheidung in mutloser Stimmung
15. Nichts aufschieben!
III. Selbstverantwortung und Erfolg
16. Selbstbefreiung um jeden Preis
17. Die Wunder des Selbstvertrauens
18. Selbsterziehung und Selbstbehauptung
19. „Ein kühler Kopf“
20. Zuverlässigkeit
21. Selbständigkeit
22. Verantwortlichkeit macht stark
23. Nur nicht nachahmen!
IV. Vom Umgang mit Menschen
24. Gefährliche Empfindlichkeit
25. Takt
26. Pünktlichkeit
27. Wie man Menschen anzieht
28. Die Kunst, gut zu sprechen
29. Guter Umgang
V. Geschäftsleben
30. Jeden Tag ein Stückchen besser machen
31. Die rechte Auffassung unsrer Arbeit
32. Der beste Nebenverdienst
33. Planmäßige Arbeit
34. Zur Sache!
35. Nachlässigkeit - ein Verbrechen
36. Lügengeschäfte – schlechte Geschäfte
37. Hat ein Beruf die Billigung deines Gewissens?
VI. Von Armut befreien
38. Armut als Krankheit
39. Teure Sparsamkeit
40. Wie man sein Geld verlieren kann
VII. Steigerung der Tatkraft
41. Gesundheit und Leistungsfähigkeit
42. Schönheit und Lebensgenuss
43. Heute ist heut!
44. Ein warmes Herz
45. Energieverschwendung
46. Kraft im Vorrat
47. Feinde der Lebenskraft
48. Wert der Erholung
VIII. Selbstbildung und Erfolg
49. Tägliche Selbstvervollkommnung
50. Selbstbildung durch Bücher
51. Späte Selbstbildung
IX. Vom rechten Denken
52. Geistige Chemie
53. „Sorget nicht“
54. Furcht, der größte Menschenfeind
55. Die innere Kraft
56. Heilung von Fehlern
57. Freunde und Feinde unsres Geistes
Über den Autor
Die Erfolgsklassiker
I. Die Möglichkeiten in jedem Menschen
1. Das Erwachen des Geistes
„Wie macht sich der Junge, Davis?“ fragte der Landwirt John Field, während er seinen Sohn Marshall bei der Bedienung eines Kunden beobachtete. „Nun, John, wir zwei sind ja alte Freunde“, antwortete Deacon Davis, nahm einen Apfel aus einem Fass und reichte ihn Marshalls Vater als eine Art Friedensbürgschaft. „Wir sind alte Freunde, und ich möchte dich nicht kränken: aber ich bin ein offenherziger Mann und will dir die Wahrheit sagen. Marshall ist ein guter und zuverlässiger Junge, das muss man ihm lassen; aber ein rechter Kaufmann wird er niemals, und wenn er tausend Jahre bei mir im Laden bleibt. Er ist nicht aus dem Holz geschnitzt, aus dem Kaufleute gemacht werden. Nimm ihn auf dein Gut zurück, John, und lass ihn die Kühe melken!“
Wenn Marshall Field als Lehrling in dem Laden von Deacon Davis in Pittsfield, Massachusetts, geblieben wäre, wo er seine erste Stelle angetreten hatte, da wäre er allerdings nicht der „königliche Kaufmann“ geworden, der er wurde. Als er aber nach Chicago ging und die fabelhaften Beispiele von armen Jungen sah, die die größten Erfolge erreichten, da wurde sein Ehrgeiz aufgeweckt und der Entschluss in ihm entzündet, selber ein Großkaufmann ersten Ranges zu werden. Er sagte zu sich selbst: „Wenn andre so wunderbare Erfolge haben, warum sollte ich das nicht auch können?“
Natürlich waren in Field die Anlagen zu einem großen Kaufmann von Anfang an vorhanden. Aber die äußeren Umstände und eine den Ehrgeiz und das Streben erweckende Umgebung trugen doch sehr viel dazu bei, dass die in ihm noch ohne Wirkung ruhende Energie ausgelöst wurde und seine verborgenen Kräfte zum Vorschein kamen.
Viele glauben, der Ehrgeiz sei eine Eigenschaft, die mit uns geboren sei, und könne eigentlich nicht gepflegt oder vergrößert werden; er sei uns gleichsam in die Wiege gelegt und entwickle sich ganz von selber. Aber das ist nicht richtig: gerade die Pflege macht beim Ehrgeiz sehr viel aus und ist unbedingt nötig bei ihm, etwa wie bei der musikalischen Begabung, die ungepflegt bald verkümmert.
Wenn wir gar nichts dazu tun, unsern Ehrgeiz in Taten umzusetzen, so bleibt er nicht, wie er war: seine Kraft verliert sich, und er wird stumpf, unser ganzes Streben wird matt und schwach. Wie können wir auch erwarten, dass er frisch und kräftig bleibt, wenn wir jahrelang in Untätigkeit, Trägheit und Gleichgültigkeit dahinleben? Wenn wir fortwährend die Gelegenheiten verpassen, ohne auch nur den Versuch zu machen, sie zu benutzen, so wird unser ganzes Streben stumpf und schwach.
Emerson sagt: „Was ich am nötigsten brauche, das ist ein Mensch, der mich veranlasst, alles zu leisten, was ich leisten kann.“ Meine Aufgabe ist, alles zu leisten, was ich kann, nicht was Männer wie Napoleon oder Lincoln leisten konnten, sondern was ich leisten kann. Alles kommt darauf an, dass ich das Beste aus mir heraushole: und es ist ein himmelweiter Unterschied, ob ich zehn, fünfzehn, fünfundzwanzig oder neunzig Prozent meiner Fähigkeiten nutzbar mache.
Es gibt unzählige Menschen, die die Mitte des Lebens erreicht haben, ohne richtig aufgewacht zu sein. Sie haben nur einen kleinen Teil ihrer Erfolgsmöglichkeiten entwickelt und nutzbar gemacht. Sie leben sozusagen noch im Schlaf. Das Beste in ihnen liegt so tief verdeckt, dass es noch gar nicht erwacht ist. Wenn wir solche Menschen treffen, so fühlen wir deutlich, dass sie einen verborgenen Vorrat von Kräften haben, die noch gar nicht in Wirksamkeit getreten sind. Weitaussehende Möglichkeiten schlummern unbewusst und ungenutzt in ihnen und gehen auf diese Weise ihrem allmählichen Untergang entgegen.
Der oberste Richter einer blühenden Stadt im Westen, heute einer der angesehensten Rechtsgelehrten des Landes, war bis zur Mitte seines Lebens, bis zum Erwachen seiner schlummernden Kräfte, ein unwissender Schmied. Jetzt ist er sechzig Jahre alt, hat die beste Büchersammlung der ganzen Stadt, gilt für ihren gebildetsten Einwohner und genießt den Ruf, dass sein höchster Ehrgeiz darin bestehe, andern Menschen zu helfen. Was hat diese Umwälzung in seinem Leben hervorgebracht? Es war das Hören eines einzigen Vortrags über den Wert der Bildung. Das erweckte die schlummernden Kräfte in ihm, entzündete seinen Ehrgeiz und stellte seine Füße auf den Weg der Selbstentwicklung.
Ich bin verschiedenen Menschen begegnet, die erst um die Mitte des Lebens erkannten, was für Möglichkeiten in ihnen schliefen. Dann aber wachten sie ganz plötzlich auf, und zwar war der Anlass das Lesen eines anregenden oder begeisternden Buches, das Hören eines Vortrags oder einer Predigt, das Zusammentreffen mit einem Menschen, der sie verstand, Vertrauen zu ihnen hatte und ihnen Mut einflößte.
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