4Akustik und Abhörtechniken
4.1Basis
Im Gegensatz zum Bereich der reinen Aufnahmetechnik machen sich Investitionen in die Raumakustik sofort und deutlich bemerkbar! Die akustischen Eigenschaften beeinflussen deine Produktionen elementar, denn die teuersten Mikrofone und Abhörmonitore sind wertlos, wenn der Raum schon das Eingangssignal „versaut“ und eine korrekte Bearbeitung im Mix unmöglich macht.
Die Ziele der Akustikoptimierung sind: ein lineares Frequenzbild und eine saubere Ortung im Raum und insbesondere am Abhörplatz. Dies wird erreicht, indem man die ungewollte Schallenergie in Bewegungs-, bzw. Wärmeenergie umwandelt (Absorption) oder die Richtung des reflektierten Schalls streut (Diffusion).
Eine gute Akustik wird bedingt durch einen ausgewogen klingenden Raum mit kurzer Nachhallzeit. Der Nachhall entsteht aus der Summe der ausklingenden Raumresonanzen und Raumreflexionen. Optimal ist ein Nachhall von etwa 0,2 bis 0,3 Sek. Die Summe des Nachhalls sollte den Direktschall um ca. 15 dB bis 20 dB unterschreiten. So klingt der Raum angenehm trocken, aber nicht „tot“.
Meist wird hierzu das LEDE-Prinzip (Live-End/Dead-End) verfolgt. Nach diesem Prinzip wird der Regieraum in einen Bereich vor (Dead-End) und hinter dem Hörplatz (Live-End) aufgeteilt. Vor und neben dem Hörplatz werden also Absorber positioniert, damit beim Hörer nur der Direktschall der Monitore ankommt. Um die Akustik des Raumes dennoch lebendig und real zu halten, wird hinter dem Hörer eine Mischung aus Absorbern und Diffusoren angebracht. Der gesamte Effekt wird durch eine besondere Raumgeometrie ohne parallele Flächen verstärkt, die alle Reflexionen am Hörplatz vorbei leitet.
Beispiel für eine optimierte Studiogeometrie (Mistele)
4.2Resonanz und Reflexion
4.2.1Raumresonanzen
Frequenzen, deren halbe Wellenlängen genau in die Raumdimensionen passen, führen insbesondere bei quaderförmigen Räumen zu ungewollten Resonanzen. Dabei überlagern sich das Ursignal und die Reflexionen, was dann zu Überhöhung in bestimmten Frequenzen führt.
Häufig wird vergessen: Auch das Gegenteil kann der Fall sein! An bestimmten Raumpositionen führen Resonanzen auch dazu, dass sich Signalanteile gegenseitig auslöschen! Beide Fälle sind zu vermeiden, da sie den Klang verbiegen.
Diese Probleme treten in erster Linie im Bass- und Tiefmittenbereich auf. Ab etwa 400 Hz überwiegt der Diffushallanteil bereits. Daher machen diese sogenannten stehenden Wellen den Raumklang schwammig und wummernd.
Besonders problematisch ist es, wenn die Raumdimensionen zueinander ganzzahlige Vielfache sind, wenn also die Raumlänge beispielsweise dem doppelten Maß der Breite entspricht. Dann stehen die auftretenden Resonanzen in harmonischem Bezug und die betreffenden Frequenzen werden umso mehr betont!
Als Grundlage für akustisch optimale Raumlängenverhältnisse gilt das Verhältnis 1:1,6. Mit optimierten Längenverhältnissen kannst du Resonanzen zwar nicht vermeiden, aber die Resonanzen werden gleichmäßig über den gesamten Frequenzbereich verteilt.
Es gibt drei Arten von Resonanzen:
1 Axiale Resonanzen: Dies ist die typische stehende Welle zwischen zwei parallelen Wänden. Sie bewegt sich nur in einer Dimension und wird zwischen zwei Ebenen hin- und hergeworfen. Axiale Resonanzen sind die problematischsten, da sie den Pegel der betreffenden Frequenz verdoppeln, also um 6 dB erhöhen!
2 Tangentiale Resonanzen: Diese Resonanzen entstehen durch das Reflektieren der Wellen entlang von vier Ebenen. Die Resonanz bewegt sich also in zwei Dimensionen. Das heißt, entlang der Wände bzw. entlang Wand, Boden, Decke und Wand. Dabei wird die betreffende Frequenz um 3 dB erhöht.
3 Diagonale Resonanzen: Der Weg der diagonalen Resonanzen führt über alle sechs Ebenen des Raumes. Es werden alle drei Raumdimensionen genutzt und es kommt zu einer Erhöhung um 1 dB.
Zum Herausfinden deiner stehenden Wellen nutzt du folgende Formel:
f: gesuchte Wellenlänge in [Hz]
c: Schallgeschwindigkeit (343 m/s)
p: Variable zur Raumlänge
q: Variable zur Raumbreite
r: Variable zur Raumhöhe
L: Raumlänge in [m]
B: Raumbreite in [m]
H: Raumhöhe in [m]
Nun setzt du für die Variablen p, q und r aufsteigend ganze Zahlen ein. Die sich ergebenden Werte sind die Basiswellenlängen der betreffenden Resonanzen. Eine ganzzahlige Vervielfachung der Frequenz führt zu den weiteren Resonanzen.
Die Reihenfolge der einzusetzenden Zahlen ist dann folgendermaßen:
1. 100 |
6. 111 |
11. 202 |
2. 010 |
7. 200 |
12. 222 |
3. 001 |
8. 020 |
13. 300 |
4. 110 |
9. 002 |
14. 030 |
5. 101 |
10 220 |
... |
Speziell zum Herausfinden der axialen Resonanzen kannst du auch diese Formel verwenden:
f: gesuchte Wellenlänge in [Hz]
c: Schallgeschwindigkeit (343 m/s)
L: Raumlänge in [m]
n: Zähler für die ganzzahligen Vielfachen
Im Anhang findest du eine Tabelle mit einigen Wellenlängen zu verschiedenen Frequenzen.
Neben den Resonanzfrequenzen werden natürlich auch alle anderen Wellen an den Wänden, Decke, Boden und Gegenständen reflektiert. Bei relativ leeren quaderförmigen Räumen mit 10 m² bis 15 m² führt dies im ungünstigsten Fall zu einem scheppernden Klang, der obertonreich hallig und metallisch klingt. Man spricht dann von den typischen Flatterechos.
Klassischer Test zum Herausfinden der Probleme: Kräftig in die Hände klatschen oder Musikhören und das Signal abrupt stoppen.
Die wenigsten Homerecorder verfügen über speziell für Studiozwecke gebaute Räumlichkeiten, deren Baukosten leicht dem Zehnfachen des Gesamtwerts des Studioequipments entsprechen. Daher möchte ich dir ein paar Tipps geben, wie du deine Räume klanglich optimieren kannst, ohne dein Equipment wieder verkaufen zu müssen.
Doch zuvor möchte ich darum bitten, folgende Worte aus dem Repertoire der Akustikverbesserung zu streichen: Eierkartons und Baumarkt-Noppenschaum. Beides ist praktisch wirkungslos. Abhaken.
4.3.1Raumgeometrie als Resonanzkiller
Wände zu versetzen, ist meist nicht ohne Weiteres möglich, eine Wand einzuziehen hingegen schon! So könntest du zum Beispiel einen vollflächigen Einbauschrank in deinen Raum integrieren, der dessen Quaderform aufhebt und somit viele Resonanzen stört.
Der Einbauschrank sollte aus schweren Holzplatten gefertigt sein, geeignet sind OSB- oder Spanplatten ab 15 mm Dicke. Die Außenfläche kannst du mit Tapete oder Stoff beziehen.
Alternativ kannst du natürlich auch eine Trockenbauwand mit Rigipsoberfläche in den Raum ziehen. Der Hohlraum hinter der Trockenbauwand sollte mit Dämmstoff (Mineralwolle, Hanf, Akustikschaumstoff etc.) gefüllt werden, damit das System nicht zum Schwingen angeregt wird. Auf diese Weise kannst du neben der Reflexionsbrechung zusätzlich eine sehr gute Bassfalle erhalten!
4.3.2Diffusoren und Absorber
Diffusoren verbessern den Nachhall, indem sie den eintretenden Schall diffus streuen. Gekaufte Diffusoren kosten erstaunliche Summen. Sicher, die Teile sind genau berechnet und aus edlem Holz gefertigt, dennoch sind es „nur“ unterschiedlich große Hohlräume und Oberflächen, die den Schall streuen.
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