Eine ganz widerliche Geschichte hat sich mit dem Swatch-Auto des Schweizer Erfinders Hajek zugetragen. Hajeks Ziel war ein kleines Elektroauto. Ohne Großindustrie war das nicht machbar. VW hat eine Kooperation mit Hayek abgelehnt. Daimler fand die Karosserie sympathisch und vereinbarte ~1992 mit Hajek, drei verschiedene SMART-Modelle mit unterschiedlichen Antrieben zu bauen: mit Benzin- und Diesel-Dreizylinder sowie mit Elektromotor. Daimler-Chef Schrempp (auf einer MBB-Betriebsversammlung in Ottobrunn: „Ich fühle mich nur dem Shareholder verpflichtet.“) hat die Vereinbarungen mit Hajek aber gebrochen. Den Benzin- und Diesel-SMART gab es sofort, der Elektro-SMART – also das eigentliche Ziel von Hayek – kommt aber erst mit einer Verzögerung von 20 Jahren auf den Markt.
Auch einige andere Autokonzerne beschäftigten sich eine Zeit lang werbewirksam mit dem Elektroauto, bis sich endlich wieder die – steinalte – Erkenntnis durchsetzte: Die Batterie ist zu schwer, zu groß, hat zu geringe Kapazität. Endlich machte der befreiende Slogan die Runde: Das Elektroauto hat keine Zukunft. Dann begann der Hype mit dem „Brennstoffzellenantrieb“, also ein Elektroauto mit Brennstoffzellen als Energiespeicher und -Wandler. Wiederum alte Erkenntnisse – der Gesamtwirkungsgrad des Wasserstoffs liegt nur bei ~50% – ließen dann auch aus dieser Begeisterung so ziemlich die Luft heraus. In den letzten Jahren nimmt das Thema Elektroauto wieder an Fahrt auf, initiiert durch die Vorgehensweise anderer Staaten. Warum dieses YoYo-Spiel?
Zwischen Automobilindustrie und Ölkonzernen hat sich ein jahrzehntelanges stabiles Beziehungsgeflecht herausgebildet. Die Neigung, daran festzuhalten, ist betriebswirtschaftlich verständlich. Wer will schon freiwillig die noch immer gewinnbringenden Produktionsprozesse beenden. Entgegen aller offiziellen Hymnen auf das Elektroauto wird hinter vorgehaltener Hand aber weiter massiv Widerstand geleistet. Über die Beweggründe für dieses Auf und Ab kann man spekulieren. Es gibt Indizien, aber keine Beweise.
Im Gegensatz zum Erdöl kommt die Energie der Sonne frei Haus. Die Konzerne können mit ihren fetten Hintern zwar auf den Ölquellen sitzen, aber den Schein der Sonne nicht verdecken. Spüren sie die ihre Existenz gefährdenden Wandlungen? Auf die weltweit agierende Energiemafia kommt – langfristig – der totale Umsatzeinbruch zu.
Das klassische Auto wird nicht einfach ersetzt, indem man den Verbrennungsmotor mit einem Elektromotor austauscht. Das Endprodukt Elektroauto wird vollkommen anders strukturiert sein. Nabenmotore, Batterien, Elektronik können unabhängig vom Karosseriebau standardmäßig entwickelt werden. Neue Strukturen fördern neue Geschäftsideen und neue Firmen. Auch Service und Wartung werden sich massiv verändern und vereinfachen. Sind die Autokonzerne wirklich besorgt um die optimale Mobilität – oder nur um ihre eigene Weiterexistenz? Ich glaube, die klassische Automobilindustrie geht schweren Zeiten entgegen.
Von vier typischen PKW-Antriebsarten sind der Energieverbrauch, die CO2-Emissionen und die Treibstoffkosten in den folgenden Bildern schematisch dargestellt. Die Berechnungen basieren auf fiktiven Werten eines Mittelklasse-PKWs für eine jährliche Fahrstrecke von 15.000 km und einem Energieverbrauch von 15 kWh / 100km an der Radnabe.
Benzinauto mit Benzin betriebenem Ottomotor. Es hat nicht nur die höchsten CO2-Emissionen (dazu auch Lärm- und Staub-Emissionen), sondern auch die höchsten Treibstoffkosten.
Elektroauto mit aus dem Strom-Mix der großen Konzerne gespeistem Elektromotor. Es hat die zweithöchsten CO2-Emissionen. Die Treibstoffkosten sind geringer als beim Pflanzenöl-Auto – aber nur, wenn man die externalisierten Kosten unterschlägt.
Pflanzenöl-Auto mit Pflanzenöl betriebenem Dieselmotor. Es ist im Idealfall CO2-neutral – allerdings mit immensen Schäden an Natur und Mensch. Die Kosten für den Treibstoff liegen gleich hinter dem Benzinauto.
Solarmobil mit ausschließlich über PV und Windkraft gespeistem Elektromotor. Es hat keine CO2-Emissionen und keine Abgase. Außerdem ist es äußert geräuscharm. Es hat die geringsten Treibstoffkosten mit sogar fallender Tendenz.
Als wohlwollender Bürger nimmt man an, dass dieses Wissen bei den Strategen der Autoindustrie zu einer eindeutigen Konsequenz führt. So ist es auch – sofern man den Reden glaubt. In der Zeitschrift „Solarmobil“ [7] wurde über das World Mobility Forum in Stuttgart am 28. Januar 2009 berichtet.
DAIMLER-Chef Dieter Zetsche: „Das Ende des Ölzeitalters ist da. Die weltweite Autobranche steht am Scheideweg. Nicht die Stärksten werden überleben, sondern diejenigen, die notwendige Veränderungen am besten meistern. 2009 werden die Weichen für eine alternative Autopolitik gestellt. Die Zukunft gehört nicht dem heutigen Benzinauto, sondern dem Elektroauto, dem Hybridauto, dem Pflanzenölauto und insgesamt dem sparsamen, kleineren Auto.“
Ob aus Überzeugung oder aus zeitweiliger Opportunität äußerte sich der ehemalige EON-Chef Klaus-Dieter Maubach folgendermaßen: „30 Millionen Elektroautos schaffen wir ohne neues Kraftwerk, wir könnten die vorhandenen Kraftwerke besser auslasten.“ Damit stiege der Stromverbrauch nur um zehn Prozent. Sein Energie-Konzern sei interessiert an der Speicherfunktion der Batterien von E-Autos.
Will man Genaueres über ein Hotel erfahren, redet man nicht nur mit dem Propaganda-Chef, sondern versucht über den Lieferanteneingang einen Blick in die Küche zu erhaschen. In diesem Sinn gab es dann auch eine Diskussion mit Mitarbeitern von AUDI und DAIMLER. Diese meinten: „Man könne ja den Strom, der gebraucht werde, derzeit gar nicht in Deutschland erzeugen und schon gar nicht regenerativ, also müsste man ihn in Russland und Tschechien (Atomstrom) einkaufen“ und weiter „als Unternehmen müsse man sich am Aktionärswillen, aber nicht an der Umwelt orientieren“. Man kann von den Mitarbeitern über die wirkliche Stimmungslage mehr erfahren als von den Repräsentanten der Firmen, die ja wissen, wann es angebracht ist, Kreide zu fressen!
Die starke Tendenz der deutschen Autoindustrie, am Explosionsmotor noch möglichst lange festzuhalten, ist eindeutig erkennbar, auch im Ausland. In diesem Sinne äußerte sich ein Delegierter eines japanischen Elektro-Konzerns auf einem Symposium während der eCarTec 2012 in München. Bestenfalls wird man versuchen über möglichst langwierige Mutationsphasen vom klassischen Auto über das Hybridauto und den Plug-in-Hybrid zum Endprodukt des solar gespeisten Elektroautos zu gelangen.
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