Langsam öffnete ichden Kasten der Alarmanlage. Mit ruhiger Hand machte ich mich daran, den Mechanismus lahm zu legen. Ich war mit dieser speziellen Bauart bestens vertraut und konnte den Alarm ausschalten, ohne dass die Geräte oder Monitore der Wachleute irgendetwas bemerkten. Für sie sah alles ganz normal aus, als wäre die Anlage noch immer aktiv. Nachdem ich das erledigt hatte, verließ ich den Raum und ging in einem Bogen zum Fahrstuhl. Ich hatte einige der Kameras manipuliert, dass sie alte Aufnahmen anzeigten anstatt meine Anwesenheit preis zu geben. Einzig diese eine Kamera in der Tiefgarage, der ich gerade auswich, hatte ich unangetastet gelassen, da sie auf eine Uhr gerichtet war und es auffallen würde, wenn sie plötzlich etwas anderes als die aktuelle Uhrzeit anzeigen würde. Ich drückte den Knopf neben dem Aufzug und wartete geduldig. Als sich die Türen mit einem Pling öffneten, stieg ich ein und drückte den Knopf für das Penthouse, wo Romanow lebte. Ich wusste, dass zwei Wachmänner neben dem Fahrstuhl wachen würden und machte mich bereit, sie sofort auszuschalten.
Der Fahrstuhl hielt und ich verließ ruhig die Kabine. Ich hatte eine Waffe in jeder Hand, die Arme vor der Brust über kreuz, feuerte ich nach links und rechts. Ich sah beide Wachen fallen. Die Schalldämpfer hatten dafür gesorgt, dass niemand etwas von dem Vorfall mitbekommen hatte. Ich untersuchte beide Wachen und schoss einem von ihnen, der noch lebte, in den Kopf. Zufrieden, dass beide nun ausgeschaltet waren, machte ich mich auf den Weg zu Romanows Tür. Es stellte sich als kein Problem heraus, sie zu öffnen. Leise betrat ich das Penthouse und schloss die Tür hinter mir. Ich wusste, dass Romanow eine Freundin hatte. Sie war nicht meine Zielperson, doch wenn sie eine Gefahr darstellte, würde ich auch sie eliminieren müssen. Ich trug eine Maske, um nicht erkannt zu werden. Dadurch konnte ich die Frau leben lassen, wenn ich es schaffen würde, sie ruhig zu stellen. Ich hoffte nur, dass die Kleine von gestern nicht seine Freundin war. Das würde mich sicher aus dem Konzept bringen.
Ich schlich durch das Penthouse, dabei von der luxuriösen Ausstattung keine Notiz nehmend. Ich kannte den Grundriss der Wohnung und wusste, wo sich das Schlafzimmer befand. Eine Katze sprang auf ein Sofa neben mir und mauzte leise. Ich strich ihr über den Kopf und sie rieb sich schnurrend an mir.
„Keine Zeit für dich, Kitty“, sagte ich leise und schlich weiter, doch die Katze schlich um meine Beine und behinderte mich.
Ich bückte mich, packte sie vorsichtig und öffnete eine Tür, von der ich wusste, dass das Bad dahinter lag. Ich setzte die Katze ab und schloss die Tür. Da drin würde sie gut aufgehoben sein, bis ich hier fertig war. Lautlos schlich ich weiter bis zum Schlafzimmer. Die Tür ließ sich geräuschlos öffnen und ich stand wenig später vor dem großen Bett und blickte auf die beiden Schlafenden hinab. Ich beugte mich hinab und legte der Frau eine Hand auf den Mund. Augenblicklich erwachte sie und riss die Augen auf. Von ihrer plötzlichen Bewegung alarmiert, erwachte auch Romanow. Er blickte geradewegs in die Mündung meiner Pistole und erbleichte.
„Beweg. Dich. Nicht!“, sagte ich kalt, dann sah ich in die verängstigten Augen der Frau hinab, ohne die Waffe von Romanow zu lassen.
„Du stehst jetzt ganz langsam auf und gehst zum Schrank, Kleine. Dann öffnest du ihn, gehst hinein und schließt ihn wieder. Du kannst wieder rauskommen, wenn du bis Fünfhundert gezählt hast. Erst dann darfst du schreien. Hast du das verstanden?“
Sie nickte und ich nahm meine Hand von ihrem Mund. Sie erhob sich eilig aus dem Bett und floh in den Kleiderschrank, wie ich ihr befohlen hatte. Mein Blick kehrte zu Romanow.
„Wer bist du?“, fragte er panisch. „Was ... was willst du von mir? Geld? Ich kann dir viel Geld geben. Ich hab einiges im Tresor. Auch Schmuck. Ich ... ich kann meine Bank anrufen und ...“
„Ich will dein Geld nicht!“, sagte ich kalt. „Ich bin gekommen, um dich zu exekutieren!“
Er erbleichte und machte Anstalten, zum Bettrand zu rutschen. Ich ergriff ihn und riss ihn zu mir heran. Er schrie. Ich hasste Kerle, die schrien. Es gab Frauen, die mehr Mum in den Knochen hatten, als dieser Jammerlappen. Sofort gingen meine Gedanken zu der Rotblonden von gestern. Ich war mir sicher, dass sie nicht schreien würde. Sie würde mir mit ihren schönen Augen direkt ins Gesicht blicken.
„Bitte!“, winselte Romanow. „Ich weiß, jeder hat seinen Preis. Was ist mit der Kleinen? Du kannst sie haben. Und Geld! So viel du willst!“
„Du würdest mir deine Freundin anbieten?“, fragte ich.
„Ja! Ja, du kannst mit ihr machen, was du willst. Nur lass mich ...“
Ich richtete meine Waffe auf seine Genitalien und schoss. Er schrie gellend auf und schluchzte.
„Ich habe keinen Respekt für Männer, die sich hinter einer Frau verstecken. Deine Freundin ist sicher vor mir. Ich werde ihr kein Haar krümmen. Was dich anbelangt, so kann ich dasselbe leider nicht versprechen.“
Ich drückte den heulenden und schreienden Versager auf das Bett und legte meine Waffe auf den Nachtschrank, außerhalb seiner Reichweite, um mein Messer zu ziehen. Ohne auf Romanows Gezeter zu achten, zog ich die scharfe Klinge durch seine Kehle. Sein Schreien verwandelte sich in ein Gurgeln und erstarb schließlich ganz. Emotionslos starrte ich auf mein Werk hinab. Dann tauchte ich einen behandschuhten Finger in sein Blut und malte den Buchstaben T auf seine Stirn. Und weil mir danach war, noch ein C auf seinen Bauch, oberhalb seiner verstümmelten Genitalien. Denn dieser Mann war nicht nur ein Verräter. Er war auch ein Feigling gewesen. Anstatt dem Tod würdig zu begegnen, hatte er mir tatsächlich seine Freundin anbieten wollen. So ein Hurensohn! Angewidert wandte ich mich ab. Ich warf einen letzten Blick auf den Schrank, aus dem leises Schluchzen zu hören war, und verließ schließlich das Penthouse.
Miriam
Er hatte schonwieder zugeschlagen. Romanow war tot. Diesmal gab es eine Zeugin. Die Freundin des Opfers war bei dem Mord zugegen gewesen. Versteckt in einem Schrank, wie der Killer ihr befohlen hatte. Er hatte eine Maske getragen, doch sie beschrieb ihn als ungewöhnlich groß. Über zwei Meter. Und breit wie ein Schrank. Die Beschreibung passte zu gut auf den unheimlichen Albino, den ich am Tag vor dem Mord vor Romanows Bürogebäude gesehen hatte. Das war kein Zufall! Der Albino musste der Mörder sein. Ich müsste eigentlich zur Polizei gehen und melden was ich gesehen hatte. Ich war in der Lage, eine gute Beschreibung abzugeben. Lediglich seine Augen hatte ich nicht gesehen. Doch irgendetwas hielt mich davon ab, diesen Schritt zu unternehmen. Er schien zumindest nicht vollkommen gewissenlos zu sein, sonst hätte er auch das Mädchen getötet. Merkwürdigerweise wich dieser Mord ein wenig von den anderen ab. Erstens hatte der Killer Romanow die Genitalien weggeschossen und zweitens hatte er nicht nur ein T auf die Stirn, sondern auch ein C oberhalb der Genitalien geschrieben. Wofür standen diese Buchstaben? Das T könnte für Traitor ( Verräter) stehen. Was wiederum ein Hinweis auf das Motiv sein könnte. Waren alle Opfer Verräter gewesen? Und wenn ja, wen hatten sie verraten? Und was? Worum ging es? Um DMI? Die Alien Breed? Ich war sicher, dies war ein Schritt in die richtige Richtung. Doch wofür stand das C? Und warum war es nur bei Romanow verwendet worden? Hatte die Platzierung, oberhalb der zerschossenen Genitalien, etwas damit zu tun?
Vielleicht würde ich der Sache näher kommen, wenn ich mich mit den drei verbliebenen potenziellen Opfern beschäftigte. Ich würde heute mit der Beschattung von Louisa Montiago beginnen. Sie hatte neben Romanow gesessen. Wenn der Killer weiter nach dem Muster vorging, dann arbeitet er die gesamte Sitzbank in der Reihenfolge ab, wie die Anwesenden gesessen hatten. Das machte Louisa zum nächsten Opfer. Sollte ich diesen Albino auch dort bemerken, dann würde ich zur Polizei gehen. Ich musste! Ein Schauer überkam mich bei der Erinnerung an den Mann, der mich um mehr als einen Kopf überragt hatte.
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