Natascha Young - Escort Weihnachten

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"Wer von uns ist jetzt der Sexist?", erkundigte ich mich. Doch unwillkürlich wanderte mein Blick zu ihrem Mund. Und wieder überlegte ich, wie sie wohl ohne ihre Verkleidung aussah. «Vielleicht solltest du erst einmal duschen und dir was anderes anziehen?»
"Das ist zwar die beste Idee des Tages, aber nein …" Susie stellte sich auf Zehenspitzen und hauchte mir einen Kuss auf die Lippen. «… ich denke, du wirst die Katze im Sack kaufen müssen.»
"In diesem Fall wohl eher den Engel im Sack", meinte ich und vertiefte das Spiel unserer Lippen. Erst nach Sekunden drehte sich Susie lachend in meinen Armen um und verschwand nach wenigen Metern in ihrem Zimmer, nur um mir frech zuzurufen: «Wie auch immer: Lass dir was einfallen! Ich bin verwöhnt!»
Einen Bruchteil später war ich ebenfalls im Zimmer, hatte innerhalb weniger Augenblicke die Gegebenheiten geprüft und beinahe genauso schnell saß ich auf einem Hocker, Susie über meine Knie gelegt. Sie hatte nicht einmal begriffen, was ich tat, da hatte ich schon ihren Rock hochgeschoben und ihre Beine entblößt. Sehr schöne Beine.
Als ich den Stoff höher schob, fing sich meine Gespielin. «Was glaubst du, tust du da gerade?»

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Nicht ganz so sanft erging es meinem Koffer, den sie in bester Albino-Mannweib-Tradition auf den Rücksitz beförderte und zu meiner Überraschung anschnallte.

Erst dann stieg sie ein und reichte mir die Tüte, die auf dem Fahrersitz gestanden hatte.

»Ich muss mich für Markus entschuldigen.« Susie schüttelte den Kopf, als könne sie gar nicht fassen, dass mir ein Freund so etwas antat. »Er hätte dich wirklich vorwarnen sollen.«

»Vorwarnen?«, hakte ich nach. Würde es etwa noch schlimmer werden?

»Jep!«, bestätigte Susie vermutlich meine Frage und nicht meinen Gedanken. Trotzdem wagte ich einen Blick in die Tüte, holte eine Perücke raus und beäugte sie ungläubig. Da Susie nichts sagte, wühlte ich mich weiter und fischte rote Hörner hervor.

»Warte, bis du meinen Heiligenschein siehst«, murmelte Susie und wirkte, als müsse sie jeden Moment loslachen. Immerhin war ihr schrecklicher Dialekt verschwunden.

»Heiligenschein?«, echote ich ungläubig und vergaß den Dialekt. Sollten Engel nicht … ich weiß nicht … schön sein?

Meine Fahrerin sah mich mit gerunzelter Stirn an und ich überlegte, ob ich den Gedanken laut ausgesprochen hatte. Hatte ich wohl nicht, denn meine seltsame Weihnachtsbegleitung meinte: »Das Motto ist: Weihnachten out of hell.«

Sie lachte leise: »Und nur weil die Kids dabei sind, konnten wir Fi davon überzeugen, Blut und Zombies wegzulassen.«

Wider Erwarten musste ich bei dem Gedanken an blutige Weihnachten ebenfalls lachen. Zum einen, weil es mich daran erinnerte, wovor Markus mich eigentlich hatte retten wollen und zum anderen weil ich plötzlich die Hoffnung hatte, dass zurzeit nichts an Susie echt war. Weder der Dialekt, noch die Haare, noch das Albinohafte.

»Was bist du?«, erkundigte ich mich deswegen halbwegs mutig.

Meine Begleiterin nutzte den Umstand, dass wir an einer Ampel standen und zog eine ihrer weißen Haarsträhnen nach vorne und beäugte sie skeptisch. »Geist der Weihnachten? Albino-Engel?«, riet sie und verzog ihre Lippen zu einem schlecht geschminkten Grinsen. »So sicher bin ich mir auch nicht und ich habe mich nicht getraut zu fragen.«

»Hattest du Angst vor der Antwort?«

»Genau das!«, bestätigte sie.

»Will ich wissen, was ich darstellen soll?«

»Nein«, sie schüttelte energisch den Kopf. »Ich bin mir ziemlich sicher, dass du das nicht möchtest!«

»Ich sehe ein Nikolauskostüm?!«, fragte ich trotzdem.

»Deswegen hat dir Markus also nichts gesagt?«, riet Susie frech. »Weil du sowieso nicht gehört hättest?«

»Vermutlich!«, gestand ich und zog das Kostüm aus der Verpackung. »Also wenn du mich fragst, ist das ein Messer und muss dem Nikolaus quasi durch den Kopf gehen – oder zumindest so aussehen?!«

»Ich bring Fi um!«, murmelte Susie leise und bog von der Straße in die Pampas ab, was auch gleich die Erklärung für den Zustand des Wagens war, und fügte hinzu: »Auch für mein grottenschreckliches Kostüm!«

Ehrliche Weihnachten

Nach einer halben Stunde Fahrt, während der ich nicht wusste, ob ich lachen oder weinen sollte, kamen wir in einer kleinen Siedlung an und hielten schließlich auf dem Parkplatz eines mickrig wirkenden Fotostudio.

»Echt jetzt?«, entfuhr mir entsetzt.

»Ist eine Familientradition«, erklärte Susie ein wenig pampig und ich öffnete den Mund, um eine Antwort zu geben, die ihrem Tonfall entsprach. Ganz im Sinne von: Wie es in den Wald hineinschallt, schallt es auch aus ihm heraus.

Dann sah ich, dass sie den Tränen nahe war.

»Hei, was ist los?« Was hatte ich nicht mitbekommen?

»Tut mir leid, wenn du nicht mitkommen möchtest, verstehe ich das.« Sie schniefte. »Ich würde auch nicht mit mir gesehen werden wollen – oder mit mir und meine Familie Weihnachten feiern.«

Geistig trat ich Markus in den Arsch. Von wegen toller Weihnachtsfeier und super Silvester. Schon wieder war ich mit einer Geisteskranken gestrandet – dieses Mal nicht nur für mehrere Tage am Arsch der Welt sondern auch noch auf meine Kosten!

»Ich dachte, du bist Weihnachtsverrückt und deine ganze Familie liebt die Feiertage?«, versuchte ich trotzdem wieder auf eine normale Konversationsebene zu kommen.

»Nicht mehr!«, gab sie zu. »Ich hasse Weihnachten!«, behauptete sie voller Inbrunst. »Ist einfach nicht mehr mein Fest.« Sie lachte, obwohl ihr Tränen die Wangen hinabliefen. »Das fing irgendwie vor sieben Jahren an, als Gerald, mein Verlobter, ausgerechnet an Heiligabend mit mir Schluss gemacht hat. Vor sechs Jahren kam meine damals beste Freundin vorbei und war der Meinung, sie müsse sich und ihre Liebe zu mir ausgerechnet bei unserem Familienessen outen. Vor fünf Jahren stand plötzlich die Ehefrau meines neuen Freundes vor der Tür. Und damit meine ich die aktuelle Ehefrau und nicht etwa, dass die beiden in Scheidung lebten. Vor vier Jahren bin ich verhaftet worden, weil die Polizei gedacht hat, ich würde zu Hause einbrechen – dabei war ich eine Weihnachtselfe. Meine Eltern hat natürlich niemand angerufen – erst am nächsten Morgen und ich durfte alleine in einer Zelle Weihnachtslieder singen.«

»Wow!«, kommentierte ich. »Du bist gar nicht wahnsinnig!«

Sie sah mich so überrascht an, dass ich mich für den Ausspruch schämte und hinzufügte: »Du hast einfach nur wahnsinnig viel Pech gehabt.«

»Du anscheinend auch?«, erkundigte sie sich. »Bist mit jemanden, der wahnsinnig viel Pech hat und blöde ausschaut auf einer Insel gestrandet.«

»Glaube mir, bis jetzt ist es noch nicht das schlimmste Weihnachten.«

»Ist klar!«, meinte sie zynisch.

»Ernsthaft, auf meiner Top Eins ist das Weihnachtsfest, bei dem meine exzentrische, eifersüchtige Freundin alle Geschenke im Garten verbrannt hat – und den Baum gleich dazu.«

Mia sah mich an und langsam versiegten ihre Tränen. »Deswegen hat dich Markus hierher gelotst?«, erkundigte sie sich. »Weil es nicht mehr schlimmer werden konnte?«

»Vermutlich!«, gab ich zu.

Einen Moment lang sahen wir einander an, dann mussten wir beide lachen.

»Wollen wir Weihnachten gemeinsam hassen?« Ich reichte Susie ein Taschentuch.

»Klingt nach einem sehr romantischen Date!«, stimmte sie zu und schnäuzte sich ganz profan die Nase. Dabei blieb ein Großteil ihres Makeups an dem Papier hängen.

»Ich glaube, wir müssen dich Nachschminken, bevor wir reingehen?!«, meinte ich und deutete auf das Rot.

»Mist!« Susie kramte ihre Handtasche nach vorne und wühlte in ihr herum. »Vor drei Jahren hat Fiona uns auf die Insel eingeladen und diese schreckliche Tradition begonnen, damit wir uns alle gemeinsam blöde fühlen und lächerlich machen – nicht immer nur ich.«

»Ist doch sehr süß!«, behauptete ich. Eigentlich genauso süß, wie Toms Idee, mich zu dem kleinen Albino-Engel zu lotsen.

»Guck mich doch an!«, protestierte Mia. Sie klopfte auf ihre dicken Klamotten. »Ich sehe schrecklich aus!«

»Stimmt!« Ich holte mein Kostüm raus. »Aber das tun wir dann wenigstens alle.«

»Wollen wir dich auch noch schminken?«, erkundigte sich Susie unschuldig.

»Bist du irre?«, entfuhr mir.

»Ich denke, das hatten wir gerade geklärt?« Sie versuchte böse zu klingen, hatte ihre Lippen aber nicht genug unter Kontrolle, um nicht nach dreißig Sekunden in ein herzhaftes Lachen auszubrechen.

»Mist!«, meinte sie, als sie sich über die Augen wischte und abermals Makeup verschmierte. Ich schnalzte missbilligend, denn jetzt sah sie aus wie ein durchgeknallter Engel auf LSD, was noch schrecklicher aussah, als die Albino-Version.

»Warte!«, befahl ich und hielt ihre Hand fest. »Ich mach das!«

Entschieden nahm ich ihr die Schminkkassette aus der anderen Hand und deutete nach oben. »Der Spiegel ist doch sowieso kaputt.«

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