Kurt Baldauf
Welle 1 - 8
La Isla que no es
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Inhaltsverzeichnis
Titel Kurt Baldauf Welle 1 - 8 La Isla que no es Dieses ebook wurde erstellt bei
Welle 1 - 8 Welle 1 - 8
WELLE I
WELLE II
WELLE III
WELLE IV
WELLE V
WELLE VI
Welle VII
Welle VIII
Impressum neobooks
® kurt.baldauf@gmx.ch
Jacko stand zwischen Touristen und Geschäftsleuten, die mit anscheinend klarem Ziel in verschiedene Richtungen verschwanden oder auf ihr Gepäck warteten.
Sein Flug war vor wenigen Minuten in Südafrika gelandet und er hatte noch beim Anflug versucht, nicht zu erwarten, dass er Amy am Flughafen wiedersehen würde. Obwohl er ihr seine Ankunftsdaten geschickt hatte, kam sie in der Planung dieses mehrmonatigen Afrika-Abenteuers höchstens in seinen Träumen vor und seine Projekte würden auch ohne Amy funktionieren.
Trotzdem war er von der gegenwärtigen Situation überfordert.
Eigentlich gab es für Jacko genug andere Gründe, nach Afrika zu fliegen. Aber Amy war einer der Leitsterne gewesen und er hatte damit gerechnet, sie Heute wiederzusehen. Das wurde ihm soeben schmerzhaft bewusst, weil dieser Stern gerade verglühte und noch dazu drohte, alle anderen Sterne mitzureissen.
Plötzlich verschwanden Geräusche und Stimmen im Hintergrund und wurden von einem Rauschen in seinem Kopf übertönt, das ihn schwindlig machte.
*
Seit sie sich vor einem halben Jahr kennen gelernt hatten, war kein Tag vergangen, ohne dass er an sie dachte. Das war absurd, denn Amy hatte auf keinen seiner Briefe geantwortet. Wieso auch? Schliesslich hatten sie noch Gestern mehr als zwölftausend Kilometer voneinander getrennt und es war unwahrscheinlich, dass sie sich jemals wiedersehen würden. Das war eigentlich schon in Spanien klar gewesen, als sie am Ende einer 2200 Kilometer langen Wanderung zusammen auf einer Klippe standen und beobachteten, wie sich weit unten zwei grosse Meeresströmungen in einer Schaumkrone vereinten, die bis zum Horizont reichte.
Amy und Jacko waren damals am Ende einer dreimonatigen Wanderung angelangt und sie standen auf einer Klippe in Galizien, die einmal das ‚Ende der Welt‘ gewesen war.
Ohne sich unterwegs zu begegnen, hatte jeder auf seinen eigenen Wegen viele Wochen und Monate auf diesen Moment gewartet und auf oft einsamen Kilometern hart gekämpft, um dieses endgültige Ziel zu erreichen. Erst auf den letzten Kilometern der Wanderung waren sie zum ersten Mal aufeinander getroffen, aber sie sahen gemeinsam, wie die Wellen des Atlantiks in der rotglühende Sonne brachen, die in diesem Moment hinter den Ausläufern des Caps versank.
Es gab damals für beide mehr als genug Gründe zum Feiern und sie feierten zusammen. Ein halbes Jahr später war Jacko in Südafrika und an einem anderen ‚Ende der Welt‘. Obwohl er erneut eine lange Reise hinter sich hatte, gab es diesmal aber wenig Gründe zum Feiern.
‚Ich sollte sie besser vergessen‚‘ sagte er sich, nicht zum ersten Mal, aber diesmal ernsthaft.
*
Jacko hatte früh in seinem Leben begonnen, alle möglichen Grenzen auszutesten. Oft genug hatte er diese auch überschritten. In negativen, wie auch in positiven Bereichen und er fragte sich gerade, ob das hier und jetzt auch wieder eine solche Grenzerfahrung war.
Er hatte schon immer versucht, herauszufinden, ob es etwas Namenloses gab, das hinter allen ihm bekannten Grenzen lag und er war davon überzeugt, dass sich jeder seiner Träume erfüllen konnte, wenn er an ihn glaubte und wenn er bereit war, dafür zu kämpfen. Spätestens seit jener Riesenwanderung war ihm kein Ziel mehr zu weit und kein Traum zu fantastisch.
Afrika war einer dieser Träume. Bereits vor vielen Jahren zum ersten Mal geträumte, hatte er diesmal ohne zu Zögern seine sichere Anstellung gekündigt und alle seine Kräfte auf das Ziel Südafrika konzentriert.
Auf das ‚Kap der Guten Hoffnung‘, am Ende eines vermeintlich paradiesischen Landes und am Ende eines riesigen Kontinents. Auf Südafrika, das Land von so vielen überragenden Persönlichkeiten und nicht zuletzt natürlich : Amys Land.
*
Jacko setzte sich auf eine Bank vor dem Flughafengebäude von Kapstadt und rauchte die erste Zigarette seit Istanbul. Erst danach versuchte er, sich der momentan nicht sehr erfreulichen, aber deshalb nicht weniger spannenden Realität zu stellen.
Das Rauschen in seinem Kopf blieb und er stellte sich vor, dass es die nächste Welle war, die ihn aus der nicht gerade erfreulichen Lage heraustragen würde. Die Welle war unterwegs. Er hörte sie ja bereits und sie würde auch kommen.
In ein paar Minuten oder Stunden. Vielleicht auch erst in Tagen oder Wochen. Aber irgendwann ganz sicher. Davon war Jacko nach wie vor überzeugt.
Mit oder ohne Amy.
Die Welle würde kommen.
Die Ereignisse liessen ihm keine Zeit, weiter über Wellen, Romantik und Vernunft nachzudenken, denn als Erstes musste er von diesem Flughafen weg.
Es schien hier keinen öffentlichen Verkehr zu geben und nachdem er endlich ein Taxi gefunden hatte, vielen ihm schon auf der Fahrt nach Kapstadt die vielen Portraits von Nelson Mandela auf. Das war womöglich normal für dieses Land, aber im Empfangszimmer des Hotels, das ihm der Taxifahrer empfohlen hatte, las er die immer gleiche Schlagzeile mehrerer, an der Rezeption aufliegender Tageszeitungen:
‚Madiba – Heute gestorben.‘
Das Rauschen in seinem Kopf wich endlich einer konzentrierten Klarheit.
Vor einem halben Jahr und während Jackos letzten Tagen vor ‚Fisterra‘ war Nelson Mandela ins Spital eingeliefert worden und Jacko wusste schon damals, das dieses Leben nur noch an Maschinen hing, aber eigentlich zu Ende war.
Der Gedanke an Nelson Mandela liess ihn damals den ganzen Tag nicht los und stundenlang wandern, obwohl sein Körper den roten Bereich längst überschritten hatte. Amy, die er an diesem Tag zum ersten Mal sah, wollte damals so schnell wie möglich nach Fisterra‚ und dann zurück nach Kapstadt, um den offiziellen Todestag nicht zu verpassen. Jacko hatte ein halbes Jahr gebraucht, um nach Südafrika zu kommen und war trotzdem keinen Tag zu spät, obwohl ihn der künstliche Todestag des einzigartigen Politikers und Todestage im Allgemeinen nicht sonderlich interessierten.
*
Nachdem er sich in seinem Hotelzimmer eingerichtet hatte, verabschiedete er sich an der Rezeption, um einen Spaziergang zu machen. Die Angestellte, der er seinen Zimmerschlüssel übergab, warnte ihn beim Verlassen des Hotels:
„Be carefull,“
Was meinte sie damit? Es war heller Tag. Trotzdem nahm er den Hinweis ernst und war vorsichtig. Auch während den nächsten drei Tagen, die keine Besserung seiner Situation brachten. Im Gegenteil: einfachste Dinge wurden an diesem fremden Ort zu anstrengenden Problemen und Jacko hatte das Gefühl, alles falsch zu machen.
Als Erstes wurde ihm klar, wie schlecht seine aktuellen Englischkenntnisse waren und das sie kaum ausreichten, um sich auf einem fremden Kontinent, zu seinem ersten Auftrag auf einer 500 Kilometer entfernten Farm durchzuschlagen. Einer Farm, die sich noch dazu irgendwo in der ‚Kleen-Karoo-Halbwüste‘ befand. Die Lage erschwerend funktionierte sein Telefon nicht, weil sein Netzanbieter anscheinend irgendein Problem mit der Telefongesellschaft hatte, die hier in Südafrika den Markt beherrschte.
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