Gela Bayer - Versuchung

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Persönliche Erinnerungen an sehr intensive Jahre in den frühen 90ern: Durch eine ungewöhnlich heiße Affäre schlittert die Hauptfigur ungewollt in ein sich drehendes Schicksalsrad. Eine Familie die ihr den sonst geordneten Alltagstrott durchmischt, bestimmt mehr und mehr ihr Leben. Disziplin, gepaart mit Lebensfreude wechselt mit Zitterpartien und Erfolglosigkeit ab. Denn ein neuer Protagonist betritt die Bühne, mit Charme, gewisser Haltlosigkeit aber auch herrlichem Spaßfaktor. Bis am Ende der Spaß platzt.

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Gela Bayer

Versuchung

Imprint

Versuchung

Gela Bayer

published by: epubli GmbH, Berlin

www.epubli.deCopyright: © 2015 Gela Bayer ISBN 978-3-7375-7857-8 Konvertierung: Sabine Abels / www.e-book-erstellung.de

Die Hoffnung ist der Regenbogen über den herabstürzenden Bach des Lebens

Friedrich Nitzsche

Silvester !

Ich kam etwas spät nach noch schnellen Erledigungen heim. Ich bin Juliette, damals ca. Mitte 40. In der Tiefgarage stellte ich mein Auto auf die Duplex. Vom Kofferraum holte ich mir ein paar Einkäufe und machte mich auf zur Treppe.

Im diffusen Schein sah ich unter dem ersten schrägen Treppenabschnitt etwas, das sonst nicht da war.

Neugierig sah ich genauer hin. Beuge mich etwas vor. Zum Abgas-und Benzingeruch der TG mischte sich abgestandener Mief aus Alkohol und ungewaschenen Klamotten.

Da sagte eine eigenartig krächzende Stimme: „Hey Frau Audi, psst, sag nichts. Sonst fliegen wir noch auf, „ deutete auf noch zwei Gestalten, mit Pudelmützen und Decken vermummt. Da ging ich etwas näher hin und erkannte 3 Obdachlose.

Der Fitteste von denen sagte: „ Ich bin der Charly, er ist der Karli, deutete neben sich und der total Fertige ist Ottl, bekannt dafür daß er etwas wirr ist, spinnt.“

Ich lachte Charly an und meinte : „Keine Sorge, ich verrate Euch nicht. Bleibt ruhig da und versteckt Euch weiters.“ Meine Einkäufe halte ich beidhändig verteilt vor mich auf den Boden abgestützt.

Charly fragte: „Was hast'n da drinne ? Im besten Fall was zum Gurgeln hmm ?“

Er strich sich über seinen filzig-grauen Vollbart, streckte eine Hand aus.

Tatsächlich habe ich mich noch mit einem Sixpack Bier und einem Prosecco eingedeckt und 2 Packungen Zigaretten, die mir nie ausgehen dürfen.

Seine Augen gingen mir durch und durch als mich Charly mit Bettelblick anschaute.

Erstaunlich wache, sehr blaue Augen.

Ich kramte in einer meiner Tüten und zog dieses Sixpack Bier hervor, streckte ihm die Packung entgegen.

Da schoß seine zweite Hand aus dem alten Mantel, er grinste mich an, nahm das Bier und sagte gleichzeitig:

„Super Frau Audi, du hast wenigstens ein Herz für uns, laß mich dir danken, wir haben nämlich nichts mehr zum Feiern.“

„Ja feiern „ meinte ich, „ ist ja heute Silvester.“ „ Aber feiern unter einer Tiefgaragentreppe ist wohl doch nicht das Gelbe vom Ei.“

„Ja was denkst du, in 'ner Tiefgarage ist das für uns wie im Nobelhotel. Draußen ist es heut eisig, da haben wir uns reingeschmuggelt. Jetzt kommst noch du, das ist der Glücksfall für uns.“

Er schaute neben sich zu Karli, aber der schnarchte. Ich wollte gehen, da flüsterte Charly :“ Wo feierst du denn heute?“ Ich erwiderte, auch flüsternd.“ Ich bleib heute daheim, mach es mir gemütlich, sonst nix.“

„Na na Frau Audi, du mußt heut unter die Leut, hör auf mich. Weil, heute hast Glück.Wenn ich's dir sage. Hör auf einen alten Zausel, ich spürs, du erlebst heut Nacht was gaanz Besonderes.

Denk nur nicht wir sind bloß Ga Ga, denn auch wir haben Gefühle und ein Gespür, blöd sind wir auch nicht, also. Ja, gut, der Olli vielleicht , der ist komplett Plem Plem.“„Den schleppen wir aus Mitleid mit, aber er ist harmlos.“

Verschwörerisch zwinkert er mir zu. Mir tat der ' Zausel ' samt seinen Kumpels Leid. Wollte mich nun verabschieden: „ Viel Glück Dir und deinen Kumpanen, gutes Neues Jahr, bleibt so gelassen, bleibt gesund, machts gut ! Laßt euch nicht erwischen heut Nacht. Und Prost Charly.“ Heb die Hand zum Gruß.

Charly hebt zackig seine Hand an die struppige braune Mütze:„Mach's gut und viel Glück.“

Ich steige nachdenklich bis hoch zum 4. Stock, muß an den fast zahnlosen Charly denken.

Höre noch wie erneut das elektrische Tiefgaragentor aufschwingt, denke, hoffentlich werden die drei nicht entdeckt.

Unser Hausmeister war ein wirklich netter Kerl, kümmerte sich um alle mögliche Dinge. Aber diese Obdachlosen würde er nicht akzeptieren können wegen der vielen Hausinwohner. Es ist eine wirklich riesige Wohnanlage mit Park ringsum, samt Laternen und Parkbänken an den verschlungenen Wegen. Der Blick vom Balkon, nachts war äußerst romantisch.

Also, dieser Hausmeister war bestrebt es allen Mietern und Eigentümern recht zu machen. Ich hatte Sorge, er würde diese Penner weg scheuchen müssen.

In meiner Wohnung, endlich, war ich immer noch der Meinung, dass ich gemütlich zuhause bleibe.

Langsam wurde es dunkel. TV an, Couch räkeln, fernsehen.Fernsehen? Denkste.

Charly hat mir einen Floh ins Ohr gesetzt.

Nicht einen Floh den er möglicherweise in seinem fleckigen Schal und Klamotten herumgetragen hat, lachte so für mich.Obwohl, zu lachen gäbe es eigentlich nichts. Penner nennen wir sie. Sind wir nicht alle Arroganzlinge anderen gegenüber welche kein Glück haben im Leben ?Abfällig denken....

Es wird Zeit, wenn ich Charlys Rat folgen soll. Wie gesagt, der Floh saß mir im Ohr, auf der Couch, im Bad, in der Küche, wo ich hin ging war dieser Floh.

Es ist wie wenn man einer Wahrsagerin zuhört, welche irgendwelche Zukunftsvisionen orakelt.

Ist die Prognose gut, warten wir irgendwie auf Erfüllung, ist es schlecht, dann tun wir es ganz schnell ab als Hokuspokus.

Wenn ich mich style, samt Klamotten und Schminke, mich ok finde, dann gehe ich noch aus. So orakelte ich.

Wohin? Silvester-Events oder Bälle sind nur paarweise zu besuchen. Blitzidee, Spielcasino in Bad Wiessee. Warum nicht. Dort sind sowieso nur spielsüchtige Kerls. War schon manchmal da, mit meiner Münchener Clique, viele Jahre zurück.

Hatte tiefhängende Fransenlampen über den Spieltischen in Erinnerung. Dort könnest du sogar nackt am Spieltisch stehen, keiner würde es bemerken. Die Gewinngier schaltet fast alle sonstigen menschlichen Wahrnehmungen aus. So war mein Sinn.

Wählte eine dunkelgraue ¾ lange Leggins, mit Zöpfchenstrang an den Seiten, darunter schwarze seidige Nylons, schwarzes Paillettentop zu einem schwarzen hüftlangen Blazer mit raffiniertem Revers, Wildleder-Highheels. 1990 war das die Mode überhaupt.

Mein kritisches Auge im Spiegel sagte ok.

Gehe wieder abwärts zur Tiefgarage. Schaue vorsichtig unter die Treppe, sehe alle drei friedlich schlafen. Charly hatte zwei Bierflaschen geleert, sie stehen etwas versteckt neben ihm.

Die Autobahn Richtung Holzkirchen von meinem Wohnort aus, war ungewohnt leer. Diese Strecke ist sonst immer stark frequentiert. Irschenberg staubekannt, aber leer in dieser Nacht..Lenkte meinen Audi-Avant von links nach rechts, tanzte mehr oder weniger auf der sonst starkbefahrenen A8.

Bis Ausfahrt Wiessee. Schneefall wird dichter, die Wischerblätter im Stress. Kaum Sicht. Warum tue ich mir das an, dachte ich kurz. Wegen diesem Charly ? Oder wegen Silvester?

Fuhr angestrengt, von Flocken um taumelt. Begeisterung ließ deutlich nach. Sogar meine Winterreifen sind gefordert.Warum tue ich mir das an? Das war mehr und mehr meine Frage. Weil Silvester ist?

Im Radio auch kein Highlight, schob eine selbstgebrannte CD in den Radioschacht. Es ist ein Hobby von mir, selbst brennen von Musik, ich liebte es. Latino-musik, Cha Cha Cha, Rumba, Samba, Mambo u. Jazz, yeah. Oft, wenn ich kaputt von meinem Atelier heimfuhr, machte ich sogar Umwege, um eine neue CD im Autoradio ziemlich laut an zuhören.Denn in der Anlage zuhause mußte ich auf meine Nachbarn Rücksicht nehmen.

Energien kamen zurück. Dichtes Flockengestöber. Weit und breit kein Hinweisschild für Bad Wiessee, ertappte mich beim Gedanken zur Umkehr.

Wie auf Knopfdruck sah ich plötzlich das Schild für Richtung Bad Wiessee. Aha Effekt. Bist also doch bald da. Bog ab, Schilder wiesen den Weg. Parkplatz auch ok. Mußte sehr vorsichtig mit diesen Schuhen, auf verschneitem Weg, bis zum Casinoeingang tänzeln.

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