Wonach es mich sehnte, das hatte ich mein Leben lang herauszufinden versucht. Dem stereotypen Männerbild folgend, hatte ich in der Jugend eine Eroberung nach der Anderen getätigt, doch jene Kerben im Bettpfosten hatten den inneren Hunger nicht dauerhaft zu stillen vermocht. Ganz im Gegenteil, sie hatten ihn verschlimmert.
Warum einem Bus hinterherrennen, in welchem man bereits saß? Warum zum hundertsten Mal den vertrauten und bereits oft erklommenen Körper der Partnerin ersteigen, verheißt er doch weder Neuerung, noch irgendeinen Triumph? Warum reden, reden und immer wieder reden, gab es doch längst nichts mehr zu sagen, war man sich gegenseitiger Liebe erst bewusst und sich darüber hinaus auch vollends vertraut?
Ich war es längst leid, ständig auf der Suche zu sein. Ständig zu darben nach etwas, was ich weder finden konnte, noch verstand. Darum blieb ich in Beziehung und machte gute Miene zum bösen Spiel, die Hoffnung längst aufgegeben jemals zu finden, worauf meine Seele im Grunde seit jeher bestand.
Bis zu jenem Abend jedenfalls, als Lady Anjas Weg und der meine sich ganz unverhofft kreuzten. Jenem Moment, als mein Leben plötzlich Sinn zu haben schien, denn in jener Sekunde, da loderte das fast verglommene Feuer in mir nur um so machtvoller wieder auf.
Heute da ich diese Zeilen als Leibeigener Lady Anjas schreibe, da kann ich mich nicht einfach intim berühren, wenn die Lust in mir aufsteigt. Nicht mal eine volle Erektion ist mir ohne ihre Erlaubnis möglich, um genau zu sein. Da ist sie streng, die bezaubernde Sadistin, sehr streng sogar.
Damals aber, an jenem besagten Sonntagabend mit meiner Frau im Schlafzimmer, war dies noch anders. Mein kleiner Freund baumelte frei und zeigte nach Tagen der Enthaltsamkeit einiges Interesse daran, endlich wieder gestreichelt zu werden. Genüsslich abgemolken wie sonst schließlich jeden Morgen, hatte Petra sich endlich auf den Weg zur Arbeit gemacht, um ganz genau zu sein.
Ein Umstand, welcher die Wochenenden seit Ansteigen sexuellen Desinteresses an meiner Frau zur Zeit der Enthaltsamkeit und des Samenüberdrucks hatte werden lassen. Denn Petra wollte ich weiß Gott nicht mehr ficken, floh ich des Morgens doch geradezu mit Morgenlatte vor ihr aus dem gemeinsamen Bett. Vor Pornos wichsen konnte ich in ihrem Beisein jedoch ebenso nicht. Sie empfand dies als Betrug, es war eine rechte Qual.
Petra arbeitete damals wie heute als Mitarbeiterin im Service einer deutschlandweit vertretenen Bank und musste daher an den Wochentagen des Morgens früh raus. Ich hingegen konnte mir meine Zeit frei einteilen, arbeitete zumeist spät und kam somit meist erst gegen 10:00 Uhr aus der Kiste. Wir wollten die gemeinsame Freizeit beisammen sein, daher hatten wir beim Umzug in die erste gemeinsame Wohnung die blendende Idee gehabt, meinen Arbeitsplatz kurzerhand ins Schlafzimmer zu verlegen, um während meiner Arbeit nicht in getrennten Räumen zu sein.
„Dann bist du wenigstens bei mir“, hatte die mir Angetraute jubiliert und hierbei freudig gestrahlt. Ich damals ebenso, hielt ich ständiges Beisammensein zu Beginn unserer Beziehung doch ebenfalls noch für eine sensationell gute Idee. Times they are a changing, der bekannte Körper wird fad, aber dieses bedrückende Thema hatten wir ja bereits.
Mit einem lapidaren: “Ich schalte jetzt aus Liebling, musst du noch arbeiten oder kommst du zu mir ins Bett?“, gab Petra mir nun zu verstehen, dass in unserer Wohnung ab sofort Flugmodus angesagt war. Also den Fernseher und Deckenfluter aus, den Ton am PC zudem nur noch per Kopfhörer, hatte ich bei der Arbeit doch oft nebenher meine Musik an. Ein Zustand der Ruhe also, welchen ich nur zu gut kannte, arbeitete ich als freiberuflicher Webdesigner doch einzig in unseren vier Wänden und zudem meist des Nachts.
Petra gegenüber gab ich stets an, mich in der Stille der schlafenden Großstadt einfach besser konzentrieren zu können. Wenn die Leute schliefen, würde meine Kreativität erwachen, was auch tatsächlich teilweise stimmte. Den Umstand, dass ich es mittlerweile nahezu fürchtete, mich zeitgleich zu ihr ins Ehebett zu legen und hier eventuell noch Versuche ehelichen Beischlafs abwehren zu müssen? Den hingegen verschwieg ich freilich, wusste ich auch derweil kaum noch so recht wieso.
„Hab den Arsch voll Arbeit, wird bestimmt eine lange Nacht“, log ich meiner Frau damals also mitten ins Gesicht. Wohl wissend, dass die aktuellen Aufträge der Agentur eigentlich noch hätten warten können, hätte ich es denn so gewollt.
Etwas schmollend wünschte Petra mir hierauf eine gute Nacht und ich bereute meinen kleinen Betrug gerade fast ein bisschen, als sie sich demonstrativ von mir ab wandte und es zwischen meinen Beinen augenblicklich zu pochen begann. Zehn, vielleicht fünfzehn Minuten wartete ich noch. Die Angetraute, im Halbdunkel nackt daliegend in den Kissen nach Schlaf suchend, hierbei stets im Blick. Ich wartete, konnte die Anspannung kaum noch ertragen.
Dann aber, als Petras Atmung endlich seicht wurde und sie kurz darauf leise zu schnarchen begann, legte ich los: Kopfhörer auf, Youtube an, die eigens erstellte FSK ab 18 Playlist gestartet – Sexualität konnte so einfach und zwanglos sein!
Hier gab es alles, was das Männerherz begehrte. Zugegeben etwas entschärft, dafür aber ohne lästige Spuren in der Ereignisanzeige des Computers oder dem Verlauf des Internet Explorers zu hinterlassen. Von verräterischen Kreditkartenabrechnungen gängiger Paysites für Schweinkram einmal ganz zu schweigen. Es gibt unauffälligere Wege, glauben sie mir, ich kenne mich da ganz gut aus.
Erste Station, Latex. Ein Fetisch, welchem ich einfach nicht widerstehen konnte und es bis heute selbst dann nicht kann, poppt als Top Suchergebnis aktuell Sophia Thomalla im Blitzlichtgewitter auf dem roten Teppich irgendeiner Preisverleihung auf. Die zweite Haut, so kalt, glänzend und knapp, sie zieht mich von Kindesbeinen an beharrlich in ihren Bann.
Ob „Going to Hell“ von den Pretty Reckless, “Cruel” von den Veronicas, „Infatuated“ von Miss FD oder „Lost Boys“ von den Dum Dum Girls, meine Latex-Playlist ist ebenso umfangreich, wie die Auswahl der Musikvideos selbstredend überwiegend visuell begründet.
Natürlich turnt es an, den weiblichen Gesang zum jeweiligen Star in Rubber zu hören. Bisweilen gar auf den Text zu achten, teast Britney Spears etwa im roten Catsuite den ihr völlig verfallenen "Nur-Freund" oder bietet sich als willige Sklavin an. Im Grunde ist dies allerdings zweitrangig, selbst bei der „Spinne“ der Grausamen Töchter. Einem Song, welcher mein Interesse nur aufgrund des enthaltenen Sadismus, also ohne das Lack-Outfit der Sängerin, garantiert niemals erweckt hätte.
Derart in Stimmung gebracht, surfte ich also alsbald wild durch sämtliche Kanäle. Jedes Video verführte zum Nächsten. Von Public Latex, also in der Öffentlichkeit präsentierter Fetischkleidung, über Ricci beim Skifahren bis zu Stars in Latex, den bekannten Ausschnitten aus Underworld, Matrix und Konsorten.
Ein Auge stets auf die schlafende Gemahlin gerichtet, geilte ich mich so richtig auf. Ich ließ mir Zeit, berührte mich die ganze Zeit nicht einmal flüchtig, stand mein Geschlecht hierzu auch längst in voller Blüte und Pracht bereit.
Ich mochte das, sonntags geil ins Bett zu gehen. Sich so richtig scharf zu machen, bis der Schwanz ordentlich pochte und die Eier prall waren. Wohl wissend, wie viel süßer und intensiver der Moment sein würde, pumpte ich mir die angestaute Samenladung zusammen mit der am folgenden Morgen frisch angewichsten Soße denn endlich hemmungslos aus dem Sack.
So war der Plan, jedenfalls bis zu dem Moment, als unter den nächsten Videos eine Vorschau mit dem Titel: “Valentinstag? Für dich? Wohl eher für mich!“ aufging. Zu sehen war eine attraktive Frau, so weit ich es denn bereits sehen konnte, allerdings nicht ins begehrte Latex gehüllt. Hierfür aber mit einem herzförmigen Luftballon in der Hand, was irgendwie seltsam anmutete.
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