Dirk Bausch - Wie Stalin zum Kalb kam
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Es gibt Tage, die einem alles abverlangen. Ich musste zu einem weit entfernten Bauern, der Mutterkühe auf der Weide hielt. Es war Herr Morgenroth. Da es Sonntag war, entschloss sich meine Frau mitzukommen. Sie wollte wenigstens einen Tag in der Woche mit mir zusammen sein. Nun hatten wir einen Sonntagsausflug mit Kühen vor uns. Auf der Weide erwartete uns das übliche Bild: Eine Kuh hatte Schwierigkeiten bei der Geburt. Es war nur ein Bein vom Kälbchen zu sehen. Allerdings lag zwischen uns und der Kuh eine Entfernung von etwa zwei Kilometern. Und es gab keine Möglichkeit, das Tier in irgendeinen Pferch zu treiben. Bis ich mit dem Auto dort wäre, wäre die Kuh längst weg. Blieb nur, das Tier zu betäuben.
Ich befülte den Narkosepfeil meines Gewehrs mit der üblichen Dosis für Mutterkühe. Eine Milchkuh würde man damit sofort umbringen. Aber in so einem Fall reicht ein Pfeil oft nicht aus. Das Abenteuer kann beginnen.
Ich steige mit dem geladenen Gewehr und einem Ersatzpfeil auf das Trittbrett eines Traktors. Mit meinem Jeep würde ich nicht dicht genug an die Kuh herankommen. Ich war bei der Armee nie ein guter Schütze gewesen, was damals von Vorteil war, mir hier aber eine geringere Distanz abverlangte. Der Bauer fährt mit rasantem Tempo über die Maulwurfshügel. Von meinem exponierten Platz kommen sie mir so hoch wie ein Mittelgebirge vor. Nach mehreren Runden auf der Koppel komme ich in eine günstige Schussposition. Der erste Pfeil sitzt. Nun heißt es, auf die Wirkung des Narkotikums zu warten. Als die Kuh endlich liegt, schleiche ich mich an. Ich bin ihr schon sehr nahe, als sie unvermittelt aufspringt und sofort einen Angriff auf mich startet. Ich versuche zu flüchten. Der entsetzte Schrei meiner Frau hält die Kuh vom Schlimmsten ab. Meine Frau beschließt daraufhin, nie wieder mit mir mitzukommen. Fazit: Die Kuh braucht noch eine Dosis. Endlich schläft die Kuh, und die eigentliche Arbeit kann beginnen.