mehr. Nur noch ein Summen. Mein Nachbar schaut vollkommen unbeteiligt. Plötzlich wird mir ganz leicht, ich denke an meinen Hund. An meinen Hund bevor er heute morgen tot im Flur lag, ich muss lachen, lachen über was? In dieser Situation, ich ärgere mich über mich selbst.
Dann wird mir schwarz vor Augen, ich habe meine Augen offen, aber alles ist wie abgeschaltet, dann weiß ich nichts mehr.
Mein Nachbar hat mir offensichtlich eine Sauerstoffmaske aufgesetzt, mein Ohr schmerzt, ich habe das Gefühl er hat mir mein halbes Ohr abgerissen, als er mir die Maske aufgesetzt hat.
Ich muss wieder lachen, die Stewardess sitzt noch vor der Cockpit Tür und ruft Hallo, Hallo. Aber niemand antwortet aus dem Cockpit.
Ich höre wie Ihre langen Fingernägel an der Tür entlang kratzen, eine Gänsehaut überkommt mich. In meinen Gedanken sehe ich den Copiloten wie er beim Einsteigen der Passagiere vor seiner Tür stand und mitleidsvoll, so schien es mir, die Passagiere begrüßte. Vielleicht war er aber auch nur müde oder mit anderen Dingen beschäftigt. Er nahm Papiere entgegen, bedankte sich artig bei dem Bodenpersonal und schaute den Gang entlang.
Ich erinnere mich, wie wir nach dem Einchecken am Gate ankamen, ich legte meinen Koffer auf das Rollband, den Computer, den Gürtel, meinen Pass. Alles legte ich auf das Rollband, auch mein Leben.
Eine Frau hinter mir hatte eine Wasserflasche im Gepäck. Sie wollte nicht einsehen, die Flasche abgeben zu müssen. Es sei doch nur Wasser. Es erschien mir wie eine Inszenierung oder eine beabsichtigte Provokation. Im Hintergrund sah ich einen Mann, der der Frau mit Blickkontakt etwas zu verstehen gab. Sie waren wohl zusammen hier und führten etwas im Sinn.
Der Sicherheitsbeamte der das Gepäck kontrollierte war mittlerweile sehr aufgebracht, da sich die Frau vehement weigerte ihre Wasserflasche abzugeben.
Während er mit gestikulierenden Armbewegungen der Frau mit der Wasserflasche folgte, die ohne Zögern die Kontrolle passierte, ging der Mann ebenfalls völlig unbehelligt an der Kontrolle vorbei, vorbei zum Flugsteig.
Ich dachte noch, dass dies wohl eine clevere Variante ist, eine Cola an Bord zu schmuggeln. Das klassische Ablenkungsmanöver. Ich vergaß augenblicklich die Situation, da ich in der Plastikbox welche gerade aus dem Röntgengerät lief meinen Gürtel nicht mehr fand. Dann sah ich meinen Gürtel in der Hand eines Sicherheitsbeamten. Er hatte keine Uniform, nur ein schwarzes Hemd an, er gab mir den Gürtel zurück. er sagte nur ,..Entschuldigung Herr.
Ich beobachtete eine Weile eine Frau, die sich am Flugsteig Nasi Goreng mit Sambal bestellte und mit einer Hand Ihr Essen verschlang. Mit der anderen Hand Nachrichten in Ihr Handy schrieb.
Ich wartete eine Stunde, dann begann das Einsteigen in das Flugzeug, alles ging sehr ruhig von statten, es war ja auch schon mitten in der Nacht. Die meisten Passagiere waren wohl schon in Vorfreude auf ein kleines Essen und ein Getränk. In der Hoffnung und Erwartung vielleicht einen Platz neben sich frei zu haben, ein wenig schlafen zu können und am morgen nach einer sanften Landung in Peking aufzuwachen. Oder einen angenehmen Gesprächspartner zu finden um über Gott und die Welt zu sprechen.
Touristen, Künstler, Geschäftsreisende, alle war vertreten an Bord. Die meisten in Erwartung eines Wochenendes in Ihrer Heimat, da es Chinesen waren. Es waren Passagiere vieler Nationen an Bord, Ältere, Jüngere, Kinder die fast noch Babys waren, Kollegen, Freunde, alle an Bord der Boing 777.
Neben mir nahm ein Mann Platz, er gehörte wohl zu einer Gruppe, jedenfalls fragte
er mich, ob ich meinen Platz wechseln würde mit einem seiner Bekannten.
Dann könnten Sie zusammen sitzen und für mich als Alleinreisenden wäre es ja egal wo ich sitzen würde.
Ich musterte Ihn kurz. Wohl in der Überlegung, ob ich Ihm auf Grund seiner höflichen Anfrage und seiner Erscheinung diese Verbesserung einräumen sollte und was mein Geschäft dabei ist.
Ich verwarf meinen Gedanken sofort wieder bezüglich des Geschäfts, da ich mich auch auf das Wochenende freute und nun nicht mehr im Büro war.
Ich nickte nur höflich und wanderte mit seiner Bordkarte zu seinem Platz.
Ich war nicht allein an Bord, meine Platzwahl nebensächlich. Wir hatten einen Auftrag an Bord auszuführen.
Die Frau mit der Wasserflasche nahm vor mir Platz. Ich suchte nach den Kopfhörern in der Ablage. Das Einsteigen war beendet und die Türen wurden geschlossen. Ein wenig später wurde unser Flugzeug zurück geschoben und die Triebwerke wurden angelassen.
In Kürze würde ich das letzte Mal festen Boden unter den Füßen haben, für einige Stunden, wie ich vermutete.
Wir rollten auf die Startbahn, der Flieger beschleunigte, die Nase hob sich und wir waren in der Luft, ich schloss das Rollo am Fenster meines Nachbarn der schon die Augen geschlossen hatte und lehnte mich zurück.
Es ist Freitag, nicht Freitag der 13.. Eher ein Freitag wie so viele Freitage beginnen. Aber dieser Freitag wird alles verändern, nichts wird mehr so sein wie vorher.
Ich schaue aus dem 28. Stock meines Appartements, 15 Monate bin ich hier in Kuala Lumpur, die Stadt pulsiert. Heute morgen als erstes habe ich Fotos aufgenommen.
Fotos aus dem Fenster geschossen, hinweg über die Stadt in Richtung Süden. Die Sonne kann ich nicht sehen, unser Haus hat 33 Stockwerke und die Sonne wirft über unseren Hotelkomplex Licht von hinten wie auf eine große Bühne.
Vor uns ist alles in ein diffuses Licht getaucht. Jetzt am Morgen entfaltet die Sonne Ihre Kraft und heizt die Wolken an.
Die Wärme flimmert und die Wolken steigen auf. Der wunderschöne blaue Himmel ist nach einer Stunde grau, kleine Cirruswolken kündigen den Regen an. Ich kann die Petronas Towers sehen, heute sind Sie nicht in den Wolken, mit 452 Metern überragen Sie unsere Stadt. Manchmal kann ich nur die Spitze sehen. Wenn der Wind nicht von der See weht und die Autos mit Ihren Abgasen alles in einen grau gelblichen Schleier hüllen. Heute jedoch ist es wunderschön, ein wunderschöner blauer Himmel.
Ich komme aus China, mein Name könnte Wang oder Li sein, was spielt es für eine Rolle. Wir alle werden an Bord sein, an Bord dieses Flugzeuges, welches endlos lang durch die Nacht nach Süden fliegen wird. Niemand von uns wird dieses Flugzeug verlassen.
Ich bin nur ein paar Stunden entfernt von dem Augenblick, in dem ich unser Ende kommen sehe, der Flug der im nirgendwo endet, 1500 Kilometer vom nächsten Festland entfernt.
Ich schaue aus meinem Fenster im 28. Stock, die Dusche läuft und Chen Lu singt im Badezimmer. Chen Lu bedeutet Morgentau, der Name ist wie geschaffen für Sie. Am Morgen fällt das Licht auf Ihre Haut und Ihre Haut glänzt wie die See. Wie die ruhige See am Morgen. Ich denke jedes mal wenn ich Sie sehe an den frischen Morgentau, so glatt ist Ihre Haut, ich glaube selbst nach 100 Wellness Wochenenden würde ich nicht das Resultat Ihrer sanften ebenen Haut erreichen.
Chen Lu ist jung, aber nicht so jung wie sie denken. Ich denke Ihr Wesen ist das Wesen einer Jugendlichen, unberührt, emphatisch für die schönen Dinge des Lebens. Sie kommt aus dem Süden Chinas. Ihr Vater ist nach Singapore gegangen, vor langer Zeit auf der Suche nach Arbeit. In Singapur wurde er sehr erfolgreich, er war Bankkaufmann und lernte schnell die Vorteile der Arbeit in
einem großen Unternehmen für sich selbst zu nutzen.
Kleine Gefälligkeiten gegenüber der Kunden erwiesen sich später als nützlich und Menschen die er nur einmal gesehen hatte, erinnerten sich später an Ihn und dankten es Ihm auf eine nicht zu erwartende Art.
Chen Lu´s Vater lernte eine Schönheit einer kleinen benachbarten Insel kennen. Ihr Vater fuhr regelmäßig mit dem Schnellboot nach Singapore um Passagiere aufzunehmen. Um diese in die kleinen Ressorts auf die Insel zu bringen.
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