Bei einem Straßenverkäufer erstehen wir ein leckeres Börek und lassen uns in einer Seitenstraße vor einem kleinen Restaurant auf ein leckeres Bier nieder. Efes gibt es, was sonst. Das bekannteste türkische Bier und seeehr empfehlenswert. So gestärkt laufen am späten Nachmittag den ganzen langen Weg bis zum Hotel zu Fuß wieder zurück. Nur wenige Meter vor dem Hotel sind mehrere Restaurants, deren Besitzer uns draußen schon mit großen Speisekarten in der Hand erwarten und uns zeigen, was sie alles Leckeres anzubieten haben. Auf verlockenden Bildern sind Gerichte abgebildet wie Corba = Suppe, Fisch, Überbackenes und Gemüse-Moussaka. Wir entscheiden uns schließlich für ein Restaurant mit dem Namen „Sultan“, vor dem wir in Blickweite des Hotels draußen unter Platanen sitzen können. Man kann auch mal eben schnell zur Hoteltoilette laufen, was nach einem Blick in die Restaurant“toilette“ ein wichtiges Entscheidungskriterium ist.
Gegenüber ist ein Fischrestaurant, und zwischen den Restaurants läuft immer ein junger freundlicher Hund hin und her, der gerne mit den Touristen schmust. Ein freundlicher junger Mann bringt uns Bier, schäkert ein wenig mit den Damen aus Deutschland und eilt davon, um den nächsten Schwarm potentieller Restaurantbesucher anzukobern. Und hier an diesem lauschigen Platz im Straßenrestaurant zeigt sich die Weitsichtigkeit schneller Kaufentscheidungen: Das Wolltuch vom Hippodrom kommt zum Einsatz, denn abends wird es schon ein wenig kühl. Und was haben wir heute gelernt? Niemals einem Kauf aus dem Weg gehen,denn in Istanbul ist alles schön und irgendwann braucht man es vielleicht auch mal. Und immer einen Blick auf die Toiletten werfen!
Bei einem (bzw. mehreren) leckeren Efes und überbackenem Gemüse lassen wir unseren ersten Istanbul-Tag gemütlich im „Sultan“ ausklingen.
Hagia Sophia, Großer Basar
Das Frühstück genießen wir bei herrlicher Sonne auf der Dachterrasse und machen uns anschließend zu Fuß auf zur Hagia Sophia (Ayasofia), die natürlich für jeden Istanbul-Reisenden zum Pflichtprogramm gehört.
Vor dem Eingang steht gerade eine etwas längere Schlange, die die gleiche Idee hat und wartet, dass sie in die Moschee gelassen wird. Das kann länger dauern, denn das Ende der Schlange verliert sich irgendwo hinter der nächsten Straßenecke. Wir ändern unseren Plan und beschließen, erst einmal eine Stadtrundfahrt mit einem Hop-on-hop-off Bus zu machen, denn der Abfahrtplatz ist ganz in der Nähe vor der Sultanahmet Moschee.
Für den Fall, dass jemand nicht weiß, wo er hingehen muss, stehen überall nette junge Männer und preisen mit Faltblättern in der Hand die Busfahrten an. Sie bringen die Touristen auch direkt zum Bus, wenn es sein muss. Zuerst zum Tickethäuschen und warten. Auch hier steht eine nette kleine Schlange. Als wir endlich dran sind, erklärt uns der freundliche Mann am Schalter etwas.
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Wir lächeln, er nicht. Was haben wir falsch gemacht? Er wedelt mit dem Zeigefinger. „NoTickets today!“ Ratlos sehen wir in die Runde. Ein junger Mann eilt sofort hilfsbereit herbei und klärt uns auf, dass gerade eine Demo stattfindet gegen den Internationalen Währungsfond oder so ähnlich. Darum können die Busse nicht fahren, weil die Straßen um den Taksim Platz abgesperrt sind. Na so was.
Ein Blick zurück zur Hagia Sophia zeigt uns, dass die Schlange sich ein bisschen verkürzt hat. Und Bärbel möchte so so so gerne in die Moschee, die eigentlich ein Museum ist, dass wir beschließen, uns jetzt doch dort anzustellen. Es wird ja wahrscheinlich sowieso niemals ohne Schlange gehen. Der Eintritt kostet für Erwachsene (Tam) 20 Türkische Lire (TL). Das Ticket ist nur gültig am Tag, an dem es bezahlt wurde (Bilet alindigi gun bir kez gecerlidir).
Die Hagia Sophia muss man mögen. Bärbel findet sie ganz wunderbar, ich grusele mich dort ein wenig. Ich finde sie düster und unheimlich.
Man sieht ihr schon von außen an, dass sie ursprünglich keine Moschee war. Die vier Minarette, die sie umgeben, passen nicht zu dem wuchtigen Bau, der wie eine fette Henne auf seinem Hügel sitzt. Geht man den ehemaligen „Reitweg“, einen grob befestigten Rundweg hoch, kommt man in die erste Etage auf eine Empore, auf der sich damals die Frauen aufgehalten haben. Von hier aus kann man durch die Gitterfenster nach unten in die Moschee schauen. Wenn man schwindelfrei ist! Man bestaunt den großen Innenraum mit den bemalten Kuppeln, der ebenfalls an eine christliche Kirche erinnert. Nur die riesigen Schilde mit arabischen Schriftzeichen zeigen an, dass man es hier heute mit einem islamischen Haus zu tun hat. Sehenswert sind natürlich die vielen Mosaike, die die Wände schmücken und alle möglichen Heiligen- und Christusbilder zeigen. Und Gold gibt es! Hier müssen sich die Vergolder tatsächlich eine goldene Nase verdienen.
Durch ein kleines Fensterchen im umlaufenden Rundgang kann man hinübersehen zur Blauen Moschee und sieht gerade noch die Kuppeln und die Spitzen der Minarette. Im Gegenlicht entsteht ein wunderschönes Foto, das unbedingt als Motiv für den Malkurs herhalten muss. Nachdem wir die Hagia Sophia oder auch rote Moschee (weil sie tatsächlich rot ist), die als christliche Basilika gebaut und erst später zur Moschee umfunktioniert wurde, ausgiebig besichtigt haben, suchen wir uns einen Essplatz und finden in einer Seitenstraße ein nettes kleines Restaurant. Man sitzt ein bisschen schief, das liegt aber nur an der Steigung der Straße, der das Restaurant folgt. Der Autoverkehr drängelt sich an uns vorbei und wir beobachten interessiert, wie es möglich ist, auf so wenig Platz mit so vielen Autos zu rangieren. Aber mit einem kräftigem Hupen lässt sich am Ende jede noch so vertrackte Situation meistern. Während wir uns anhand der ausgehängten Bilder das Essen aussuchen, erklärt Rike uns die Grundlagen der türkischen Sprache:
Seker (Scheker) = Zucker , bir = 1, cay = Tee. Also: bir cay für Rike und Brigitta, bir Efes für Bärbel und bir für mich. Der Restaurantbesitzer freut sich.
Hinter uns kommt gerade ein Lastenträger mit einem riesigen Holzgestell auf dem Rücken die Straße hoch. Das Holzgestell ist bis über seinen Kopf hinweg vollgestapelt mit zugeschnittenen Anzughosen.
Die werden von dem Träger nebenan in die Schneiderei getragen. Kaum ist der eine Träger im Haus verschwunden, kommt der nächste aus der Tür heraus und bringt zusammengenähte Hosen zur nächsten Näherei.
Wahrscheinlich werden dort die Reißverschlüsse eingesetzt usw. Auch eine Art von Fließband. Gut gestärkt wollen wir jetzt den Großen Basar suchen, von dem wir schon so viel gehört haben. Bärbel braucht eine Decke und ich brauche eine Lampe. Auf unserem Weg fällt uns rechts ein Gebäude auf, dass aussieht wie zwei Kuppeln mit „Weckgläsern“ oben auf dem Dach. Was kann das sein?
Da steht es am Eingang: Cemberlitas Hammami. Ein Hammam also.
Oh, das sieht ja gut aus auf den Fotos. Der Eintritt kostet hier 95 Lire und alles ist dabei. Soll auch alles ganz neu und super sauber sein. Das werden wir uns unbedingt merken. Während wir noch so stehen und unsere „Flyer“ einstecken, erklingt der Muezzin von der Blauen Moschee. Allllaaaaaaahhhh.....ch. Er singt ein Stück und macht Pause. In die Pause fällt ein anderer Muezzin von rechts ein und singt das gleiche Stück. Alllllaaaaaahhhhhh.......ch. Pause. Weiter von links – Pause – von rechts ..................Das klingt genial, wie die beiden Stimmen immer abwechselnd erklingen. Das müssen wir festhalten.
Brigitta ruft ihre Tochter an und hält das Handy in die Luft. So etwas Schönes kann man gar nicht richtig beschreiben. Da stehen uns doch ein bisschen die Haare hoch. Nachdem diese wunderbare Musik abgeklungen ist, wandern wir weiter zum Großen Basar, der eigentlich der überdachte Basar heißt. Er besteht aus vielen vielen Straßen und Gassen rund um die Moschee in Beyazit. Die Straßen und Gassen hat man früher mit Zeltleinen überspannt, später mit Holz überdacht. Auf diese Weise ist ein Gewirr von Straßen, Sträßchen und Gassen entstanden, in dem man sich ganz wunderbar verlaufen kann. In den verschiedenen Häusern befinden sich Geschäfte, die zum Teil schon seit Generationen im Besitz der gleichen Familie sind. Der Basar ist prächtig, voll, zunächst ein bisschen unübersichtlich, bunt, lebhaft, schön und auch anstrengend, weil man seinen Mund auf Dauerlächeln stellen muss und ununterbrochen „No, thank you“ vor sich hinbrabbelt.
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