Hanna Julian - Alexas Verwandlung

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Alexa sieht gut aus und liebt ihr Leben, denn das besteht nicht nur aus Erfolg im Job, sondern auch aus einer Reihe von bewegten, selbstbestimmten Sexabenteuern. Dass ihr Chef ihr plötzlich nicht mehr aus dem Kopf geht, bringt die zielstrebige Singlefrau bereits leicht ins Schwanken, aber als dann noch eine alte Feindin aus düsteren, längst vergangenen Tagen auftaucht, gerät Alexa in Gefahr. Wird eine gemeine Intrige alles zerstören?

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Hanna Julian

Alexas Verwandlung

Roman

Für Ralf,

der rein gar nichts mit dem Inhalt dieses Buches zu tun hat – dafür aber sonst mit fast allem!

~*~

Alexas Verwandlungist auch als Softcoverausgabe erschienen

ISBN 978-3-7418-1399-3

Kapitel 1

Damals saß ich in einem Erdloch. Die Sonne stand hoch am Himmel und brannte auf mich herab. In regelmäßigem Takt rieselte Erde auf mich nieder, immer dann, wenn eines der anderen Kinder zu dicht am Loch vorbeilief. Ich wollte mir gerne einreden, dass wir Verstecken spielten, doch das taten wir nicht ... nicht mehr. Ursprünglich hatten wir es gespielt, aber plötzlich war die Stimmung umgeschlagen. Meine Gäste hatten sich in wilde Bestien verwandelt, die keine Seele und kein Gewissen zu haben schienen. Sie hatten mich in das Loch gestoßen und nun saß ich dort.

Ich rief nicht. Sie wollten mich doch ohnehin nicht hören. Irgendwann würden sie mich schon wieder herausholen. Es würde nicht leicht werden. Sie würden mich zusammen herausziehen müssen, denn ich war fett. Keine meiner schlanken Freundinnen würde es alleine schaffen können. So saß ich also da und wartete. Ich konnte sie hören. Sie lachten und redeten über alles mögliche. Vor allem über Jungs, übers Fernsehen, über Musik, sogar über die Schule ... nur nach mir fragte keine von ihnen. Dabei war doch dies mein Geburtstag! Ich hatte die Mädchen eingeladen und mir zuvor alles so schön ausgemalt. Es sollte Kuchen geben und Spiele. Vielleicht würden wir uns gegenseitig schminken, Musik hören und genau das tun, was sie gerade taten – über Jungs quatschen.

Kuchen hatte es tatsächlich gegeben, aus dem Supermarkt – zu trocken, aber dafür reichlich.

Die Mädchen hatten die Nasen gerümpft und ihn nicht angerührt. Mama und ich würden noch die nächsten drei Tage davon essen. Sie ließ nichts verkommen und sorgte dafür, dass auch ich nichts wegschmiss. Immer rein damit, war die Devise. Mit meinen dreizehn Jahren sah ich aus wie ein fettes Mastschwein. Zumindest sagten das die anderen Mädchen aus meiner Klasse. Meine Mama nannte mich immer noch ihren Wonneproppen, so, als sei ich ein Baby.

Nach dem Kuchenessen hatte sie uns raus geschickt. Die Mädchen wollten keine Spiele spielen und Mama wollte nicht, dass wir an ihre Schminksachen gingen. Also scheuchte sie uns in den Wald, der nur wenige Meter hinter unserem Haus begann.

Als wir zwischen den dunklen Stämmen immer weiter in das Dickicht vorgedrungen waren, rief Vanessa plötzlich: »Lasst uns Fangen spielen!«

Hätte ich die gleiche Idee gehabt, wäre sie nur auf müdes Gähnen gestoßen. Da es aber die coole Vanessa gewesen war, begann sofort eine wilde Jagd. Ich selbst lief kreischend und lachend davon; erst nach einigen Metern bemerkte ich, dass mich ohnehin niemand verfolgte. Bereits völlig außer Atem stützte ich mich laut keuchend vornüber. Als ich wieder hoch sah, hatten die anderen sich unbemerkt um mich versammelt.

»Alexa ist müde«, sagte Mildred hämisch.

»Alexa ist stinklangweilig«, winkte Lilo ab.

»Alexa schwitzt wie ein Schwein«, schloss Vanessa. Und sie hatte recht damit. Mein T-Shirt war unter den Armen dunkel gefleckt. Die drei hielten sich unter lauten Ekelgeräuschen die Nasen zu. Dann entdeckten sie das Loch im Boden. Ich kannte es längst. Oft genug war ich schon hier gewesen und hatte immer einen großen Bogen um die Vertiefung gemacht. Sie wirkte unheimlich und ich hatte immer die Vorstellung, dass sie sich unterirdisch über Kilometer erstreckte. Das war natürlich Unsinn. Nun saß ich darin und konnte mich überzeugen, dass sie gerade mal ungefähr einen Meter weiterreichte, als man es von oben sehen konnte. Das Loch war immerhin so tief, dass ich mir den Knöchel verstaucht hatte, als sie mich hinein schubsten, und die Wände waren so steil, dass ich nicht alleine wieder heraus kam.

~*~

Warum beginne ich die Erzählung meiner Geschichte gerade bei diesem Ereignis, obwohl ich inzwischen doch längst erwachsen bin und in keinen Erdlöchern mehr herumsitze, sondern im Büro?

Ich beginne wohl dort, weil ich damals durchaus Zeit gehabt hätte, eine Geschichte zu erzählen. Heute habe ich die Zeit eigentlich nicht mehr, aber ich möchte sie mir gerne nehmen und von Anfang an erzählen, denn das erklärt vielleicht einiges von dem, was noch folgen wird. All die erotischen Eskapaden, die aufregenden Abenteuer, das wilde Verlangen, und vielleicht auch die scheinbare Rücksichtslosigkeit meinerseits, das Leben und seine Reize einfach zu genießen. Ja, ich denke, meine Vergangenheit erklärt, warum ich darauf so großen Wert lege. Also versetze ich mich zurück in das Kind von einst, das ich war, und das dringend jemanden gebraucht hätte, der sich seine Geschichte anhört.

~*~

Zur Welt gekommen bin ich in einem Kaff mitten in Deutschland. Na ja, eigentlich wurde ich im Krankenhaus der nächst größeren Stadt geboren, denn eine Hausgeburt hätte meine Mutter niemals in Betracht gezogen. Wie sie mir später erzählte, legte sie viel Wert darauf, rundum versorgt zu sein. Sie wollte ihr Essen gebracht bekommen, sie wollte jedes erdenkliche medizinische Gerät in ihrer Nähe wissen, und sie wollte eine PDA.

Sie sagte, dass sie nicht einsah, warum sie unnötige Schmerzen bei der Geburt ertragen sollte, denn die Schwangerschaft sei anstrengend und unangenehm genug gewesen. So unangenehm, dass ich nie ein Geschwisterkind bekam. Auch fehlte meiner Mutter wohl der nötige Mann dazu, denn mein Erzeuger hatte sich zeitig genug aus dem Staub gemacht, um weder meine nervigen Schreie, noch meine vollen Windeln ertragen zu müssen.

Meine Mutter nahm es wohl mit scheinbarer Gelassenheit hin. Von dem Zeitpunkt an waren Männer so ziemlich das Letzte in ihrem Leben, das sie zu interessieren schien. Einmal fand ich in ihrer Kommode einen großen Gummipenis. Damals wusste ich schon, was für ein Körperteil das ist, doch warum meine Mutter so etwas aufbewahrte, war mir ein Rätsel. In meiner kindlichen Naivität malte ich mir aus, dass sie ein Stück meines Vaters hatte behalten wollen und er ihn ihr freiwillig überlassen hatte. Wenn ich heute darüber nachdenke, wird mir klar, dass ich zu dieser Zeit geradezu nach einem Lebenszeichen meines Vaters lechzte; wie sonst hätte ich auf eine solch abstruse Idee kommen können? Meiner Mutter schien ihr Freund aus Gummi jedenfalls zu genügen, denn ich kann mich nicht erinnern, dass jemals ein Mann unsere Wohnung betreten hatte.

Vielleicht wäre das manchmal gar nicht so schlecht gewesen. Ein Mann hätte ihr sicher von Zeit zu Zeit ganz gut getan. Doch ich bin mir sicher, dass sie nur mein Bestes wollte, und mir daher wechselnde Gesichter am Frühstückstisch ersparte. Meine Mutter tat so vieles für mich, warum also nicht auch der völlige Verzicht auf die Hände und das Glied eines Mannes? Ich erinnere mich, dass sie einmal mir gegenüber von beidem sehr abfällig sprach, so, als müsse man die Spezies Mann als einzelne Körperteile sehen, um sich ein komplettes Bild machen zu können.

Nun, was mich betrifft, so könnte ich mir nicht vorstellen, auf männliche Hände oder Penisse zu verzichten – auch wenn ich den Mann eher als Ganzes betrachte. Auch Männer sind Menschen, aber sagen Sie das mal meiner Mutter. Allerdings geht es mir in erster Linie tatsächlich um den Genuss, weniger um romantische Gefühle. Ich kann es mir leisten. Und ich kann es mir leisten, das so unbescheiden zu sagen, denn nach meiner Wandlung gab es nahezu keinen Kerl, der mich abgelehnt hätte. Und alle spielten nach meinen Regeln. Keiner der Männer, die ich für die Nacht mit nach Hause nahm, hat sich je bei mir darüber beschwert, dass er am nächsten Tag sein Mittagessen ohne mich einnehmen musste. Was nicht heißen soll, dass sie froh gewesen wären, mich nach dem Frühstück zu verlassen. Sie kamen ja wieder. Zumindest der ein oder andere, den ich dazu aufgefordert hatte. In der nächsten Nacht waren sie aber schon nicht mehr ganz so interessant. Der Mann, mit dem ich am häufigsten geschlafen habe, hatte genau fünfmal das Vergnügen, neben mir zu erwachen. Ein sechstes Mal habe ich kategorisch abgelehnt. Das ist zu viel Gewohnheit für meinen Geschmack, wenn man jeden Morgen in das gleiche Gesicht blickt und es zur Normalität wird, statt interessant zu sein.

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