J. Kastner - Kansas City

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Kansas City: краткое содержание, описание и аннотация

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Das Jahr des Herrn 1863 ist eine düstere, hoffnungslose Zeit in Deutschland. Das einfache Volk ist verarmt. Wer Arbeit hat, schuftet für Groschen. Menschen sterben an Hunger und Epidemien.
In dieser Zeit ist »Amerika« ein Wort der Hoffnung und Sehnsucht - ein Land, wo jeder sein Glück machen und zu Wohlstand kommen kann. Ein magisches Wort auch für den jungen Handwerksgesellen Jacob Adler, der zu Unrecht des Mordversuchs beschuldigt wird und aus Deutschland fliehen muss.
Doch sein Leben in Amerika wird härter und gefahrvoller sein, als er es sich in seinen ärgsten Träumen vorzustellen vermag. Ein Abenteuer wartet auf Jacob Adler, wie es kaum ein zweiter je erlebt hat...

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An diesem Julimorgen des Jahres 1863 wurde Kansas City, die große Stadt an beiden Ufern des Missouri, von einem einzigen Wort beherrscht: Mord!

Einer der Männer von dem großen Treck, der am nächsten Tag ins ferne Oregon aufbrechen wollte, war getötet worden. Der Täter sollte ein anderer Auswanderer sein, ein junger Deutscher.

Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer, von Saloon zu Saloon, von Barbier zu Barbier, von Gespräch zu Gespräch. Sie war bald in aller Munde und beschäftigte sämtliche Journalisten der Stadt.

Der grausame Bürgerkrieg, der Nordamerika in zwei Teile spaltete, war für einen Tag vergessen. Der Krieg tobte in der Ferne, aber der Mord war mitten unter den Bürgern geschehen. Und schon wurden die ersten Stimmen laut, die sofortige Vergeltung forderten und nach einem dicken Hanfstrick schrien.

*

Kansas City, am Morgen zuvor.

Ängstlich blickte die junge Frau in dem blauen Kattunkleid über ihre Schulter und wäre dabei fast über einen rostigen, durchlöcherten, mitten auf der Straße liegenden Kübel gestolpert, den sein ehemaliger Besitzer vermutlich einfach aus dem Fenster geschleudert hatte. Der Blick zurück machte ihre Hoffnung zunichte, sie könnte sich in den Absichten der beiden Männer getäuscht haben. Nein, die rauhen, unrasierten Burschen waren noch immer hinter ihr. Der gierige, ihr nur zu sehr vertraute Blick der beiden ungeschlachten Gestalten verriet der Frau, daß es die Fremden auf sie abgesehen hatten. Sie beschleunigte ihre Schritte, so schnell es ihr fast knöchellanges Kleid erlaubte. Aber für ihre Verfolger war es scheinbar kein Problem, mitzuhalten.

Das Mädchen mit dem feuerroten Haarschopf, der unter einem blauweißen Hut hervorlugte, sah sich hilfesuchend um. Es gab genug Menschen, die die Straßen der großen Stadt an diesem Morgen bevölkerten. Aber jeder ging seiner eigenen Wege.

Die verängstigte junge Frau fühlte sich plötzlich ganz allein in Kansas City. Das morgendliche Leben in der Doppelstadt an beiden Ufern des Missouri war von reger, lauter Betriebsamkeit erfüllt, aber es brandete an ihr vorbei.

Frachtkutscher scheuchten ihre Gespanne mit Peitschenknallen und lauten Flüchen durch die vom langen Regen der letzten Tage noch aufgeweichten Straßen, um die Geschäfte mit Waren zu beliefern.

Händler, Barbiere, Sattler, Stellmacher und Schmiede öffneten ihre Läden. Auslagen wurden vor die Türen gestellt und Bürgersteige gefegt.

Am Ende einer Nebenstraße marschierte zackig ein Trupp Unionsinfanterie unter den dröhnenden, abgehackten Kommandos eines Corporals oder Sergeants vorüber. Eine große Garnison unter Brigadier General Thomas Ewing lag in der Stadt, um das über der Sklavenfrage zerstrittene Grenzgebiet zwischen Missouri und Kansas zu befrieden und dafür zu sorgen, daß nicht einer der beiden Staaten aus der Union austrat und sich den konföderierten Südstaaten anschloß, die seit zwei Jahren einen heftigen Krieg gegen den Norden führten.

Trotz all dieser Betriebsamkeit fühlte sich Urilla Andersen allein. Niemand kümmerte sich um sie, warf ihr auch nur einen zweiten Blick zu.

Niemand kam auf den Gedanken, sie zu grüßen wie die ehrbaren Frauen der Stadt, die früh auf den Beinen waren, um ihre Einkäufe beizeiten zu erledigen. Am Abend würde es anders sein, wenn Urilla ihrer Arbeit im Lightheart Palace nachging. Dann würden sich die Männer, die sie jetzt nicht beachteten, um sie reißen, ihre gierigen Arme um sie schlingen und versuchen, mehr von Urilla zu bekommen, als ihnen für den Preis der Getränke, die sie an der langen Bar bestellten, zustand.

Urilla haßte dieses Leben, das sie sich nicht freiwillig ausgesucht hatte. Sie sehnte sich danach, ganz weit weg ganz von vorn anzufangen. In Oregon vielleicht, dem verheißungsvollen Land jenseits der mächtigen Rocky Mountains. Dort, wohin auch ihr Vater mit hoffnungsvollem Herzen aufgebrochen war.

Der letzte Treck, der in diesem Jahr von Kansas City nach Oregon fuhr, würde die Stadt in drei Tagen verlassen. Würde sie mit ihm fahren? Sie hoffte, daß die Entscheidung dieser Frage in ihrem Sinne ausfiel, möglicherweise noch an diesem Morgen.

Falls sie den beiden Verfolgern entkam, die ihre Schritte jetzt noch mehr beschleunigten. Zu schnell für Urilla. Aber sie ahnte den Grund.

Urilla und die beiden Männer durchquerten einen wenig belebten Stadtteil. Die großen, mehrstöckigen, häufig aus Stein erbauten Geschäftshäuser waren windschiefen Bretterbuden gewichen. Nur vereinzelt sah sie hier Menschen, die in der über dem Missouri aufgehenden Sonne dösten, lethargisch geworden durch die Hoffnungslosigkeit ihrer Lage. Es waren in der Mehrzahl dunkelhäutige Menschen, zum Teil erst seit kurzem aus der Sklaverei befreit. Aber das Leben eines freien Menschen konnte genauso schlimm sein wie das eines Sklaven, wenn es an Arbeit, Geld und geeigneten Unterkünften fehlte. Die abbruchreifen Häuser hier am Westrand der Stadt boten nur ungenügenden Schutz gegen die Witterung. Aus einem Haus mit scheibenlosen Fenstern hörte Urilla ein unablässiges, lautes Husten, vielleicht Ergebnis der langen Regenfälle.

Die Schritte ihrer Verfolger wurden noch länger und schneller. Urilla versuchte, ebenfalls schneller zu gehen. Vielleicht konnte sie den Lagerplatz des Trecks erreichen, bevor die Fremden bei ihr waren. Aber sie rutschte auf einer Mischung aus Schlamm und Unrat aus, verlor das Gleichgewicht und stürzte in den Schmutz. Ihr Hut fiel von ihrem Kopf und landete als buntes Boot in einer Pfütze. Als Urilla an sich entlangsah, stellte sie fest, daß ihr Kleid in großen Teilen dunkelbraun statt blau war.

Als sie aufstehen wollte, fielen schon die beiden großen Schatten auf ihr hübsches Gesicht. Urilla sah auf, direkt in die grinsenden Gesichter ihrer beiden Verfolger.

Körperlich wirkten sie sehr ungleich. Der eine, der einen breitkrempigen, hochkronigen Hut und eine Lederweste über einem grünrot karierten Hemd trug, war groß, breit und muskulös.

Sein Begleiter war klein und hager, wirkte aber sehr zäh. Sein sonnengebräuntes, von vielen winzigen Falten durchzogenes Gesicht erinnerte an altes, brüchig gewordenes Leder. Der schmalkrempige Hut mit der runden Krone, wie er eher von Städtern getragen wurde, wollte nicht zu seinem wettergegerbten Gesicht passen. Ebensowenig der dreiteilige braune Anzug. Aber bei näherem Hinsehen erkannte Urilla, daß der Hut speckig und der Anzug abgetragen waren. Die Hose war an den Innenseiten der Schenkel mit Lederflicken besetzt, um sie davor zu bewahren, beim Reiten aufgescheuert zu werden.

Tatsächlich machten beide Männer den Eindruck, als hätten sie lange Zeit im Sattel verbracht. Nicht nur der Schmutz auf ihrer Kleidung wies darauf hin, sondern auch der mehrere Tage alte Bart in ihren Gesichtern.

Noch eins war beiden Männern gemeinsam: Sie waren bewaffnet.

Der Große trug an seinem Gurt einen schweren Revolver und ein langschneidiges Bowiemesser. Der Kleine hatte zwei Waffengurte so umgeschnallt, daß sie sich überkreuzten. Die Holster an beiden Hüften hingen tief. In jedem Holster ragte der im Licht der Morgensonne silbrig schimmernde Griff eines blitz blanken Revolvers hervor. Die Waffen schienen an dem Mann das Sauberste, Gepflegteste zu sein.

Eine dritte Gemeinsamkeit der beiden Fremden war der gierige Ausdruck in ihren Augen. Wenn sie lange unterwegs gewesen waren, hatten sie lange keine Frau mehr gehabt. Vielleicht hatten sie bemerkt, wie Urilla von den sogenannten ehrbaren Bürgern geschnitten wurde, und deshalb beschlossen, sich bei ihr das zu holen, was sie so lange entbehren mußten.

»Hingefallen, Lady?« fragte der Kleine mit blechern klingender Stimme, während er seine Hand nach Urilla ausstreckte. »Darf ich Ihnen helfen?«

Urilla spürte, daß er es nicht ehrlich meinte. Und sie sah es an dem Grinsen, das weiterhin sein stoppeliges Gesicht beherrschte. Trotzdem ergriff sie seine Hand. Es war entwürdigend, vor diesen Männern im Dreck zu liegen.

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