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Michael Crichton: Gold - Pirate Latitudes

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Michael Crichton Gold - Pirate Latitudes

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Buch Auf die Frage, wie er denn solch ein vollendetes Meisterwerk wie den David habe schaffen können, soll Michelangelo geantwortet haben, er habe lediglich all den überflüssigen Marmor entfernen müssen. Die Frage nach Gründen für den immensen Erfolg, den Michael Crichton mit seinem Schaffen von Fiktionen hatte, lässt an diese Pointe denken. Seinen Geschichten haftet nichts an, was nicht dazu dient, die Vorstellungskraft des Publikums zu befeuern. Sein Roman GOLD bleibt dieser Maxime wieder kompromisslos treu; die markanten Figuren, die haargenau umrissenen Schauplätze, die stürmische Handlung – alles steht in dem Dienst, dem Leser ein fulminantes Abenteuer vor Augen zu führen. Dabei hält Crichton sich nicht damit auf, seinen Protagonisten Captain Charles Hunter die romantische Verwegenheit verströmen zu lasen, die von Erol Flynn bis Johnny Depp sämtlichen karibischen Piratengestalten obligatorisch um die Lippen spielt. In GOLD ist keine Zeit für Kostümgeraschel oder Edelmanntümelei, auf ihrem Weg zum fast unmöglich hochgesteckten Ziel bleibt Hunter und seiner Crew nicht mehr Luft zum Atmen als dem Leser. Der Sturmwind über der Karibik sekundiert bei einem packenden Seefahrerduell, und nur er mag wissen, wer dabei Jäger und wer Gejagter ist. Autor Michael Crichton wurde 1942 in Chicago geboren und studierte in Harvard Medizin. Crichton, der seit Mitte der Sechzigerjahre Romane schrieb, griff immer wieder gekonnt neueste naturwissenschaftliche und technische Forschungen auf. Für »Emergency Room«, die international erfolgreiche Serie, schrieb er das Drehbuch. Seine Thriller – darunter »Jurassic Park«, »Enthüllung«, »Welt in Angst« und »Next« – wurden auch als Filme weltweite Erfolge, über siebenundzwanzig Romane und hundert Millionen verkaufte Bücher stehen für sein Werk. Im November 2008 starb Michael Crichton im Alter von 66 Jahren. Titel der Originalausgabe: Pirate Latitudes Originalverlag: HarperCollins Publishers, New York Copyright © der Originalausgabe 2009 by The John Michael Crichton Trust

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Commander Scott beugte sich vor. »Er macht einen guten Eindruck, Euer Exzellenz.«

Sir James knurrte.

»Ich halte viel von einem Mann, der mit Stil stirbt.«

Sir James sagte nichts. Der Karren wurde zum Galgen gerollt und so gedreht, dass der Gefangene zur Menge schaute. Der Henker, Henry Edmonds, trat vor den Gouverneur und verbeugte sich tief. »Einen guten Morgen, Euer Exzellenz, und Euch, Commander Scott. Ich habe die Ehre, den Gefangenen zu präsentieren, den Franzosen LeClerc, kürzlich verurteilt durch die Audencia –«

»Nun macht schon, Henry«, sagte Sir James.

»Wie Ihr wünscht, Euer Exzellenz.« Mit gekränkter Miene verbeugte der Henker sich erneut und kehrte zum Karren zurück. Er stieg zu dem Gefangenen hinauf und legte LeClerc die Schlinge um den Hals, dann ging er nach vorn und stellte sich neben das Maultier, das vor den Karren gespannt war. Einen Moment lang trat Stille ein, die sich ein wenig zu lang hinzog.

Schließlich wirbelte der Henker auf dem Absatz herum und blaffte: »Teddy, verdammt, nun mach!«

Sogleich begann ein Junge – der Sohn des Henkers –, einen schnellen Trommelwirbel zu schlagen. Der Henker wandte sich wieder der Menge zu. Er hob seine Gerte hoch in die Luft und versetzte dem Maultier einen einzigen Schlag. Der Karren setzte sich holpernd in Bewegung, und schon baumelte der Gefangene mit den Beinen strampelnd in der Luft.

Sir James beobachtete den Kampf des Mannes. Er lauschte auf LeClercs raues Röcheln und sah, wie sein Gesicht sich lila verfärbte. Der Franzose strampelte immer heftiger, während er knapp über dem matschigen Boden hin und her schwang. Die Augen schienen ihm aus dem Kopf zu treten. Die Zunge quoll aus dem Mund. Sein Körper fing an zu zittern, wand sich in Zuckungen am Ende des Seils.

»Also gut«, sagte Sir James schließlich und nickte der Menge zu. Sogleich eilten zwei kräftige Kerle nach vorn, Freunde des Verurteilten. Sie packten seine zappelnden Füße und rissen daran, um ihm im Namen der Barmherzigkeit schnell das Genick zu brechen. Doch sie stellten sich unbeholfen an, und der Pirat war stark, sodass er die beiden Männer mit krampfhaften Tritten durch den Schlamm schleifte. Der Todeskampf währte noch einige Sekunden, bis der Körper schließlich jäh erschlaffte.

Die Männer traten zurück. Aus LeClercs Hosenbeinen tropfte Urin in den Schlamm. Der Körper drehte sich langsam am Ende des Stricks hin und her.

»Eine gute Hinrichtung, fürwahr«, sagte Commander Scott mit einem breiten Grinsen. Er warf dem Henker eine Goldmünze zu.

Sir James wandte sich ab, und als er wieder in die Kutsche stieg, kam ihm der Gedanke, dass er ausgesprochen hungrig war. Um seinen Appetit weiter anzuregen sowie um die widerlichen Gerüche der Stadt zu vertreiben, gönnte er sich eine Prise Schnupftabak.

Auf Commander Scotts Vorschlag hin machten sie einen kleinen Abstecher in den Hafen, um nachzusehen, ob der neue Sekretär bereits von Bord gegangen war. Die Kutsche fuhr so dicht an den Kai wie möglich, weil der Fahrer wusste, dass der Gouverneur am liebsten keinen Schritt mehr tat als unbedingt nötig. Der Kutscher öffnete die Tür, und Sir James stieg mit verkniffener Miene hinaus in die stinkende Morgenluft.

Prompt sah er sich einem jungen Mann von Anfang dreißig gegenüber, der ebenso wie der Gouverneur in einem dicken Wams schwitzte. Der junge Mann verbeugte sich und sagte: »Euer Exzellenz.«

»Mit wem habe ich das Vergnügen?«, fragte Almont mit einer leichten Verbeugung. Aufgrund der Schmerzen in seinem Bein konnte er sich nicht mehr tiefer verbeugen, aber er hatte dieses geziert vornehme Getue ohnehin nie gemocht.

»Charles Morton, Sir, Kapitän des Handelsschiffes Godspeed, frisch aus Bristol.« Er reichte ihm seine Papiere.

Almont warf nicht einmal einen Blick darauf. »Was habt Ihr geladen?«

»Wollstoffe aus dem West Country, Euer Exzellenz, und Glas aus Stourbridge und Eisenwaren. Euer Exzellenz hat das Ladungsverzeichnis in der Hand.«

»Habt Ihr Passagiere an Bord?« Er schlug das Ladungsverzeichnis auf und merkte, dass er seine Brille vergessen hatte. Die Liste war ein schwarzer verschwommener Fleck. Er studierte das Verzeichnis leicht ungehalten und machte es wieder zu.

»Ich habe Mr Robert Hacklett an Bord, den neuen Sekretär Eurer Exzellenz, und seine Gattin«, sagte Morton. »Ich habe acht freie Bürger an Bord, die sich als Händler in der Kolonie niederlassen wollen. Und ich habe siebenunddreißig Zuchthäuslerinnen an Bord, die Lord Ambritton aus London schickt, als Ehefrauen für die Siedler.«

»Überaus freundlich von Lord Ambritton«, sagte Almont trocken. Von Zeit zu Zeit ordnete ein Beamter in einer der größeren Städte Englands an, verurteilte Frauen nach Jamaika zu schicken. Das war ein einfacher Trick, um die Kosten für ihre Verpflegung in heimischen Zuchthäusern zu sparen. Sir James machte sich keinerlei Illusionen darüber, um welche Art von Frauen es sich bei der jüngsten Lieferung handelte. »Und wo ist Mr Hacklett?«

»An Bord und packt seine Koffer, zusammen mit Mrs Hacklett, Euer Exzellenz.« Captain Morton trat von einem Bein aufs andere. »Mrs Hacklett hatte eine höchst unangenehme Reise, Euer Exzellenz.«

»Gewiss«, sagte Almont. Es ärgerte ihn, dass sein neuer Sekretär nicht schon am Kai auf ihn wartete. »Hat Mr Hacklett Nachrichten für mich dabei?«

»Ich glaube ja, Sir«, sagte Morton.

»Seid so gut und richtet ihm aus, er möge mich so bald es ihm beliebt in meinem Amtssitz aufsuchen.«

»Das werde ich, Euer Exzellenz.«

»Der Zahlmeister und Mr Gower, der Zollinspektor, müssen gleich hier sein, um Euer Ladungsverzeichnis zu überprüfen und das Löschen der Fracht zu überwachen. Habt Ihr viele Todesfälle zu melden?«

»Nur zwei, Euer Exzellenz, beides einfache Matrosen. Einer ist über Bord gegangen und einer an Wassersucht gestorben. Andernfalls wäre ich nicht in den Hafen eingelaufen.«

Almont stutzte. »Wie meint Ihr das, nicht in den Hafen eingelaufen?«

»Ich meine, wenn einer an der Pest gestorben wäre, Euer Exzellenz.«

Almont runzelte die Stirn in der Morgenhitze. »An der Pest?«

»Euer Exzellenz weiß doch sicherlich, dass in London und in einigen Orten auf dem Lande die Pest ausgebrochen ist?«

»Ich hatte keine Ahnung«, sagte Almont. »In London ist die Pest ausgebrochen?«

»Fürwahr, Sir, vor einigen Monaten schon, und sie breitet sich immer weiter aus. Es herrschen heillose Zustände, und die Zahl der Opfer steigt unaufhörlich. Man sagt, sie wurde aus Amsterdam eingeschleppt.«

Almont seufzte. Das erklärte, warum in den letzten Wochen keine Schiffe aus England eingetroffen waren und er keine Nachricht vom Hofe erhalten hatte. Er hatte noch die Londoner Pest zehn Jahre zuvor in Erinnerung und hoffte, dass seine Schwester und Nichte so geistesgegenwärtig gewesen waren, ins Landhaus zu fahren. Aber er war nicht über Gebühr beunruhigt. Gouverneur Almont nahm Katastrophen mit Gleichmut hin. Er selbst lebte tagtäglich im Schatten von Ruhr und Schüttelfieber, Krankheiten, die Woche für Woche etliche Bürger von Port Royal dahinrafften.

»Ich möchte Näheres darüber hören«, sagte er. »Bitte kommt heute Abend zum Dinner zu mir.«

»Mit großem Vergnügen«, sagte Morton und verbeugte sich erneut. »Ich fühle mich geehrt, Euer Exzellenz.«

»Spart Euch das Gefühl auf, bis Ihr die Kost seht, die diese arme Kolonie zu bieten hat«, sagte Almont. »Noch eines, Captain«, sagte er. »Ich brauche dringend Dienstmädchen für die Residenz. Die letzte Gruppe Schwarze war kränklich und ist gestorben. Ich wäre Euch überaus dankbar, wenn Ihr dafür Sorge tragen könntet, dass die Zuchthäuslerinnen so bald wie möglich in die Residenz gesandt werden. Ich kümmere mich dann um die Verteilung.«

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