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Isaac Asimov: Lucky Starr im Astroidengürtel

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Isaac Asimov Lucky Starr im Astroidengürtel

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Er richtete seine Stoßpistole pfeilgerade über seinen Kopf, löste den Kontakt aus und hielt fest. Er zählte bis sechzig, bevor er den Kontakt losließ, und während der gesamten Minute spürte er auf dem Weg nach unten den Druck gegen den Helm.

Das war eine Verzweiflungstat, denn in einer einzigen Minute verbrauchte er den Kohlendioxydvorrat einer halben Stunde.

Außer sich schrie Dingo: »Du schäbiger Feigling! Miese Flasche!«

Die Schreie der Zuschauer schwollen ebenfalls an.

»Seht mal, wie er türmt.«

»Er ist an Dingo vorbei. Schnapp' ihn dir, Dingo!«

»He, Williams. Kämpf wie ein Mann.«

Wieder konnte Lucky das blutrote Signal seines Feindes erkennen.

Er mußte in Bewegung bleiben. Etwas anderes konnte er nicht tun. Dingo war ein Profi, der einen vorbeiflitzenden zentimetergroßen Meteoriten treffen konnte. Was ihn selbst anging, dachte Lucky voller Reue, so würde er wahrscheinlich Schwierigkeiten haben, Ceres auf einen Kilometer zu treffen.

Er benutzte seine Stoßpistolen abwechselnd. Nach links, dann nach rechts; dann blitzartig nach rechts, wieder links und noch einmal nach rechts.

Das brachte nichts. Es war so, als ob Dingo im voraus wußte, wo es hinging. Er schnitt ihm den Weg ab und näherte sich erbarmungslos.

Lucky fühlte, wie ihm auf der Stirn der Schweiß ausbrach, und dann wurde ihm die Stille ringsumher bewußt. Er konnte sich nicht genau erinnern, seit wann das so war, aber sie hatte wie das Abreißen eines Fadens eingesetzt. Einen Augenblick vorher war da das Geschrei und die Lachsalven der Piraten gewesen, und gleich darauf diese Stille des Weltraums, in dem man nie ein Geräusch hören konnte.

War er aus dem Sendebereich des Schiffes getrieben? Unmöglich! Eingebaute Sender, selbst die primitivsten, reichten im All viele tausend Meilen. Er drehte die Regler auf seiner Brust auf Maximum.

»Captain Anton!«

Aber ihm antwortete nur Dingos rauhe Stimme. »Hör auf zu schreien, ich kann dich verstehen.«

»Auszeit! Mit meinem Radio stimmt etwas nicht.«

Dingo war inzwischen wieder nahe genug heran, um als menschliche Gestalt erkennbar zu sein. Eine blitzende Kristallspur, und er schwebte noch näher heran. Lucky wich zurück, aber der Pirat folgte dicht auf.

»Alles in Ordnung«, sagte Dingo. »Der Sender ist präpariert, das ist alles. Ich habe gewartet, lange gewartet. Hätte dich längst am Tor vorbeipusten können, aber ich wollte abwarten, bis der Sender ausfällt. Hab' nur 'nen kleinen Transistor abgeknipst, bevor du in den Anzug gestiegen bist. Mit mir kannst du dich immer noch unterhalten. Ein, zwei Meilen weit reicht er noch. Das heißt, ein Weilchen kannst du noch mit mir reden.« Sein eigener Witz schien ihm zu gefallen, er lachte bellend.

»Das verstehe ich nicht«, meinte Lucky.

In Dingos Stimme schwang abgrundtiefe Grausamkeit mit. »Du hast mich auf dem Schiff mit dem Blaster im Halfter erwischt. Du hast mich mattgesetzt. Mich wie einen Dummkopf aussehen lassen. Niemand legt mich so rein und macht den Molly mit mir, wenn der Captain dabei ist und lebt anschließend noch lange. Ich spare dich nicht auf, damit dich jemand anders kaltmacht, ich erledige dich hier! Und zwar höchstpersönlich!«

Dingo war jetzt viel näher. Lucky konnte beinahe das Gesicht hinter der dicken Glassitscheibe erkennen.

Seine Ausweichbewegungen gab er auf. Das konnte, so überlegte er, auf Dauer nur dazu führen, daß er ständig ausmanövriert wurde. Er dachte daran, schlicht und einfach die Flucht zu ergreifen, mit wachsender Geschwindigkeit davonzustoßen, bis der Gasvorrat zu Ende war.

Aber was geschah dann? Und würde er es zufrieden sein, sein Leben als Feigling zu beschließen?

Er würde sich einfach wehren müssen. Er zielte mit der Stoßpistole auf Dingo, aber als die Kristallspur durch den Punkt ging, an dem Dingo eben noch gewesen war, war der Pirat längst verschwunden. Er versuchte es wieder und wieder, aber Dingo war ein tanzender Derwisch.

Und dann spürte Lucky den harten Aufprall des Strahls aus der Stoßpistole seines Gegners, und wieder begann er zu kreiseln. Verzweifelt bemühte er sich, der Spiralbewegung zu entrinnen, aber bevor er das bewerkstelligen konnte, merkte er die dröhnende Gewalt eines Körpers, der mit dem seinen zusammenprallte.

Dingo hielt Luckys Anzug fest umklammert.

Helm zu Helm. Visier an Visier. Lucky starrte auf die weiße Narbe, die Dingos Oberlippe in zwei Hälften teilte. Als der Pirat lächelte, zog sie sich zusammen.

»Hallo, Kumpel«, sagte er. »Freut mich, dich zu sehen.«

Als er den Haltegriff der Arme löste, schwebte Dingo einen Augenblick lang davon, oder es hatte zumindest den Anschein. Mit den Oberschenkeln hielt der Pirat Lucky fest um die Knie gefaßt, und mit der Kraft eines Gorillas verdammte er Lucky zur Bewegungsunfähigkeit. Mit seinen drahtigen Muskeln wand sich das junge Ratsmitglied ohne Erfolg einmal nach hier und dann wieder in die andere Richtung.

Dingos teilweiser Rückzug bezweckte nur, daß seine Hände freikamen. Er streckte einen Arm hoch, mit dem Stoßpistolenkolben voran. Er traf das Visier voll, und Luckys Kopf schlug unter dem plötzlichen schmetternden Aufprall ins Genick zurück. Der gnadenlose Arm kam wieder hoch, während der andere sich um Luckys Kopf legte.

»Half die Birne still«, knurrte der Pirat. »Ich bring' das hier zu Ende.«

Lucky wußte, daß dies buchstäblich der Wahrheit entsprach, falls er nicht schnell handelte. Glassit war stark und haltbar, würde Rammstößen mit einem Metallgegenstand nur begrenzte Zeit standhalten.

Er preßte den Ballen seiner behandschuhten Hand gegen Dingos Helm, drückte den Arm durch und schob den Kopf des Piraten zurück. Dingo tauchte mit dem Schädel zur Seite und schüttelte Luckys Arm ab. Zum zweitenmal krachte der Kolben gegen das Visier.

Lucky ließ beide Stoßpistolen los, es kümmerte ihn nicht, daß sie an ihren Verbindungsschläuchen herabbaumelten. Mit sicherem Griff langte er nach Dingos Pistolenkabeln. Er ließ sie durch die Finger seiner Stahlhandschuhe gleiten. Seine Armmuskeln schwollen und zogen sich schmerzhaft zusammen. Er biß die Zähne zusammen und merkte, wie das Blut in den Schläfen zu pochen begann.

Während sich sein Mund in freudiger Erwartung verzog, vergaß Dingo alles um sich herum, außer dem nach oben gewandten Gesicht seines Opfers hinter der durchsichtigen Visierscheibe, das vor Angst verzerrt war, wie er annahm. Noch einmal krachte der Kolben auf das Glassit. Eine kleine sternförmige Bruchstelle erschien dort, wo das Metall getroffen hatte.

Dann gab etwas anderes nach, und das Universum schien verrückt zu werden.

Zuerst ging der eine der Verbindungsschläuche an Dingos Stoßpistolen ab und fast augenblicklich danach der andere. Ein unkontrollierter Kohlendioxydstrom schoß aus den zerrissenen Schläuchen.

Die Schläuche peitschten wie wildgewordene Schlangen umher. Lucky wurde durch die unkontrollierte und wahnwitzigen Beschleunigungen erst an die eine, dann gegen die andere Anzugseite geschleudert.

Dingos Griff lockerte sich, und er schrie überrascht auf.

Sie wurden beinahe von einander getrennt, aber Lucky hielt sich grimmig an der Ferse seines Gegners fest.

Der Kohlendioxydstrom wurde schwächer, und Hand über Hand arbeitete sich Lucky am Bein des Piraten hoch.

Sie schienen jetzt im Raum stillzustehen. Die zufälligen Jetstöße hatten sie noch nicht einmal in ein spürbares Trudeln versetzt. Dingos Stoßpistolenschläuche, inzwischen tot und schlaff, behielten ihre letzte Position bei. Alles schien stillzustehen, still wie der Tod.

Aber das war Einbildung. Lucky war sich darüber im klaren, daß sie jede Sekunde mehrere Meilen in die Richtung zurücklegten, in die der letzte Jetstrahl sie beide befördert hatte. Sie trieben allein und verloren im Weltraum.

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