James White - Die Weltraum-Mediziner

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Das Projekt ist gigantisch: ein Krankenhaus im All, das dafür vorgesehen und dazu eingerichtet ist, selbst den bizarrsten Lebensformen der Galaxis im Krankheitsfall oder bei Unfällen zu helfen. Ebenso ungewöhnlich wie die Patienten sind auch die Ärzte und das Pflegepersonal des Krankenhauses. Dennoch sind nicht immer die geeigneten Spezialisten vorhanden, häufig weiß man nur wenig über Metabolismus, Verhaltensweise oder Krankheit eines neuen Patienten.
Dann beginnt ein Wettlauf mit der Zeit, um die richtige Diagnose zu stellen und die Heilbehandlung einzuleiten. Nicht selten geschieht das erst in letzter Sekunde, am Rand der Katastrophe…

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James White

Die Weltraum-Mediziner

Ullstein Buch Nr. 3331

im Verlag Ullstein GmbH,

Frankfurt/M — Berlin — Wien

Titel der Originalausgabe: Hospital Station

Aus dem Amerikanischen von Heinz Nagel

Umschlagillustration: Kelley Freas

Umschlaggraphik: Ingrid Roehling

1952 by James White

Printed in Germany 1977

White, James

Die Weltraum-Mediziner: Science-

Fiction-Roman / hrsg. von Walter

Spiegl. — Frankfurt/M, Berlin, Wien:

Ullstein, 1977.

ScienceFictionRoman Herausgegeben von Walter Spiegl 1 Der Fremde in - фото 1

Science-Fiction-Roman

Herausgegeben

von Walter Spiegl

1 Der Fremde in OMaras Schlafkabine wog etwa eine halbe Tonne besaß sechs - фото 2

1

Der Fremde in O’Maras Schlafkabine wog etwa eine halbe Tonne, besaß sechs dicke, kurze Gliedmaßen, die ebenso als Arme wie als Beine dienten, und hatte eine Haut wie biegsamer Panzerstahl. Da der Fremde von Hudlar, einer Vier-G-Welt mit einem atmosphärischen Druck von beinahe siebenfach Erdnorm, kam, war ein so massiver Körperbau zu erwarten. Aber trotz seiner ungeheuren Stärke war das Wesen hilflos. O’Mara wußte das, denn es war kaum sechs Monate alt und hatte gerade miterlebt, wie seine Eltern bei einem Bauunfall ums Leben kamen. Sein Gehirn war ausreichend gut entwickelt, um von diesem Anblick einen Schock davonzutragen.

„Ich h-h-h- ich habe den Kleinen gebracht“, sagte Waring, einer der Zugstrahl-Techniker des Abschnitts. Er haßte O’Mara und hatte auch guten Grund dazu, bemühte sich aber, seine Schadenfreude nicht zu zeigen.

„C-c-caxton schickt mich. Er sagt, Sie können wegen Ihres Beins keinen normalen Dienst tun und sollen sich deshalb um das Junge kümmern, bis jemand von seinem Heimatplaneten kommt. Caxton kommt gleich herüber…“

Waring verstummte. Er überprüfte die Verschlüsse seines Raumanzugs und hatte es sichtlich eilig, hinauszukommen, ehe O’Mara den Unfall erwähnen konnte.

„Ich habe etwas von seinem Essen mitgebracht“, schloß er schnell. „Es ist in der Luftschleuse.“

O’Mara nickte stumm. Er war ein junger Mann mit einem Körperbau, der ihn befähigte, aus jedem Raufhandel als Sieger hervorzugehen. Und es hatte bereits eine ganze Menge solcher Prügeleien gegeben. Dazu hatte er ein Gesicht, das grob und kantig geschnitten war und zu seinem Körper paßte. Wenn er jetzt zeigte, wie nahe ihm dieser Unfall gegangen war, würde Waring glauben, daß er das alles nur spielte. Dies wußte er genau. Männern, die so aussahen wie er — das hatte O’Mara schon frühzeitig entdeckt — glaubte niemand, daß sie auch tiefergehender Empfindungen fähig waren.

Als Waring ihn verlassen hatte, ging er in die Luftschleuse, um die „Spritzpistole“ zu holen, mit denen Hudlarer außerhalb ihres Heimatplaneten gefüttert wurden. Während er den Apparat und seine Reservetanks überprüfte, versuchte er, sich die Geschichte zurechtzulegen, die er Caxton erzählen mußte, wenn der Abschnittsleiter bei ihm eintraf. Er starrte in Gedanken versunken durch das Fenster der Luftschleuse auf die einzelnen Bruchstücke des gigantischen Puzzlespiels, die draußen über fünfzig Kubikmeilen Weltraums verteilt waren. O’Mara versuchte nachzudenken. Aber sein Geist wich immer wieder den Einzelheiten des Unfalls aus und wandte sich Ereignissen zu, die in der fernen Vergangenheit oder der Zukunft lagen.

Das riesige Gebilde, das langsam im galaktischen Sektor zwölf, auf halbem Wege zwischen der Mutter-Galaxis und den dicht bevölkerten Systemen der größeren magellanischen Wolke, Gestalt annahm, sollte ein Hospital werden — ein Hospital, wie es noch nie eines gegeben hatte. Hunderte von verschiedenen Umgebungen würden sich hier genau reproduzieren lassen, jedes Extrem an Hitze, Kälte, Druck, Schwerkraft, Strahlung oder Atmosphäre, das für einen Patienten oder seine Pfleger gebraucht wurde. Ein solch ungeheures und kompliziertes Gebilde überstieg natürlich die Mittel eines einzelnen Planeten, und so hatten Hunderte von Welten einzelne Abschnitte fertiggestellt und sie an die Montagestelle transportiert.

Aber es war nicht leicht, die einzelnen Teile zusammenzufügen.

Natürlich besaß jede der betroffenen Welten eine Kopie des Hauptplans. Aber trotzdem kamen Irrtümer vor — wahrscheinlich, weil der Plan in so viele verschiedene Sprachen und Maßsysteme übersetzt werden mußte. Abschnitte, die eigentlich hätten glatt zusammenpassen sollen, mußten oft modifiziert werden, und das erforderte, daß die Abschnitte mehrere Male mit massierten Zug- und Druckstrahlen zusammengeschoben und wieder auseinandergezogen wurden. Das war für die Bedienungsmannschaften eine äußerst heikle Arbeit, denn wenn auch das Gewicht der einzelnen Abschnitte im Weltraum gleich Null war, so blieben doch ihre Masse und ihre Trägheit ungeheuer groß.

Und wenn jemand das Pech hatte, zwischen die sich ineinanderschiebenden Ansatzstücke zweier Abschnitte zu geraten, so wurde aus ihm — ganz gleich, wie widerstandsfähig seine Rasse auch gewöhnlich sein mochte — die beinahe perfekte Wiedergabe eines zweidimensionalen Körpers.

Die Wesen, die gestorben waren, gehörten einer widerstandsfähigen Rasse an, genau genommen der physiologischen Klasse FROB. Erwachsene Hudlarer wogen etwa zwei Tonnen nach Erdnorm, besaßen eine unglaublich harte, aber flexible Oberhaut, die sie nicht nur vor dem ungeheuren Druck ihrer Heimatwelt beschützte, sondern ihnen auch gestattete, in jeder beliebigen Atmosphäre geringeren Luftdrucks bis hinab zum absoluten Vakuum des Weltraums ungehindert zu arbeiten. Außerdem besaßen sie den höchsten bisher bekannten Strahlungstoleranzpegel — und das machte sie zu unschätzbaren Arbeitskräften für die Energiemeilermontage.

Der Verlust von zwei so wertvollen Mitarbeitern seines Abschnittes hätte Caxton natürlich auch unabhängig von anderen Überlegungen wütend gemacht. O’Mara seufzte, fluchte, hob das Fütterungsgerät auf und ging in seine Kabine zurück.

Normalerweise nahmen Hudlarer die Nahrung direkt durch die Haut aus der dicken, suppenartigen Atmosphäre ihres Planeten auf, aber auf anderen Welten oder im Weltraum mußte in gewissen Zeitabständen eine konzentrierte Nährflüssigkeit auf ihre Haut gesprüht werden. Der junge Extraterrestrier — oder ET, wie man sie auf der Station kurz zu nennen pflegte — zeigte große freie Flecken, und an anderen Stellen war die letzte Nahrungsschicht schon sehr dünn geworden. Das Baby mußte also gefüttert werden, entschied O’Mara. Er schob sich, soweit es das Sicherheitsbestreben zuließ, dicht an den Fremden heran und begann, ihn sorgfältig zu besprühen.

Der Vorgang des Mit-Nahrung-besprüht-Werdens schien dem jungen FROB sichtbar angenehm. Er kam aus seiner Ecke hervor und begann aufgeregt in der kleinen Kabine herumzutollen. Für O’Mara erleichterte das seine Aufgabe keineswegs, denn er mußte jetzt einen sich bewegenden Gegenstand treffen und gleichzeitig selbst dauernd Ausweichmanöver versuchen, was seinem verletzten Bein nicht gerade zuträglich war.

Als Caxton eintraf, war praktisch die ganze Oberfläche seiner Schlafkabine mit dem klebrigen, scharf riechenden Nahrungskonzentrat bedeckt — ebenso aber auch das Äußere des jetzt wieder friedlichen jungen Fremden.

„Was geht hier vor?“ fragte der Abschnittsleiter.

Raummonteure waren, allgemein betrachtet, einfache, unkomplizierte Persönlichkeiten, deren Reaktionen leicht vorherzusagen waren. Caxton war ein Mensch, der immer fragte: „Was geht hier vor?“ Selbst wenn er es, wie jetzt, wußte — und besonders dann, wenn solche unnötigen Fragen nur dazu dienten, einen Mitarbeiter oder Untergebenen zu ärgern. Unter den richtigen Umständen war der Abschnittsleiter wahrscheinlich ein ganz angenehmer Mensch, dachte O’Mara, aber zwischen ihm und Caxton waren diese Umstände bis jetzt noch nicht eingetreten.

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