Nachdenklich ging ich hinaus, um mir ein belegtes Brötchen und ein Bier zu kaufen letzteres für den Fall der Anwesenheit irgendwelcher Telepathen. Während ich daran kaute und schluckte, sah ich mich um und kam zu dem Ergebnis, augenblicklich nicht das Ziel argwöhnischer Blicke zu sein. Ich fand einen freien Platz, ging hin, setzte mich und aß nach Herzenslust, wobei ich angestrengt nachdachte.
Die Idee kam mir im selben Augenblick, als mir ein kalter Luftzug von der Tür entgegenwehte. Ich wandte mich wieder meinem Brötchen zu. Etwas Besseres fiel mir nicht ein.
Daher arbeitete ich den Plan aus, betrachtete ihn von den unterschiedlichsten Blickwinkeln her, bemüht, ihn noch etwas zu verbessern. Ein großer Geistesblitz war es nicht gewesen, aber er mußte genügen.
Ich überlegte mir alles gründlich, hatte dabei aber plötzlich Angst, es könnte, wegen eines Nebeneffekts des Prozesses, nicht funktionieren. Nach einem Augenblick der Frustration verdrängte ich den Gedanken und fing noch einmal von vorn an. Ich ärgerte mich über die unzähligen Kleinigkeiten, die ich wegen etwas so Nebensächlichem zu bedenken hatte.
Ich ging zur Bushaltestelle, wo ich mir einen Fahrschein nach Hause kaufte. Diesen steckte ich in meine Manteltasche. Ich kaufte mir ein Magazin und einige Kaugummis, ließ mir beides in eine Tasche tun, warf das Magazin anschließend weg, kaute den Kaugummi, behielt aber die Tasche. Als nächstes sah ich mich nach einer Bank um, fand eine, ging hinein und ließ mir mein ganzes Geld in Ein-Dollar-Scheine umwechseln, die ich in die Tasche stopfte – alles in allem einhundertfünfzehn Dollar.
Ich bahnte mir meinen Weg zurück in die Umgebung der Halle, suchte eine Reinigung., ließ meinen Mantel dort und schlüpfte wieder hinaus. Mit dem Kaugummi klebte ich den Kontrollzettel für den Mantel an die Unterseite einer Parkbank, auf der ich eine Weile saß. Dann rauchte ich eine letzte Zigarette, nach der ich zur Halle zurückging, den Beutel mit dem Geld in einer Hand, einen einzelnen Schein in der anderen.
Drinnen wartete ich, bis die Menge genau die richtige Dichte und Verteilung hatte, während ich noch einmal die Luftzüge beim Öffnen der verschiedenen Türen in mein Gedächtnis zurückrief. Ich suchte mir aus diesem Informationsmaterial den geeignetsten Ort für mein Vorgehen heraus und näherte mich diesem. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich die Tasche bereits an einer Seite aufgerissen und hielt sie nur mit der Hand zusammen.
Etwa fünf Minuten später schien mir die Situation dem Idealzustand sehr nahe gekommen zu sein. Die Zuschauermenge war dicht gedrängt, die Wachen waren relativ weit entfernt. Ich hörte die unvermeidliche Standardfrage: „Aber was tut sie denn?“ und die übliche Antwort: „Sie sind sich noch nicht sicher“, vermischt mit einem gelegentlichen: „Es ist eine Art von Umkehrmaschine. Sie studieren sie noch.“ Plötzlich spürte ich einen scharfen Luftzug, zudem stand ein geeigneter Mann ganz in meiner Nähe.
Ich stieß dem Burschen unsanft den Ellbogen in die Rippen. Er antwortete mit einem mittelenglischen Wortschwall – den die meisten Leute für etwas Angelsächsisches halten, aber ich habe seine Bedeutung einmal während eines Sprachkurses nachschlagen müssen und weiß daher Bescheid – und dann seinerseits mit einem Stoß.
Ich übertrieb meine Reaktion, taumelte zurück gegen einen anderen Mann, während ich es so arrangierte, daß die Tragetasche hoch über meinem Kopf auseinanderplatzte.
„Mein Geld!“ kreischte ich, dann sprang ich vorwärts und stieß gegen das Absperrseil. „Mein Geld!“
Ich ignorierte die Rufe, das Flüstern und die plötzliche Unruhe hinter mir. Natürlich hatte ich den Alarm ausgelöst, aber das hatte im Augenblick nur nebensächliche Bedeutung. Schon war ich auf der Plattform und näherte mich der Stelle, wo der Gürtel in der zentralen Einheit verschwand. Ich hoffte, er konnte mein Gewicht aushalten.
Ich vernahm ein gebelltes „Gehen Sie dort herunter!“ und konterte sofort mit einem weinerlichen „Mein Geld!“, dann warf ich mich mit ausgestreckten Armen auf den Gürtel, was, wie ich hoffte, einer greifenden, geldgierigen Gebärde sehr nahe kam, und wurde kurz darauf in die dunkle Öffnung des Mobilators getragen.
Ein leises, zitterndes Gefühl durchrieselte mich von Kopf bis Fuß, verbunden mit einer vorübergehenden Blendung. Trotzdem nahm ich den Dollar, den ich in der Hand behalten hatte, entfaltete ihn und hielt ihn, als ich wieder aus der Maschine herauskam, siegessicher in die Höhe. Sofort rollte ich von dem Gürtel herunter und sprang ungeachtet eines Schwindelgefühles von der Plattform, hin zu der Menge, als versuche ich immer noch, mein Geld zusammenzusammeln, obwohl momentan überhaupt keines zu sehen war.
„Mein Geld …“ jammerte ich, sprang über die Kordel und ließ mich auf allen vieren nieder.
„Hier ist ein Teil davon“, sagte eine ehrliche Seele zu mir, und drückte mir eine Handvoll Geldscheine in die Hand.
W3HI3 nach dem W3.H3GHA bekam ich sie alle zurück. Glücklicherweise hatte ich den Effekt des Prozesses erwartet gehabt, daher zeigte mein umgekehrtes Gesicht keinerlei Anzeichen von Überraschung, als ich mich erhob und den Leuten dankte. Der einzige Schein, der für mich normal aussah, war der, den ich mit in die Maschine genommen hatte.
„Sind Sie durch dieses Ding hindurchgegangen?“ fragte ein Mann.
„Nein. Ich ging hinten vorbei.“
„Sah aber so aus, als seien Sie hindurchgegangen.“
„Nein. Bin ich nicht.“
Während ich Geld entgegennahm und vorgab, nach weiteren Scheinen zu suchen, sah ich mich verstohlen in der ganzen Halle um. Die weniger ehrlichen Seelen strebten bereits mit meinem Geld in den Händen den Ausgängen zu, die mittlerweile entgegengesetzte Positionen für mich einnahmen. Aber auch darauf hatte ich mich vorbereitet – zumindest intellektuell. Nun war mir aber trotzdem komisch zumute. Es war emotional unangenehm, die ganze Halle umgekehrt zu sehen. Die Verschwindenden konnten ungestört hinaus, denn die Wachen waren anderweitig beschäftigt: Zwei waren in der Menge steckengeblieben, zwei weitere suchten nach Geldscheinen. Ich arbeitete mich hastig zu ihnen vor.
Ich hatte mich auf alle möglichen Wortwechsel mit den Wachen und beteiligten Personen vorbereitet, ich wollte Bösartigkeit oder Zorn vortäuschen oder noch mehr Wehleidigkeit über den Verlust meines Geldes. Zudem wollte ich darauf beharren, um die Maschine herumgegangen zu sein, ganz egal, was auch behauptet wurde. Ich war der Meinung, auf diese Weise konnte ich alles hinbügeln und möglichen Konsequenzen entgehen. Schließlich hatte ich ja nichts Illegales getan – zudem konnten sie, ganz egal, was auch geschah, den Reversionsprozeß nicht mehr ungeschehen machen.
Aber sie waren alle ausgesprochen nett. Einer schaltete den Alarm aus, ein zweiter forderte die Umstehenden auf, alles gefundene Geld abzuliefern. Dann gingen zwei wieder zu den Ausgängen, einer suchte mich in der Menge, dann rief er mir zu: „Ist mit Ihnen alles in Ordnung?“
„Ja“, sagte ich. „Mit mir schon. Aber mein Geld …“
„Wir finden es! Wir finden es!“
Er bahnte sich einen Weg her zu mir und legte mir eine Hand auf die Schulter, ich steckte die Note, die ich in der Hand gehabt hatte und die in meinen Augen normal aussah, hastig in eine Tasche.
„Ist mit Ihnen auch ganz bestimmt alles in Ordnung?“
„Natürlich. Aber mir fehlen …“
„Wir werden versuchen, alles zurückzubekommen“, sagte er. „Sind Sie durch den zentralen Teil der Maschine gegangen?“
„Nein. Ein Geldschein wurde dorthin geweht, ich bin ihm nachgerannt.“
„Es sah aus, als seien Sie durch die Zentraleinheit gegangen.“
„Er ging dahinter vorbei“, sagte der Mann, dem ich dasselbe kurz zuvor gesagt hatte. Einen günstigeren Zeitpunkt hätte er sich wirklich nicht aussuchen können. Ich segnete ihn dafür.
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