Frage:Ich weiß, wie hoch die Prämie für das Auffinden von fremdem, intelligentem Leben ist, aber wie hoch ist die Prämie, wenn man einen Hitschi findet?
Professor Hegramet:Finden Sie mal einen, dann können Sie die Höhe selbst bestimmen.
»Wenn du eine Person wärst statt einer Maschine, könntest du das verstehen«, sage ich.
»Mag sein, Bob.«
Um ihn auf die richtige Spur zurückzubringen, sage ich: »Es ist wahr, dass es lange her ist. Ich weiß nicht, was du darüber hinaus verlangst.«
»Ich verlange, dass du einen Widerspruch in deinen Äußerungen beseitigst. Du hast gesagt, es machte dir nichts aus, dass deine Freundin Klara sexuelle Beziehungen zu anderen Männern hatte. Warum dann gerade bei Dane?«
»Dane hat sie nicht ordentlich behandelt!« Bei Gott, das hatte er nicht. Er hatte sie einfach sitzen lassen.
»Liegt es daran, wie er Klara behandelt hat, Bob? Oder ist es etwas zwischen Dane und dir?«
»Nie! Es war nie etwas zwischen Dane und mir!«
»Du hast gesagt, er sei bisexuell gewesen. Was war bei eurem gemeinsamen Flug?«
»Er hatte zwei andere Männer als Gespielen! Nicht mich, Freund, nein, das schwöre ich! Nicht mich. Oh, gewiss, er hat es ein paarmal versucht bei mir, aber ich machte ihm klar, dass das nicht meine Richtung ist.«
»Deine Stimme scheint mehr Zorn zu verraten, als deine Worte rechtfertigen, Bob«, sagt er.
»Hol dich der Teufel, Sigfrid! Du machst mich krank. Gewiss, ich habe ein- oder zweimal zugelassen, dass er den Arm um mich gelegt hat. Weiter bin ich nicht gegangen. Nichts Ernstes. Ich wollte nur, dass die Zeit vergeht. Ich mochte ihn ganz gern. Ein großer, gut aussehender Kerl. Man fühlt sich einsam, wenn … was ist jetzt schon wieder?«
Sigfrid gibt einen Laut von sich, als räuspere er sich. So unterbricht er mich, ohne zu unterbrechen.
»Was hast du gerade gesagt, Bob?«
»Was? Wann?«
»Als du gesagt hast, es sei nichts Ernstes zwischen euch gewesen.«
»Ich weiß nicht, was ich gesagt habe, Herrgott noch mal. Es war nichts Ernstes. Ich habe mich nur …«
»Bob, hast du, wenn du masturbiert hast, an Dane gedacht?«
»Es war mir verhasst«, sage ich.
Er wartet.
»Ich habe mich dafür gehasst. Das heißt, nicht eigentlich gehasst. Eher verabscheut. Ich fühlte mich scheußlich.«
Sigfrid wartet eine Weile. Dann sagt er: »Ich glaube, du möchtest wirklich weinen, Bob.«
Er hat Recht, aber ich sage nichts.
»Möchtest du weinen?«, lädt er mich ein.
»Nur zu gerne«, sage ich.
»Warum tust du es dann nicht?«
»Wenn ich es nur könnte«, antworte ich. »Leider weiß ich nicht, wie.«

Ich drehte mich um und wollte einschlafen, als mir auffiel, dass die Lichter des Hitschi-Leitsystems sich veränderten. Es war der fünfundfünfzigste Tag meines Fluges, der siebenundzwanzigste seit dem Wendepunkt. Die Farben waren die ganze Zeit rosarot gewesen, nun bildeten sich strahlend weiße Wirbel und verschmolzen miteinander.
Ich kam ans Ziel! Was immer es auch sein mochte, ich kam ans Ziel.
Mein kleines, altes Schiff – der stinkende, enge Sarg, in dem ich fast zwei Monate lang allein herumgekullert war, Selbstgespräche führend, bis ich mich satt bekommen hatte – flog weit unter Lichtgeschwindigkeit. Ich blickte auf den Schirm und sah nichts sehr Aufregendes. Da war ein Stern, ja. Es gab viele Sterne, in unbekannten Konstellationen; ein halbes Dutzend blaue, von hell bis blendend; ein roter, der mehr durch die Farbe als durch die Leuchtkraft auffiel. Eine zornig glühende Kohle, nicht viel heller als der Mars von der Erde aus, aber von dunklerem, hässlicherem Rot.
Ich schaltete den Rundumabtaster ein und schaute hinaus.
Fast augenblicklich erhielt ich ein enormes, helles, nahes Signal.
Fünfundfünfzig Tage Langeweile und Erschöpfung waren wie weggeblasen. Da war entweder etwas sehr Großes oder sehr Nahes. Ich kauerte über dem Schirm, und dann sah ich es: ein kantiges Objekt, das über den Schirm glitt. Leuchtend. Reines Hitschimetall! Es war unregelmäßig, mit langen, schmalen Seiten, und an einer Seite ragten abgerundete Warzen hervor.
FLUGBERICHT
Fahrzeug 3-104, Flug 031D18. Besatzung N. Ahoya,
Ts. Zachartschenko, L. Marks.
Transitzeit 119 Tage, 4 Stunden. Position nicht bestimmt. Anscheinend vor galaktischem Sternhaufen in Staubwolke. Identifizierung der äußeren Galaxien zweifelhaft.
Zusammenfassung: ›Wir fanden keine Spur von einem Planeten, Artefakt oder landefähigem Asteroiden im Ortungsbereich. Nächster Stern ca. 1,7 Lj. Mutmaßung, dass zerstört ist, was früher dort war. Lebenssysteme beim Rückflug Teildefekte, Larry Marks gestorben.‹
Das Adrenalin begann zu fließen. Ich beugte mich über das Analysegerät, als das Objekt verschwand. Alle Träume schienen wahr werden zu wollen. Ich stolperte und schürfte mir die Knöchel an der golden glühenden Spirale auf. Ich saugte das Blut ab und begriff, dass das Schiff sich bewegte.
Es hätte sich nicht bewegen dürfen! Darauf war es nicht programmiert. Es sollte in der Umlaufbahn hängen und dort bleiben, bis ich mich umgesehen und meine Entscheidungen getroffen hatte.
Ich schaute mich verwirrt um. Das leuchtende Objekt befand sich genau in der Schirmmitte und blieb dort; die Rundumabtastung hatte aufgehört. Verspätet hörte ich das hohe Schrillen der Landefahrzeugmotoren. An ihnen lag es, dass ich mich bewegte; das Schiff steuerte das Objekt an.
Und über dem Pilotensitz leuchtete ein grünes Licht.
Das durfte nicht sein. Das grüne Licht war auf Gateway von Menschen eingebaut worden. Es hatte mit den Hitschi nichts zu tun, es war ein ganz schlichter Funkschaltkreis, der anzeigte, dass mich jemand rief. Wer? Wer konnte in der Nähe meiner nagelneuen Entdeckung sein?
Ich schaltete das Funkgerät ein und schrie: »Hallo?«
Es kam Antwort. Ich verstand sie nicht; es schien eine fremde Sprache zu sein, vielleicht Chinesisch. Aber menschlich war sie.
»Sprecht Englisch!«, brüllte ich. »Wer, zum Teufel, seid ihr?«
Pause. Dann eine andere Stimme.
»Wer sind Sie? «
»Mein Name ist Bob Broadhead«, fauchte ich.
»Broadhead?« Verwirrtes Stimmengemurmel. Dann wieder die englischsprechende Stimme: »Wir wissen nichts von einem Prospektor namens Broadhead. Sind Sie von Aphrodite?«
»Was ist Aphrodite?«
»O Gott! Wer sind Sie? Hören Sie, hier ist die Leitstelle von Gateway II, und wir haben keine Zeit für Faxen. Identifizieren Sie sich!«
Gateway II!
Ich schaltete das Funkgerät ab, legte mich zurück und sah das Objekt näher kommen. Auf das grüne Licht achtete ich nicht mehr. Gateway II? Wie lächerlich! Wenn ich nach Gateway II gewollt hätte, wäre ich einfach mitgeflogen und hätte mich damit abgefunden, für alle Entdeckungen Tantiemen abzuführen. Ich wäre als Tourist geflogen, auf einem hundertmal erprobten Kurs. Das hatte ich nicht getan. Ich hatte eine Einstellung gewählt, die noch keiner versucht hatte, und meine Risiken akzeptiert. Und fünfundfünfzig Tage lang war ich voller Angst gewesen.
Es war einfach nicht fair!
Ich verlor den Kopf, stürzte mich auf den Hitschi-Kurssetzer und drehte verbissen an den Rädern.
Es war ein Scheitern, das ich nicht hinnehmen konnte. Ich war darauf gefasst gewesen, nichts zu finden. Ich war nicht darauf gefasst, etwas ganz Leichtes getan zu haben, ohne jede Aussicht auf Gewinn.
Aber was ich hervorbrachte, war ein noch größerer Misserfolg. Der Kurssetzer blitzte gelblich auf, dann wurden alle Lichter schwarz.
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