»Ich hoffe, du hast zur Abwechslung mal Unrecht. Aber eine Chance gibt es noch: Jens. Zumindest war unser Ausflug an den Fluss einfach wunderschön, vielleicht wird es doch etwas mit den beiden.«
»Ja, vielleicht.« Herr Beck nickt bedächtig - aber sein Blick verrät, dass er nicht daran glaubt.
ZWEIUNDZWANZIG
»Kannst du mir mal einen vernünftigen Grund nennen, warum du mir das nicht erzählt hast?« Daniel klingt sauer. »Ich verstehe dich nicht, Carolin. Wir haben hier neulich gesessen, und ich war ganz ehrlich zu dir. Da hätte ich wohl von dir das Gleiche erwarten können, findest du nicht?« Er ist richtig sauer.
Dabei hat der heutige Tag eigentlich ganz harmlos begonnen. Als wir nach unten in die Werkstatt kommen, steht dort ein großer Blumenstrauß auf Carolins Werkbank. Carolin freut sich - bis sie Daniel sieht, der mit mürrischem Gesicht an seinem eigenen Tisch steht. Und dann geht es ganz schnell: Denn es stellt sich heraus, dass der Strauß von Jens stammt. Und das Daniel eifersüchtig ist. Sehr eifersüchtig. »Ich wollte dich eben nicht verletzen.« »Na, Glückwunsch. War 'ne super Idee. Falls es dich interessiert: Jetzt hast du mich richtig verletzt. Wenn du mir damals gleich gesagt hättest, dass du dich für jemand anderen interessierst, dann wäre es für mich viel leichter gewesen. Aber nun fühle ich mich wie der Riesendepp.«
Carolin schluckt. »Aber warum denn? Ich hab doch nur ...«
»Weil ich mir einen abgebrochen hab von wegen ist vielleicht keine so gute Idee mit uns und ist vielleicht besser so. Hab den Verständnisvollen gegeben. Mann, was bin ich blöd! Ich darf gar nicht daran denken, da wird mir schlecht.«
»Also nun beruhige dich mal wieder - ganz so war das schließlich nicht. Ich fand unser Kochen auch schön. Und dass ich mir mehr nicht vorstellen konnte, hat überhaupt nichts mit Jens zu tun. Den hatte ich da genau einmal gesehen. Was hätte ich dir denn da groß erzählen sollen? Da war doch überhaupt nichts.«
»Nun tu doch nicht so, du weißt genau, was ich meine. Ich hatte keine Chance. Und das hätte ich gerne gewusst. Ich dachte, wir sind Freunde.«
Auf Carolins Wangen bilden sich kleine rote Flecken. »Natürlich sind wir Freunde! Und ich kann mir auch vorstellen, dass die Situation für dich schwer ist. Aber für mich ist sie es auch, und ich finde nicht, dass ich hier die Böse bin!«
»Das habe ich auch nicht behauptet.«
»Hast du nicht? Finde ich aber doch.«
»O Mann, was für eine Scheiße!« Daniel haut mit seiner Faust so laut auf den Tisch, dass ich vor Schreck einen Satz unter die Werkbank mache. Dann rennt er von seinem Tisch weg, aus dem Raum hinaus und knallt hinter sich die Türe zu. Carolin und ich bleiben zurück. Sie beugt sich zu mir und holt mich unter der Werkbank hervor.
»Ganz schön laut, nicht?« Sie streichelt mich. »Tja, sieht so aus, als wären langsam alle meine Freunde sauer auf mich. Gut, dass ich dich noch habe.«
Ich schaue Carolin mit großen Augen an. Es ehrt mich natürlich, dass ich ihr als Freund genauso wichtig bin wie Daniel und Nina. Trotzdem hoffe ich, dass sich hier schnell alles wieder einrenkt. Ich bin doch eher für Harmonie zu haben. Carolin scheint meine Gedanken lesen zu können.
»Mach dir keine Sorgen. Ich verspreche dir, dass wir uns alle wieder vertragen werden. Und damit das möglichst schnell passiert, rufe ich jetzt auch mal die Nina an und verabrede mich mit ihr. Was meinst du, guter Plan?« Ich wedele mit dem Schwanz. »Aha. Guter Plan. Sehr schön, dann wird's so gemacht.«
Offensichtlich hat Nina auch das dringende Bedürfnis, mit Carolin zu sprechen. Denn kaum hat Carolin sie angerufen, da sind wir schon unterwegs in unser Stammcafe um die Ecke. Als wir eintrudeln, ist Nina schon da und winkt uns zu. Recht freundlich, wie ich mir einbilde.
»Hallo, Nina! Schön, dass es so spontan klappt«, begrüßt Carolin sie.
»Ja, glückliche Fügung. Mir waren auch gerade zwei Patienten ausgefallen. Als du anriefst, dachte ich mir: Das Schicksal will, dass wir endlich miteinander reden.«
Beide lachen. Na, das sieht doch wirklich nach einer Versöhnung aus. Die Kellnerin kommt an unseren Tisch.
»Ich weiß nicht, wie es dir geht. Aber ich finde, unser Treffen verlangt nach zwei Gläsern Sekt.«
Nina nickt. »Genau. Besondere Situationen erfordern besondere Maßnahmen. Bringen Sie uns bitte zwei Gläser?«
Mir bitte auch eins!, würde ich gerne sagen. Denn wenn das etwas Besonderes ist, hätte ich es auch gerne probiert. Aber so bleibt mir gleich lediglich ein Gang zum Hundetrinknapf, den es in diesem Café netterweise gleich an der Tür gibt.
Zwei Gläser mit einer hellen Flüssigkeit kommen, die Damen greifen gleich zu.
»So, meine Liebe, auf uns!« Nina prostet Carolin zu. »Ja, auf uns!«
Die beiden trinken einen großen Schluck.
»Ehrlich, ich bin froh, dass du endlich angerufen hast. Langsam wurde es unheimlich. Aber morgen hätte ich auch zum Hörer gegriffen. Ich kann immer noch nicht fassen, dass wir uns im Grunde wegen eines Typen gestritten haben. Ts, ts.« Sie schüttelt den Kopf.
Carolin lächelt. »Ja, aber was mir am meisten leid tut, ist, dass ich dich in letzter Zeit tatsächlich immer mit meinem Unglück zugetextet habe. Damit hast du Recht. Und das tut mir auch leid. Ich werde mich bessern!« Sie hebt ihre rechte Hand. »Versprochen!«
»Na ja, aber so im Nachhinein muss ich sagen, dass ich auch ziemlich zickig reagiert habe. Immerhin hatte ich dir ja wirklich gesagt, dass Marc nichts für mich ist. Ich weiß auch nicht, warum ich neulich im Park so ausgeflippt bin. War bestimmt auch eine Menge gekränkter Stolz mit dabei.«
»Ehrlich, Nina, wenn ich gewusst hätte, dass Marc dir noch so viel bedeutet, dann hätte ich sowieso die Finger von der ganzen Sache gelassen. Und falls es dich beruhigt: Ich habe die Verabredung mit ihm abgesagt.«
»Oh!« Nina klingt, als ob sie sich erschreckt hat. »Aber das solltest du nicht! Jedenfalls nicht wegen mir. Ich gebe zu, ich war sauer, aber wenn es bei euch richtig gefunkt hat, dann kann ich damit leben. Das ist dann höhere Gewalt.«
»Nein, an dir liegt es nicht. Jedenfalls nicht nur. Natürlich habe ich nach dem Streit mit dir schon ziemlich viel über Marc nachgedacht. Und dann hatte ich auf einmal das Gefühl, dass mir alles zu viel wird. Dass ich erst mal zur Ruhe kommen muss nach dem Chaos der letzten Wochen. Ein neuer Mann hat da eigentlich momentan gar keinen Platz. Auch ein so toller wie Marc nicht.«
Was soll ich sagen: Herr Beck hat's einfach raus. Es ist immer wieder erschreckend, wie gut der fette Kater die Situation einschätzen kann.
Nina guckt nachdenklich. »Normalerweise würde ich dir jetzt Recht geben. Aber vielleicht solltest du es dir doch noch einmal überlegen. Mit tollen Männern kann man leider nicht die Straße pflastern, das sage ich dir. Die sind echt Mangelware.«
»Momentan habe ich aber eher ein gegenteiliges Problem: zu viele interessante Männer. Und deswegen mach ich jetzt eine Pause, bis ich weiß, was ich wirklich will.«
»Aha. Interessantes Konzept. Nicht, dass sie dann alle weg sind. Wer sind denn die anderen. Gut, Jens. Der ist echt rattenscharf. Aber sonst?«
»Weißt du, der Abend, an dem ich mit Daniel kochen wollte - das war eigentlich schon eher romantisch gedacht. Ich habe es dir bisher nicht erzählt, weil ich dachte, dass du mich auslachst. Aber es hat in letzter Zeit ein bisschen geknistert zwischen Daniel und mir. Und da dachte ich mir, ich sollte es einfach mal ausprobieren.«
Nina reißt die Augen weit auf. »Du wolltest etwas mit Daniel anfangen?«
»Also, sooo absurd ist der Gedanke nun auch wieder nicht. Daniel ist ein attraktiver Mann, er ist witzig, nett und gefühlvoll ...«
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