«Sie ist achtzig geworden an ihrem letzten Geburtstag», antwortete Großvater Georg. «Sie war achtzig Jahre und drei Monate alt.»
«Na, da haben wir's ja!», rief Herr Wonka und strahlte Großvater Josef an. «Wonka-Vit hat mit phantastischer Genauigkeit gewirkt! Sie ist jetzt auf den Tag drei Monate alt! Und ein wohlgenährteres und rosigeres Baby ist mir noch nie unter die Augen gekommen!»
«Mir auch nicht», sagte Herr Bucket. «Sie würde einen Preis in jedem Babywettbewerb bekommen.»
«Den ersten Preis», meinte Herr Wonka.
«Kopf hoch, Großvater», sagte Charlie und nahm den alten Mann bei der Hand. «Sei nicht traurig. Sie ist ein schönes Baby.»
«Liebe Frau Bucket», sagte Herr Wonka. «Wie alt, wenn ich fragen darf, war Großvater Georg, Ihr Vater?»
«Einundachtzig», jammerte Frau Bucket. «Er war genau einundachtzig.»
«Also ist er jetzt ein großer, strammer einjähriger Knabe», sagte Herr Wonka glücklich und zufrieden.
«Ist ja herrlich», sagte Herr Bucket zu seiner Frau. «Du wirst der erste Mensch auf der Welt sein, der seinem Vater die Windeln wechselt!»
«Der soll sich seine blöden Windeln selber wechseln!», erwiderte Frau Bucket. «Ich will eins wissen: Wo ist meine Mutter? Wo ist Georgine?»
«Hm-m», sagte Herr Wonka. «Ja, ja... Wohin, ja, wohin ist Georgine verschwunden? Wie alt, bitte, war die Dame, von der die Rede ist?»
«Achtundsiebzig», antwortete Frau Bucket.
«Ja, natürlich!», lachte Herr Wonka. «Das ist die Erklärung!»
«Die Erklärung wofür?», fragte Frau Bucket ärgerlich.
«Meine liebe, verehrte Dame», sagte Herr Wonka. «Falls sie erst achtundsiebzig war und genügend Wonka-Vit für eine Verjüngung um achtzig Jahre geschluckt hat, dann ist sie natürlich verschwunden. Der Bissen war sozusagen zu groß für sie. Hat ihr mehr Jahre weggenommen, als sie hatte!»
«Das müssen Sie mir gefälligst genauer erklären», sagte Frau Bucket.
«Ein einfaches Rechenexempel», erwiderte Herr Wonka. «Subtrahieren Sie achtzig von achtundsiebzig, was erhalten Sie?»
«Minus zwei!», sagte Charlie.
«Hurra!», rief Herr Bucket. «Meine Schwiegermutter ist minus zwei Jahre alt!»
«Unmöglich!», sagte Frau Bucket.
«Stimmt aber», erklärte Herr Wonka.
«Und wo ist sie jetzt, wenn ich fragen darf?»
«Das ist eine gute Frage», entgegnete Herr Wonka. «Eine sehr gute Frage. Ja, eben. Wo ist sie jetzt?»
«Sie haben nicht die blasseste Ahnung, habe ich Recht?»
«Aber selbstverständlich», sagte Herr Wonka. «Ich weiß ganz genau, wo sie ist.»
«Dann sagen Sie mir's!»
«Also, passen Sie auf», sagte Herr Wonka, «wenn sie jetzt minus zwei ist, dann muss sie noch zwei Jahre dazutun, bis sie wieder bei Null anfangen kann. Sie muss so lange warten.»
«Und wo wartet sie?», fragte Frau Bucket.
«Im Wartezimmer natürlich», sagte Herr Wonka.
BUMM-BUMM machten die Trommeln der Umpa-Lumpa-Band im Schokoladenraum. BUMM-BUMM! BUMM-BUMM! Und Hunderte von Umpa-Lumpas, alle, alle begannen sich im Rhythmus zu wiegen und hopsten und tanzten zu ihrer Musik. «Achtung! Achtung! Aufgepasst!», sangen sie.
«Achtung! Achtung! Aufgepasst!
Nicht schnarchen und nicht stören!
Wem die Gesundheit heilig ist,
der kriegt jetzt was zu hören!
Haha, denkt ihr, was geht's uns an?
Hehe, ihr werd's schon sehen!
Der schauerliche Zwischenfall
ist grade erst geschehen.
Kennt jemand Goldi Zuckerschleck,
ein Kind von sieben Jahren,
das neulich mit der Eisenbahn
zur Oma ist gefahren?
Zur Mittagszeit am zweiten Tag
sprach Oma zu dem Kinde:
und kehre heim geschwinde.>
(Wisst ihr, warum die Oma nicht
Klein Goldi mitgenommen?
Sie wollte heimlich, still und leis
zur nächsten Kneipe kommen.
Denn Oma musste unbedingt
mal an 'nem Gläschen nippen
und ungestört zwei Doppelkorn
durch ihre Gurgel kippen.)
Kaum war die Oma aus der Tür,
rief Goldi: ,
und machte sich mit wilder Gier
an Omas Pillenschrank.
Herrje - war das ein Angebot!
Wie herrlich schillernd bunt!
Mal braun, mal rosa, blau und grün,
mal groß, mal klein, mal rund!
Klein Goldi zögerte nicht lang.
In allerbester Laune
schlang sie 'ne Pille in sich rein.
Es war 'ne kleine braune.
, schmatzt' sie,
Da nehm ich gleich noch mehr!>
und stopfte 1, 2, 3, 4, 5 -
zehn braune hinterher.
Erst als die Dinger alle war'n,
hört' Goldi auf zu mampfen.
Da! Plötzlich schien's in ihrem Bauch
zu fauchen und zu dampfen.
Verdammt noch eins, was war denn das?
, machte unser Kleinchen
und schwankte wie ein Segelschiff
auf ihren dünnen Beinchen.
Wie schwummerig war ihr, o Gott!
Was war denn nur geschehen?
In ihren Eingeweiden schien sich
alles umzudrehen.
Nun wohl, an dieser Stelle ist
was Wichtiges zu sagen:
Kein Wunder, dass der Pillenschmaus
schlug Goldi auf den Magen.
Die Pillen waren nämlich nicht
erfunden zur Erbauung -
sie dienten einzig und allein
der Oma zur Verdauung.
Denn leider - (das nur unter uns!) -
litt Oma, diese Arme,
an dem, was man Verstopfung nennt,
und an 'nem trägen Darme.
Weshalb sie vorm Zubettegehn
stets eine Pille nahm.
Ach, hätte Goldi das geahnt,
bevor es so weit kam!
In ihrem Bauch - welch Sturmgebraus!
Welch Donnern und Rumoren!
WUMM! KRACH! ZISCH! BUMM!, so dröhnte es
Klein-Goldi in den Ohren.
Und dann - 'ne wilde Explosion!
Es wackelten die Wände!
(Sogar der Nachbar nebenan
rang angsterfüllt die Hände.)
Die Fensterscheibe barst entzwei,
die Glühbirne zersprang.
Klein Goldi stöhnte: ,
und legt' sich erst mal lang.
,
rief sie.
Woran man deutlich merken kann:
Klein Goldi hat Humor.
Denn wer, bei Explosionsgefahr,
stellt solche dummen Fragen,
obwohl es doch ganz sonnenklar,
was sich hier zugetragen?
Um halb drei war es dann so weit.
Die Oma kehrte heim,
sah Goldi, sah den Pillenschrank
und macht' sich ihren Reim.
,
schrie sie und wurde bleich.
Dann schwankte sie zum Telefon:
Ja, ja, ihr hört's gewiss nicht gern,
wie es jetzt weiterging
im Krankenhaus mit Schlauch im Bauch
bei unserm armen Ding.
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