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Thomas Thiemeyer: Reptilia

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Thomas Thiemeyer Reptilia

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Mitten im afrikanischen Dschungel, auf dem Grunde eines Sees, verbirgt er sich: Mokele M'Bembe, der sagenumwobene letzte Saurier. Emily Palmbridge war auf der Jagd nach ihm - und ist seither verschwunden. Aber wo verliert sich ihre Spur? Der junge Londoner Genetiker David Astbury geht am liebsten in Ruhe seinen Forschungen nach. Doch als ihn Emilys verzweifelte Mutter um Hilfe bittet, kann er sich nicht entziehen: Emily war seine erste große Liebe. So wird David Teil eines hochgerüsteten Expeditionsteams, dem außerdem ein skrupelloser australischer Großwildjäger, dessen Assistent und eine afrikanische Biologin angehören. Angekommen am Lac Tele, einem Urwaldsee im undurchdringlichsten Teil des Kongo, stößt das Team bald auf Spuren grausamer Kämpfe. Die erste Konfrontation mit dem monströsen Reptil ist nahe - und fordert ein Todesopfer. Von da an eskaliert alles. Widerwillig begreift David, dass Mokele ein ganz besonderer Gegner ist - dass er Fähigkeiten besitzen muss, die von unschätzbarem Wert für die Menschheit sind. Emily scheint alles darangesetzt zu haben, die Bestie vor Entdeckung zu bewahren. Da beschließt David gegen alle Vernunft, das Tier vor seinem rachedurstigen Team zu schützen. Er wird dabei der Verlierer sein. Wenn nicht ein Wunder geschieht ... font4 Thomas Thiemeyer Reptilia Medusa geboren 1963, studierte Geografie und Geologie in Köln. Heute lebt er mit seiner Frau und seinen beiden Söhnen in Stuttgart und arbeitet als selbständiger Illustrator und Umschlagdesigner. ist sein zweiter Wissenschaftsthriller nach dem Bestseller

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Als ich ihre Hand drückte, fühlte ich, dass ich zum ersten Mal seit langer Zeit glücklich war. »Stell dir vor«, sagte ich, »ich habe heute Nacht tatsächlich von Egomo geträumt. So, wie er es mir prophezeit hat. Ich habe die Wurzel unters Kopfkissen gelegt, und ich habe von ihm geträumt. Ist das nicht verrückt?«

»Überhaupt nicht«, lächelte sie mich an. »Das ist Magie.«

Während wir am Wasser standen und plauderten, sah ich Elieshi durch den Pinienwald schlendern und die ohnehin schon viel zu dicken Eichhörnchen füttern. Sie hatte darauf bestanden, Emilys Tagebuch persönlich abzuliefern. Zumindest das wären wir der Lady schuldig, sagte sie. Sie hatte sogar angeregt, der alten Dame entgegen unseren Vorsätzen von den tatsächlichen Ereignissen am Lac Tele zu berichten. Ein Vorschlag, den ich zwar riskant fand, in den ich aber nach längerer Bedenkzeit eingewilligt hatte. Blieb zu hoffen, dass der letzte Wille ihrer Tochter in der Lage war, die alte Dame von unserem Plan zu überzeugen.

Drei Stunden hatten wir jetzt von ihr weder etwas gesehen noch gehört. Sie hatte sich ins oberste Stockwerk ihres Palastes zurückgezogen, wo sie das Tagebuch studierte. Selbst Aston durfte sich dabei nicht in ihrer Nähe aufhalten, eine Entscheidung, mit der er offensichtlich große Probleme hatte. Ich sah ihn, wie er unentschlossen vom Garten ins Haus und wieder zurück schlich, den Kopf sorgenvoll gebeugt. Er tat mir leid.

»David.« Ich drehte mich um und sah, dass Elieshi mit schnellen Schritten auf uns zukam. Sie deutete zum Hauseingang. »Ich glaube sie kommt. Jetzt wird's spannend.«

Lady Palmbridge verließ das Haus und kam mit langsamen Schritten zu uns herüber. Aston war an ihrer Seite und stützte sie. Auf einmal kam sie mir vor, als wäre sie um hundert Jahre gealtert. Die Gewissheit, dass ihre Tochter gestorben war, hatte ihr schwer zugesetzt. Als sie bei uns eintraf, sah ich, dass sie geweint hatte. Sie blickte an uns vorbei und hinaus auf das Meer. »Ist es nicht herrlich hier? Diesen Platz hat Emily geliebt. Immer wenn sie Sorgen hatte oder einfach nur allein sein wollte, kam sie hierher, um den Wellen und den Möwen zu lauschen.« Sie hob ihr Gesicht und ergriff meine Hand. Ihre Finger waren eiskalt. »Ich danke Ihnen allen, dass Sie gekommen sind, um mir die Nachricht vom Tod meiner Tochter persönlich zu überbringen.« Sie blickte uns der Reihe nach an. Ich sah, dass nur ihre eiserne Disziplin sie davon abhielt, in Tränen auszubrechen. »Es bedeutet mir viel, dass Sie sie noch gesehen haben, auch wenn sie da schon nicht mehr am

Leben war. Ich denke, dass sie dort, wo sie jetzt liegt, ein würdiges Grab gefunden hat.«

Ich hob überrascht die Augenbrauen. »Dann haben Sie nicht vor, sie überführen zu lassen?«

Sie schüttelte entschieden den Kopf. »Nein. Je weniger Aufsehen wir erregen, desto besser. Außerdem glaube ich, dass sie zufrieden wäre, dort, wo sie jetzt liegt. Sie hatte schon immer ein Faible für Abenteuer. Sie wäre mit dieser Ruhestätte sicher einverstanden.« Lady Palmbridge hob den Kopf und sah Elieshi und mich eindringlich an. »Ich möchte mich an dieser Stelle in aller Form bei Ihnen entschuldigen. Ich war nicht offen zu Ihnen, was diese Expedition anging. Ich dachte, je weniger Sie über das Geheimnis des Sees wüssten, desto leichter würde es Ihnen fallen, dorthin zu reisen und mir meine Tochter zurückzubringen. Ein schwerer Irrtum. Sie haben so viel Schreckliches durchmachen müssen. Es ist für mich immer noch ein Wunder, wie Sie das überleben konnten. Ich weiß nicht, ob Sie mir verzeihen können, aber eines kann ich Ihnen versichern, David. Ronald wäre stolz auf Sie, könnte er Sie jetzt sehen.«

Der Gedanke an meinen Vater stimmte mich traurig. »Eigentlich hätte er dieses Tier entdecken müssen, hat er doch einen Großteil seines Lebens der Suche nach dem Unbekannten gewidmet. Aber wenn ich daran denke, dass er seine Erkenntnisse niemals hätte veröffentlichen dürfen ... ich glaube, das hätte ihm das Herz gebrochen.« Ich sah sie an und mein Zorn verrauchte. Der Tod ihrer Tochter war für sie Strafe genug. Ich holte tief

Luft und stellte die wichtigste Frage: »Was gedenken Sie jetzt zu tun?«

Die Andeutung eines Lächelns stahl sich auf ihr Gesicht. »Ich weiß, wie sehr Ihnen das auf der Seele brennt. Ich spüre, dass Ihnen dort unten etwas widerfahren ist, was Sie zu einem anderen Menschen hat werden lassen. Ein Gefühl übrigens, das ich bei der Lektüre des Tagebuchs meiner Tochter auch hatte. Ich weiß nicht, was es ist, und ich will es auch nicht wissen, aber es muss ein sehr starkes Gefühl gewesen sein. Der letzte Wunsch meiner Tochter lautete, den See und sein Geheimnis wieder in Vergessenheit geraten zu lassen. Ich habe vor, diesem Willen zu entsprechen.«

Ich wagte kaum zu glauben, was ich da eben gehört hatte. »Und was wird aus dem Projekt?«

Ihr Mund wurde schmal. »Das Projekt starb im selben Augenblick, in dem meine Tochter zum letzten Mal die Augen schloss. Genau genommen war es immer ihre Idee gewesen, und außerdem ...«, sie zuckte mit den Schultern, »... bin ich in der Zwischenzeit zu der Überzeugung gelangt, dass wir der Natur ihren Lauf lassen sollten. Es ist tröstlich zu wissen, dass der Prozess der Evolution immer noch funktioniert und sich das Leben weiterentwickelt. Auch über den Menschen hinaus.«

Lady Palmbridge griff in die Tasche ihrer Jacke und zog ein kleines Kühlgefäß heraus, das die letzte blutgefüllte Ampulle enthielt, den einzigen Beweis für den Wahrheitsgehalt unserer Geschichte. »Nehmen Sie sie«, sagte sie und drückte mir die Ampulle in die Hand.

Dann schloss sie meine Finger. »Ich brauche sie nicht mehr. Machen Sie damit, was Sie wollen.«

Sie straffte die Schultern. »Und nun zu der versprochenen Professur, David. Sind Sie sicher, dass Sie mein Angebot nicht annehmen wollen? Ich habe es Ihnen versprochen, und ich halte meine Versprechen.«

Ich schüttelte den Kopf. »Vielen Dank, ich weiß das wirklich zu schätzen, aber ich muss leider ablehnen. Ich habe auf der Reise meine eigenen Kräfte kennen gelernt und vertraue darauf, dass ich es auch ohne fremde Hilfe schaffen werde.«

»Davon bin ich überzeugt. Ich würde mein Angebot daher gern an Mademoiselle n'Garong weiterreichen. Es wird dem alten Ambrose zwar nicht gefallen, aber ich denke, er wird es überleben. Wären Sie damit einverstanden?«

»Von Herzen gern«, sagte ich und beobachtete voller Vergnügen, wie Elieshis Unterkiefer langsam herunterklappte. So sprachlos hatte ich sie noch nie erlebt.

»Gut, dann wäre das geklärt«, sagte Lady Palmbridge. »Zwei Millionen Dollar zum Schutz der kongolesischen Nationalparks und zur Unterstützung des Ani-mal Listening Projects. Mit Ihnen in einer Führungsposition, Elieshi. Einverstanden?«

»Ich ...«, war alles, was die Biologin herausbrachte. Es dauerte einen Moment, bis die Nachricht zu ihr durchgedrungen war, doch dann hob sie die Arme in den Himmel und stieß einen Freudenschrei aus. Sie tanzte an der Klippe entlang, dass wir schon Sorge hatten, sie würde abstürzen, doch nach einer Weile hatte sie sich so weit beruhigt, dass sie wieder sprechen konnte. »Danke, Lady Palmbridge«, sagte sie, noch immer außer Atem. »Das ist umwerfend. Sie wissen gar nicht, was das für mich und mein Land bedeutet.«

»Bedanken Sie sich lieber bei David, dass er so selbstlos auf das Geld verzichtet hat«, entgegnete die Lady. Lachfältchen spielten um ihre Augen. »Nehmen Sie es mir nicht übel, David, aber je länger ich darüber nachdenke, desto mehr gewinne ich den Eindruck, dass das Geld bei Elieshi viel besser angelegt ist. Ich weiß nichts über den Kongo und würde ihn gern einmal persönlich kennen lernen. Sie haben doch hoffentlich nichts dagegen, wenn ich Sie von Zeit zu Zeit mal besuche?«

Die Biologin strahlte übers ganze Gesicht. »Jederzeit. Wann immer Sie wollen. Das gilt übrigens für alle Anwesenden. Oh Mann, ich kann es kaum erwarten, heimzukehren und allen von dieser guten Nachricht zu erzählen. Ich wette, es gibt ein Freudenfest, das man bis nach London hören wird.«

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