Peter Tremayne - Nur der Tod bringt Vergebung

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Nur der Tod bringt Vergebung: краткое содержание, описание и аннотация

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Im Jahre 664 kämpfen im Königreich Northumbrien die Anhänger der Kirche Roms gegen die Vertreter der Lehren Columbans von Iona. Um den Kirchenstreit beizulegen, wird in der Abtei Streoneshalh eine Synode einberufen. Als die Äbtissin Etain ermordet in ihrer Zelle aufgefunden wird und wenig später noch zwei weitere Diener Gottes sterben, glaubt man zunächst an kirchenpolitische Motive. Die für ihren Scharfsinn berühmte Schwester Fidelma geht diesen Gerüchten nach und macht dabei eine grausame Entdeckung...
Unter dem Pseudonym Peter Tremayne schreibt ein anerkannter Historiker, der auf die versunkene Kultur der Kelten spezialisiert ist. Seine profunde Kenntnis des alten Rechtssystems und der irischen Gesellschaft im siebten Jahrhundert hat ihn dazu angeregt, Kriminalromane zu schreiben, die ihre Spannung und Originalität aus dem einmaligen und authentischen historischen Setting beziehen.
Die Originalausgabe erschien 1994 unter dem Titel

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Für Dorothea

HISTORISCHE ANMERKUNG

Diese Geschichte spielt im Jahre 664 n. C. während der berühmten Synode von Whitby. Die Sitten und Gebräuche dieses «dunklen Zeitalters» mögen vielen Leserinnen und Lesern befremdlich erscheinen. Besonders bemerkenswert ist, daß damals sowohl in der römischen als auch in der später «keltisch» genannten Kirche der Gedanke des Zölibats für Ordensfrauen und -männer längst noch nicht überall verbreitet war. Im Gegenteil, es kam recht häufig vor, daß Männer und Frauen in con-hospitae, sogenannten Doppelhäusern, zusammenlebten und ihre Kinder im Dienste Christi gemeinsam aufzogen. St. Hildas Abtei in Whitby, zu jener Zeit Streoneshalh genannt, war eines dieser Doppelhäuser. Selbst Priester und Bischöfe durften damals heiraten. Der Zölibat wurde zwar von Paulus und anderen frühen Kirchenführern ausdrücklich befürwortet, beschränkte sich ursprünglich jedoch nur auf Asketen. Der Anspruch an alle Geistlichen, im Zölibat zu leben, konnte sich nur allmählich durchsetzen. Erst unter Papst Leo IX. (1048-54) unternahm die römische Kirche den ernsthaften Versuch, auch die Geistlichen im äußersten Westen Europas zum Zölibat zu zwingen.

Selbst wilde Tiere sind nicht so grausam wie die Christen im Umgang mit ihresgleichen.

Ammianus Marcellinus (ca. 330-395 n. C.)

I

DER MANN WAR NOCH NICHT LANGE tot. Das Blut und der Speichel um seine verzerrten Lippen waren noch nicht einmal trocken. Die Leiche hing am Ende eines kräftigen Hanfseils vom Ast einer knorrigen Eiche und schwang im Wind hin und her. Wo das Genick gebrochen war, hatte sich der Kopf in einem seltsamen Winkel zum übrigen Körper verdreht. Die Kleider waren zerrissen, und falls der Mann Sandalen getragen hatte, waren sie von Leichenfledderern entwendet worden. Jedenfalls war von seiner Fußbekleidung nichts mehr zu sehen. Die verkrampften, blutüberkrusteten Hände zeigten, daß der Mann nicht kampflos gestorben war.

Doch nicht die Tatsache, daß ein Mann erhängt worden war, hatte die kleine Gruppe von Reisenden dazu gebracht, bei der alten Eiche haltzumachen. Seitdem sie von Rheged ins Königreich North-umbrien gekommen waren, hatten sie schon zahlreiche Hinrichtungen und andere grausame Bestrafungen gesehen. Offenbar wandten die dort wohnenden Angeln und Sachsen strenge Strafen auf all jene an, die ihre Gesetze übertraten - von den grausigsten Formen der Verstümmelung bis zur Hinrichtung unter den qualvollsten Umständen, wobei das bloße Erhängen noch als menschlichster Weg erschien. Nein, es war nicht der Anblick eines weiteren an einem Baum aufgeknüpften Unglücklichen, der sie beunruhigt hatte. Daß sie ihre Pferde und Maultiere so plötzlich zum Stehen brachten, hatte einen anderen Grund.

Die kleine Reisegesellschaft bestand aus vier Männern und zwei Frauen. Sie alle trugen geistliche Gewänder aus ungefärbter Wolle, und die Häupter der Männer waren vorne kahlgeschoren -eine Tonsur, die sie als Brüder der Kirche Colum-bans von der heiligen Insel Iona auswies. Wie auf Kommando hatten sie alle im gleichen Augenblick angehalten, saßen aufrecht in ihren Sätteln und starrten beklommen auf den Leichnam des Mannes, auf seine ängstlich aufgerissenen Augen und seine in einem letzten verzweifelten Ringen nach Luft herausgestreckte, schwarze Zunge. In den Mienen der Reisenden spiegelten sich Entsetzen und tiefe Besorgnis.

Der Grund dafür war nicht schwer zu erraten: Auf dem Haupt des Toten war ebenfalls die Tonsur Columbans zu erkennen. Und was von seiner Kleidung übriggeblieben war, deutete auf die Kutte eines Mönches hin, obgleich sowohl das Kruzifix als auch der Ledergürtel und die Ledertasche fehlten, die jeder peregrinuspro Christo trug.

Der Anführer ritt auf seinem Maultier noch ein Stück näher und sah mit aschfahlem Gesicht zu dem Toten auf.

Auch eine der beiden Frauen löste sich von der Gruppe und führte ihr Reittier noch dichter an die Eiche heran, um den Toten mit ruhigem Blick zu betrachten.

Sie reiste zu Pferde, was darauf hinwies, daß sie keine gewöhnliche Ordensschwester war. In ihren blassen Gesichtszügen war keine Angst, sondern eine eigentümliche Mischung aus Abscheu und Neugier zu erkennen. Sie war noch jung, hochgewachsen und von anmutiger Gestalt, eine Tatsache, die ihr schlichtes Gewand kaum zu verbergen vermochte. Ein paar widerspenstige Strähnen roten Haares lugten unter ihrer Kopfbedeckung hervor. Ihr blasses Gesicht war fein geschnitten, und ihre Augen blitzten hell. Es war schwer zu sagen, ob sie blau oder grün waren, denn sie schienen sich mit jeder Gemütslage zu verändern.

«Kommt fort, Schwester Fidelma», murmelte ihr männlicher Begleiter sichtlich bewegt. «Das ist kein schicklicher Anblick für Euch.»

Die junge Frau sah ihn verärgert an.

«Für wen sollte dieser Anblick wohl schicklich sein, Bruder Taran?» gab sie zurück. Dann führte sie ihr Pferd noch näher an die Leiche heran und sagte: «Unser Bruder ist noch nicht lange tot. Wer könnte diese abscheuliche Tat begangen haben? Diebe?»

Bruder Taran schüttelte den Kopf.

«Wir sind in einem wilden Land, Schwester, und dies hier ist erst meine zweite Mission nach North-umbrien. Nicht mehr als dreißig Jahre ist es her, daß wir dieser gottverlassenen Einöde das Wort Christi brachten. Man trifft noch immer viele Heiden, die vor der Geistlichkeit wenig Achtung haben. Laßt uns schnellstens weiterreiten. Wer auch immer diese

Tat begangen hat, hält sich vielleicht noch immer in der Nähe auf. Bis zur Abtei von Streoneshalh kann es jetzt nicht mehr weit sein, und wir sollten auf jeden Fall dort ankommen, ehe die Sonne hinter den Bergen versinkt.»

Er zitterte leicht.

Die junge Frau runzelte verärgert die Stirn.

«Ihr würdet tatsächlich weiterreiten und einen unserer Glaubensbrüder so zurücklassen? Ohne Segen und Begräbnis?»

Bruder Taran zuckte die Achseln. Die Angst stand ihm ins Gesicht geschrieben. Schwester Fidelma wandte sich zu den anderen um.

«Ich brauche ein Messer, um das Seil durchzuschneiden», erklärte sie. «Wir müssen für die Seele unseres Bruders beten und dafür sorgen, daß er ein christliches Begräbnis bekommt.»

Die anderen warfen sich unbehagliche Blicke zu.

«Vielleicht hat Bruder Taran recht», gab das zweite weibliche Mitglied der Gruppe zu bedenken. Es war ein großes, grobknochiges Mädchen, das schwer und unbeholfen auf seinem Reittier saß. «Schließlich kennt er dieses Land ebensogut wie ich. Habe ich nicht jahrelang als versklavte Geisel in Northumbrien leben müssen? Sicherlich wären wir gut beraten, wenn wir unverzüglich weiterreiten und uns in den Schutz der Abtei von Streones-halh begeben würden. Wir können Äbtissin Hilda von der Greueltat berichten. Sie wird am besten wissen, was zu tun ist.»

Schwester Fidelma stöhnte gereizt auf.

«Wir sollten doch zuallererst an die Seele unseres verstorbenen Bruders denken, Schwester Gwid», gab sie zurück. Dann wandte sie sich an die anderen. «Hat denn niemand ein Messer?»

Zögernd kam einer der Männer näher und reichte ihr ein kleines Messer.

Schwester Fidelma nahm es, stieg von ihrem Pferd und ging zu der Stelle, wo das Seil an einen niedrigeren Ast gebunden war. Sie hatte das Messer schon angehoben, als ein schriller Schrei sie innehalten und herumfahren ließ.

Aus dem Wald auf der anderen Seite des Weges kam ein halbes Dutzend Männer. Angeführt wurden sie von einem Mann auf einem Pferd - einem kräftigen Krieger mit langem, zotteligem Haar, das unter einem polierten Bronzehelm herausquoll und in einen dichten schwarzen Bart überging. Er trug einen glänzenden Brustharnisch, und seine Körperhaltung zeugte davon, daß er es gewohnt war, Befehle zu geben. Seine Gefolgsleute trugen verschiedene Waffen, die meisten Knüppel oder Pfeil und Bogen.

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