Ein Einschlag hallt irgendwo. Wir zucken auf, die Augen sind gespannt, die Hände wieder bereit, um die Körper über die Wände des Wagens in den Straßengraben zu werfen.
Es kommt nichts weiter. – Monoton nur die Rufe: »Achtung – Draht« – wir gehen in die Knie, wir sind wieder im Halbschlaf.
1. Wie verstehen Sie folgende Aussage: „Ein gebrochener Arm ist besser als ein Loch im Bauch”? Warum wünschten sich manche eine solche Gelegenheit?
2. Beschreiben Sie die Front.
3. Warum vergleicht Paul die Front mit einem unheimlichen Strudel?
4. Beschreiben Sie „den Weg” von gutgelaunten Soldaten bis zu Menschentieren.
5. Sprechen Sie über Truppen, die auf der Straße ziehen. Warum unterscheidet man keine Gesichter?
6. In welchem Zusammenhang sagt Detering: „Es ist die allergrößte Gemeinheit, dass Tiere im Krieg sind”?
7. Wie wird der Feuerüberfall geschildert? Erzählen Sie diese Episode nach.
Schanze, die– ein Wall aus Erde, mit dem man eine militärische Anlage schützt
Munition, die– Sprengstoffe (besonders Bomben und Minen) und Kugeln, Patronen für Waffen
Insasse, der– 1) jemand, der in einem Fahrzeug sitzt; 2) jemand, der in einem Heim lebt oder im Gefängnis ist
Kattun, der– ein sehr starkes Artelleriefeuer
Tommys– Kurzform für Thomas, scherzhaft für englische Soldaten
rumoren– dumpfe Geräusche machen
Strudel, der– eine Stelle in einem Fluss, an der das Wasser eine kreisförmige Bewegung macht und nach unten gezogen wird
Mulde, die– eine Stelle, an der eine (Ober)Fläche etwas nach unten geht; Senke, Vertiefung
Flandern– historische Landschaft an der Nordseeküste
Vogesen– Mittelgebiet am West-Rand des Oberrheinischen Tieflandes
Terrain, das– ein Gebiet mit seinen topographischen Eigenschaften; Gelände
Schlamassel, der– eine ärgerliche, schwierige Lage
Brunft, die– die Zeit im Herbst, in der Rehe und Hirsche sich paaren
taumeln– sich im Stehen von einer Seite zur anderen bewegen (und dabei fast umfallen); schwanken, torkeln
Flachskopf, der– Mann mit blondem Haar
Volltreffer, der– ein Schlag oder Schuss mitten ins Ziel
Tragbahre, die– ein Gestell, auf dem man Kranke, Verletzte oder Tote (liegend) transportiert
Gedärme, das– lange (schlauchförmige) Organe zwischen Magen und After, die zur Verdauung dient
Gemeinheit, die– etwas, das Grund zu Ärger gibt
tappen– sich langsam, vorsichtig und unsicher fortbewegen
Buckel, der– eine leicht gewölbte Stelle auf einer ebenen Fläche
Scholle, die– ein großes Stück Erde
Satz, der– ein großer Sprung
würgen– jemanden ersticken, indem man ihm die Kehle zusammendrückt
Schwaden, der– eine ziemlich dichte Masse von Rauch, Nebel in der Luft
Gelenk, das– eine bewegliche Verbindung zwischen Knochen
Verband, der– ein Stück Stoff, das man um den verletzten Teil des Körpers legt
Strähne, die– eine größere Menge langer und glatter Haare, die zusammen sind
Es ist beschwerlich, die einzelne Laus* zu töten, wenn man Hunderte hat. Die Tiere sind etwas hart, und das ewige Knipsen mit den Fingernägeln wird langweilig. Tjaden hat deshalb den Deckel einer Schuhputzschachtel mit Draht über einem brennenden Kerzenstumpf befestigt. In diese kleine Pfanne werden die Läuse einfach hineingeworfen – es knackt, und sie sind erledigt.
Wir sitzen rundherum, die Hemden auf den Knien, den Oberkörper nackt in der warmen Luft, die Hände bei der Arbeit. Haie hat eine besonders feine Art von Läusen: sie haben ein rotes Kreuz auf dem Kopf. Deshalb behauptet er, sie aus dem Lazarett in Thourhout* mitgebracht zu haben, sie seien von einem Oberstabsarzt persönlich. Er will auch das sich langsam in dem Blechdeckel ansammelnde Fett zum Stiefelschmieren benutzen und brüllte eine halbe Stunde lang vor Lachen über seinen Witz.
Doch heute hat er wenig Erfolg; etwas anderes beschäftigt uns zu sehr.
Das Gerücht ist Wahrheit geworden. Himmelstoß ist da. Gestern ist er erschienen, wir haben seine wohlbekannte Stimme schon gehört. Er soll zu Hause ein paar junge Rekruten zu kräftig im Sturzacker gehabt haben. Ohne dass er es wusste, war der Sohn des Regierungspräsidenten dabei. Das brach ihm das Genick*.
Hier wird er sich wundern. Tjaden erörtert seit Stunden alle Möglichkeiten, wie er ihm antworten will. Haie sieht nachdenklich seine große Flosse an und kneift mir ein Auge. Die Prügelei war der Höhepunkt seines Daseins; er hat mir erzählt, dass er noch manchmal davon träumt.
* * *
Kropp und Müller unterhalten sich. Kropp hat als einziger ein Kochgeschirr voll Linsen erbeutet, wahrscheinlich bei der Pionierküche. Müller schielt gierig hin, beherrscht sich aber und fragt: »Albert, was würdest du tun, wenn jetzt mit einemmal Frieden wäre?«
»Frieden gibt’s nicht!« äußert Albert kurz.
»Na, aber wenn – «, beharrt Müller, »was würdest du machen?«
»Abhauen!« knurrt Kropp.
»Das ist klar. Und dann?«
»Mich besaufen«, sagt Albert.
»Rede keinen Quatsch, ich meine es ernst – «
»Ich auch«, sagt Albert, »was soll man denn anders machen.«
Kat interessiert sich für die Frage. Er fordert von Kropp seinen Tribut* an den Linsen, erhält ihn, überlegt dann lange und meint: »Besaufen könnte man sich ja, sonst aber auf die nächste Eisenbahn – und ab nach Muttern*. Mensch, Frieden, Albert – «
Er kramt in seiner Wachstuchbrieftasche nach einer Fotografie und zeigt sie stolz herum. »Meine Alte!« Dann packt er sie weg und flucht: »Verdammter Lausekrieg – «
»Du kannst gut reden«, sage ich. »Du hast deinen Jungen und deine Frau.«
»Stimmt«, nickt er, »ich muss dafür sorgen, dass sie was zu essen haben.«
Wir lachen. »Daran wird’s nicht fehlen, Kat, sonst requierierst* du eben.«
Müller ist hungrig und gibt sich noch nicht zufrieden. Er schreckt Haie Westhus aus seinen Verprügelträumen. »Haie, was würdest du denn machen, wenn jetzt Frieden wäre?«
»Er müsste dir den Arsch vollhauen, weil du hier von so etwas überhaupt anfängst«, sage ich, »wie kommt das eigentlich?«
»Wie kommt Kuhscheiße aufs Dach?« antwortet Müller lakonisch und wendet sich wieder an Haie Westhus. Es ist zu schwer auf einmal für Haie. Er wiegt seinen sommersprossigen Schädel: »Du meinst, wenn kein Krieg mehr ist?«
»Richtig. Du merkst auch alles.«
»Dann kämen doch wieder Weiber, nicht?« – Haie leckt sich das Maul.
»Das auch.«
»Meine Fresse noch mal«, sagt Haie, und sein Gesicht taut auf, » dann würde ich mir so einen strammen Feger* schnappen, so einen richtigen Küchendragoner, weißt du, mit ordentlich was dran zum Festhalten, und sofort nichts wie ‘rin in die Betten! Stell dir mal vor, richtige Federbetten mit Sprungmatratzen, Kinners*, acht Tage lang würde ich keine Hose wieder anziehen.«
Alles schweigt. Das Bild ist zu wunderbar. Schauer laufen uns über die Haut. Endlich ermannt sich Müller und fragt: »Und danach?«
Pause. Dann erklärt Haie etwas verzwickt: »Wenn ich Unteroffizier wäre, würde ich erst noch bei den Preußen bleiben und kapitulieren.«
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