Sofort nach meiner Ankunft hatte ich versucht, den Gastgeber ausfindig zu machen, aber die zwei oder drei Leute, die ich nach ihm fragte, starrten mich so entgeistert an und leugneten so heftig, das geringste über seinen Verbleib zu wissen, daß ich mich verstohlen zu dem Tisch mit den Cocktails schlich. Nur dort im Garten konnte man als einzelner Mann mit Anstand verweilen, ohne sich allzu dumm und verloren zu fühlen.
Ich war auf dem besten Wege, mich aus purer Verlegenheit gewaltig zu betrinken, als oben Jordan Baker aus dem Hause trat. Sie stand, ein wenig zurückgelehnt, auf der obersten Stufe der marmornen Freitreppe und blickte mit geringschätzigem Interesse in den Garten.
Erwünscht oder nicht – es schien mir notwendig, mich an irgend jemand zu hängen, ehe ich in das Stadium kam, plumpvertrauliche Bemerkungen an die Vorübergehenden zu richten.
»Hallo!« grölte ich und strebte zu ihr hin. Ich hatte den Eindruck, daß meine Stimme unnatürlich laut durch den Garten schallte.
»Ich dachte mir schon, daß ich Sie hier treffen würde«, antwortete sie gleichgültig, als ich zu ihr hinaufkam. »Mir fiel ein, daß Sie doch der Nachbar von –«
Sie hielt ganz unpersönlich meine Hand, nur wie ein Versprechen, daß sie sich gleich um mich kümmern werde, und hörte inzwischen auf zwei Mädchen in gelben Zwillingskleidern, die am Fuß der Treppe standen.
»Hallo!« riefen sie aus einem Munde. »Schade, daß Sie nicht gewonnen haben.«
Das bezog sich auf das Golfturnier. Sie hatte vor zwei Wochen in der Endrunde verloren.
»Sie wissen natürlich nicht, wer wir sind«, sagte eins der Mädchen in Gelb, »aber wir haben uns vor vier Wochen hier getroffen.«
»Sie haben inzwischen Ihr Haar gebleicht«, bemerkte Jordan, und ich wollte etwas sagen, da waren die Mädchen zufällig schon weitergegangen, so daß ihre Bemerkung gleichsam an den Mond gesprochen war, der vorzeitig am Himmel stand, denn zweifellos war er mit dem Abendessen mitgeliefert worden. Jordan schob ihren schlanken goldbraunen Arm in meinen; so stiegen wir die Stufen hinab und schlenderten im Garten umher. Ein Tablett mit Cocktails schwebte im Dämmerlicht auf uns zu, und wir setzten uns an einen Tisch zusammen mit den beiden Mädchen in Gelb und drei Herren, die uns sämtlich als Mr. Mumble vorgestellt wurden.
»Kommen Sie oft zu diesen Cocktailparties?« fragte Jordan das Mädchen, das neben ihr saß.
»Das letztemal war’s der Abend, an dem wir uns getroffen haben«, antwortete das Mädchen munter und zutraulich. Sie wandte sich an ihre Gefährtin: »Bei dir auch, Lucille?«
Ja, bei Lucille auch.
»Ich komme gern her«, sagte Lucille. »Ich weiß ohnehin nie, was anfangen; darum amüsier ich mich immer glänzend. Als ich zuletzt hier war, hab ich mir an einem Stuhl mein Kleid zerrissen. Er fragte mich nach Namen und Adresse – und binnen einer Woche bekam ich von Croirier ein Paket mit einem ganz neuen Abendkleid.«
»Haben Sie es behalten?« fragte Jordan.
»Selbstverständlich. Ich wollte es heute abend anziehen, aber es war oben zu weit und mußte noch geändert werden. Es ist heliotrop mit lavendelfarbener Perlstickerei. Zweihundertfünfundsechzig Dollar.«
»Muß ’n ulkiger Kerl sein, der so was macht«, sagte das andere Mädchen und wurde lebhafter. »Er will eben mit keinem Menschen Ärger haben.«
»Wer?« fragte ich.
»Gatsby. Jemand hat mir erzählt –«
Die beiden Mädchen und Jordan rückten vertraulich zusammen.
»Irgendwer sagte mir, er soll einmal jemand umgebracht haben.«
Wir erschauerten alle. Die drei Mister Mumble beugten sich gierig lauschend vor.
»Ich glaube, das ist es nicht allein«, gab Lucille skeptisch zu bedenken, »es ist vielmehr, weil er doch während des Krieges deutscher Spion war.«
Einer der Herren nickte bestätigend.
»Ich hörte das von jemand, der genau über ihn Bescheid wußte und mit ihm in Deutschland aufgewachsen war«, versicherte er uns mit Bestimmtheit.
»O nein«, sagte das erste Mädchen, »das kann’s nicht sein, denn er war ja während des Krieges im amerikanischen Heer.« Als wir nun wieder gläubig an ihren Lippen hingen, war sie entzückt und beugte sich eifrig vor. »Ihr müßt ihn nur sehn – manchmal, wenn er sich unbeobachtet glaubt. Ich möchte wetten, er hat einen umgebracht.«
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