ebook 2020
© 2014 mdv Mitteldeutscher Verlag GmbH, Halle (Saale)
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Alle Rechte vorbehalten
Umschlagabbildung: Peter Dunsch
Gesamtherstellung: Mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale)
ISBN 978-3-96311-483-0
Vorspiel oder Ein spöttischer Auftrag
Drahtseilakt
Scharf auf scharfe Blondinen
Frauen auf dem Vormarsch
Zu niemandem ein Wort!
Vergessen im Doppelpack
Schluss mit Frauenüberschuss!
Einparken ist so leicht
Neue Chance mit Annonce
Träum weiter!
Jetzt nicht, vielleicht später!
Höchste Eisenbahn!
Erst taff, dann schlaff
Mit Wonne in die Wanne
Volles Rohr
Die Paketbombe
Hör mir zu!
Vorspiel oder Ein spöttischer Auftrag
In keiner Branche tobt der Konkurrenzkampf heftiger als in der Buchindustrie. Die Ursachen, das muss ich in aller Deutlichkeit sagen, sind hausgemacht. Verlage produzieren einfach zu viele Bücher. Ein durchschnittlicher Leser vertilgt, wenn er geistig ausgehungert ist, ein bis zwei Bücher pro Woche. Und wenn er am Sonntagabend die Schinken mit blutunterlaufenen Augen ins Regal zurückschiebt, haben unsere Verlage bereits 1.600 neue Schwarten für ihn produziert. Vergleichbar ist das mit einem Pizzabäcker, bei dem Sie eine Quattro Formaggi als Seniorenportion bestellen, der Ihnen aber sein komplettes Sortiment in hundertfacher Menge liefert.
Hauptschuld an der gigantischen Buchüberproduktion sind die Autoren selbst. Inzwischen haben sie zahlenmäßig die Leserschaft weit übertroffen. Verlage könnten nämlich keine Bücher drucken lassen, wenn sie vorher keiner geschrieben hätte. Auch ich bin Teil dieser eitlen Massenbewegung, habe mir aber jetzt geschworen, wegen mieser Erfolgsaussichten diese zwanghaft neurotische Tätigkeit einzustellen.
Wer noch nie geschrieben hat, kann sich kaum die bestialischen Entzugserscheinungen vorstellen, die die Abstinenz mit sich bringt. Sobald man einen Computer, einen Kugelschreiber oder nur ein leeres Blatt Papier zu Gesicht bekommt, beginnen die Finger zu zittern, das Herz zu rasen und in den Achselhöhlen bilden sich lebende Feuchtbiotope. Ich habe unsäglich unter diesen Symptomen gelitten und massiv dagegen angekämpft. Und voller Stolz kann ich sagen, ich habe diese traumatisierende Sucht besiegt, bin wieder völlig clean. Über eine Woche habe ich es ausgehalten, nichts geschrieben, außer einem unscheinbaren Exposé für eine neue Satire, die davon handelt, dass es einfach zu viele Autoren gibt, die glauben, auch nur ein Leser würde sich nach ihren Texten verzehren.
Dafür, dass dieses Buch zustande gekommen ist, trage ich keinerlei Verantwortung. Ich habe lediglich auf Anweisung gehandelt. Der Auftrag kam sozusagen von höchster Stelle. Am nächsten Morgen geschah nämlich Folgendes: Es muss zwischen acht und neun gewesen sein, als eine spöttische Eingebung in Form eines großen Blechweckers mit zwei riesigen Außenglocken auf mich niederprasselte. Der Aufschlag auf meinen bis dahin wohlgeformten Schädel war derart hart, dass ich augenblicklich aufschrak. Und in dieser Zehntelsekunde zwischen absolutem Tiefschlaf und völligem Wachzustand ereignete sich nachfolgendes Gespräch zwischen dem Allmächtigen und mir:
VATER: Mein Sohn …
ICH: Wer spricht denn da?
VATER: Ich, dein himmlischer Vater.
ICH: Ich habe einen himmlischen Vater?
VATER: Jeder Mensch hat einen himmlischen Vater.
ICH: Mein Gott! Da muss ja ein Gedränge bei euch da oben herrschen.
VATER: Ach, halb so schlimm.
ICH: Und was willst du von mir?
VATER: Ich habe dich unter allen Schreiberlingen auserwählt und zu einem göttlichen Auftrag bestimmt.
ICH: Du meinst einen spöttischen Auftrag.
VATER: Geht natürlich auch.
ICH: Und worin besteht dieser?
VATER: Du sollst heiraten!
ICH: Nee, nicht schon wieder?
VATER: Ups! Du hast schon ein Eheweib?
ICH: Stell dir vor! Meine Frau hatte sogar vor zwei Jahren Silberhochzeit.
VATER: Na, umso besser. Ein Problem weniger.
ICH: Was für ein Problem?
VATER: Die eheliche Lernphase. Du kannst dich gleich in die Arbeit stürzen.
ICH: Und warum ausgerechnet ich?
VATER: Weil du ein Mann bist.
ICH: Es gibt Millionen Männer.
VATER: Schon möglich, aber die eine Hälfte kann nicht schreiben und die andere Hälfte sich nicht verständlich genug ausdrücken.
ICH: Wie bist du überhaupt auf diese verrückte Schnapsidee gekommen?
VATER: Wie du weißt, schuf ich vor langer Zeit den ersten Menschen, einen Mann namens Adam. Er war mir wirklich nicht schlecht gelungen, wohlerzogen, geistig frisch, von kräftiger und wohlgeformter Statur, ein vollkommener Mann eben. Leider etwas zu vollkommen. Ich kann mir nicht mehr erklären, wie ich auf die Idee mit diesem überflüssigen Nippel zwischen seinen Beinen kam. Aber irgendetwas brauchte er doch zum Wasserlassen. Gut, ein Loch hätte es auch getan. Adam war, wie gesagt, sehr geistreich und fand bald noch eine weitere Verwendung für seinen kleinen Freund, und damit nahm das Menschheitsdrama seinen Lauf.
ICH: Was für ein Drama?
VATER: Eva, das erste Weib.
ICH: Ich denke, du bist der Allmächtige. Warum konntest du diese Katastrophe nicht verhindern?
VATER: Adams Jammern wurde immer unerträglicher. Ich musste ihm diesen kleinen Gefallen tun. Außerdem konnte ich zu diesem Zeitpunkt nicht ahnen, welche Ausmaße die Dinge annehmen würden. Dass er eine seiner Rippen für Evas Erschaffung opferte, ließ mich glauben, sie würde auch ein so edles Geschöpf werden. Aber als sie so entblößt vor ihm stand, waren seine Augen von ihrer Schönheit derart geblendet, dass er sich von ihr verführen ließ.
„ Jeden Morgen das Gleiche, ich halte es für einen automatischen Sonnenstandanzeiger.“
ICH: Sie hat ihn verführt?
VATER: Ja, sicher – mit einem Apfel.
ICH: Prima! Obst ist gesund.
VATER: Aber doch nicht vom Baum der Erkenntnis. Mir blieb keine andere Wahl. Ich musste die beiden Bösewichter aus dem Paradies vertreiben.
ICH: Mann, bei euch herrschen aber raue Sitten!
VATER: Nicht ohne triftigen Grund. Die beiden Sünder haben nämlich nicht nur rumgemehrt, sondern sich auch kräftig vermehrt.
ICH: Siehst du, du bist eben doch nicht so perfekt.
VATER: Was hätte ich denn tun sollen?
ICH: Eva auch einen Nippel geben. Das ist wie bei den Knöpfen. Man braucht ein Loch und einen Knopf. Eine Verbindung aus zwei Knöpfen geht nicht.
VATER: Das weiß ich jetzt auch.
ICH: Und welche Aufgabe soll ich in diesem Spiel haben?
VATER: Eine sehr angenehme. Du sollst den verführbaren Menschen die „Neue Botschaft“ überbringen.
ICH: Und wie stellst du dir das vor?
VATER: Schreib ihnen ein Buch!
ICH: Und was soll ich da hineinschreiben?
VATER: Das wird sich finden. Du brauchst nur dein Umfeld genau zu beobachten!
ICH: Ich soll spannen?
Vater: Und darüber etwas Spannendes schreiben!
ICH: Und wenn ich nicht will?
Vater: Dann lass es eben bleiben!
Ich ließ es nicht bleiben.
Und bei allem Ernst möchte ich Ihnen einen wichtigen Rat mit auf den Weg geben. Lesen Sie bitte die anschließenden Geschichten mit einer unbelasteten Heiterkeit! Und alle Verheirateten, die mit ihrem Partner nicht glücklich sind, möchte ich mit der Tatsache trösten: Nichts kann so schlimm sein, dass es nicht noch schlimmer kommen könnte!
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