Kalle steckt in der Falle.
Oh, was ist das denn? Da ist ja eine glänzende Klappe in der Tür! Zum Glück ist sie nicht allzu weit oben. Hamsterflink schiebt Kalle seinen Koffer durch, dann zieht er sein Bäuchlein ein und klettert selbst hinein. Da hab ich ja Hamsterglück, denkt er sich. Doch, oh nein! Plötzlich kommt er weder vor noch zurück.
„Nanu, warum geht es denn jetzt nicht weiter?“, wundert sich Kalle.
Hinter ihm wird das Brüllen noch lauter. Das saugende Monstrum hat ihn fast erreicht!
„Los, Kalle, Beeilung!“, denkt der kleine Hamster verzweifelt. Mit aller Kraft versucht er, sich zu befreien. Er zieht den Bauch noch ein wenig mehr ein und endlich … PLOPP,HAT ER ES GESCHAFFT! Kalle purzelt durch den Briefschlitz nach draußen und landet vor der Wohnungstür im Hausflur. Neben seinem Koffer.
Endlich ist er frei!
Jetzt erst mal durchatmen. Kalles kleines Hamsterherz pocht immer noch wie wild.
Er blickt sich um. „Hier bin ich noch nie gewesen“, schießt es ihm durch den Kopf.
Dort geht es eine Treppe runter. Das muss der richtige Weg sein!
Stufe für Stufe klettert der kleine Hamster mühsam die Treppe hinab. Er ist schon fast unten angekommen, da sieht er im Augenwinkel etwas das Treppengeländer runterrutschen. Es ist ein graues flauschiges Tier mit großen Ohren und einem langen Schwanz.
„Hey, warum nimmst du nicht die Rutsche?“, krächzt es und lacht.
„Öhm, ich wusste nicht … also …“
Kalle betrachtet das graue Fellwesen genauer.
„Sag mal, was für ein Tier bist du eigentlich?“
„Ratte doch mal, äh, rate doch mal!“, sagt das graue Tier lachend.
„Öhm, ein GOLDFISCH?Oder ein Krokodil?“
„Hey, ich bin grau!“
„Ich hab’s! Natürlich! Du bist ein Elefant!“
Plötzlich öffnet sich eine Tür und ein riesiger Zweibeiner mit einer gelben Jacke, einer gelben Mütze und einer gelben Tasche betritt das Haus.
„Schnell raus hier!“, ruft das Grautier und flitzt zur Tür.
Kalle hinterher.
Unbemerkt schlüpfen die beiden aus dem Haus.
„Ich bin übrigens Rosa“, sagt das Tier.
„Hä?“, wundert sich Kalle. „Ich dachte, du bist grau!“
„Rosa ist mein Name! Ich bin etwas ganz besonders Feines. Eine echte Kanalratte.“
„Kalle!“, sagt Kalle. „Ich heiße Kalle! Und ich bin ein goldiger Goldhamster.“
Rosa nickt.
Kalle blickt sich staunend um.
Überall wimmelt es von Zweibeinern und Vierbeinern. Und es gibt so viele Dinge, die Kalle noch nie gesehen hat.
„Wow, das ist also die große, weite Welt!“
„Nanu, was ist denn das für ein Geruch hier? Hier duftet es ja ganz anders als in meinem Zuhause.“ Kalle schnuppert. Es riecht nach Blümchen, Kaugummi und Pommes. „Das ist also der Duft der Freiheit! Toll!“
„Na ja, ein bisschen riecht es hier auch nach Hundehaufen!“, sagt Rosa und kichert.
Plötzlich quietscht es direkt neben dem kleinen Hamster. In letzter Sekunde kann er aus dem Weg springen, da rollt auch schon ein Rad an ihm vorbei, zehnmal größer als sein Hamsterrad.
Kalle weicht erschrocken zurück. Doch auf einmal ist ein großer Schatten über ihm … Wieder springt er zur Seite.
Knapp neben ihm donnert ein riesiger Schuh auf den Bürgersteig. Fast wäre ein Zweibeiner auf ihn getreten. Kalle japst. Schnell weg hier! Nur wohin?
Kurz bleibt er stehen, um einmal durchzuatmen, und stellt seinen Koffer ab. Im nächsten Moment wird er von den Füßen gerissen und fliegt zur Seite. Staunend blickt er in Rosas Gesicht. Gut, dass die Ratte ihn von der Fahrbahn gezogen hat! Denn dort, wo er gerade noch stand, rollt eine RIESIGEBlechkiste über seinen Koffer.
„Oh nein, meine Sachen!“, schnieft der kleine Hamster entsetzt. Rosa schaut Kalle mitleidig an: „Du könntest jetzt genauso platt sein! Du musst besser aufpassen!“
Als Kalle sich etwas beruhigt hat, verabschiedet sich die Ratte von ihm.
„Pass gut auf dich auf! Halte dich am besten von den großen Straßen fern!“, gibt sie ihm noch mit auf den Weg, bevor sie um die nächste Ecke verschwindet.
Dann ist Kalle alleine. Er nimmt einen tiefen Atemzug von der guten Stadtluft, und dann macht er sich auf, um endlich die große weite Welt zu erkunden.
„Halte dich von den großen Straßen fern!”, wiederholt Kalle Rosas Worte und flüchtet sich in eine ruhige, aber dunkle Gasse.
Da rumpelt es zwischen den Mülltonnen.
Plötzlich blitzen ein paar grüne Augen in der Dunkelheit auf.
„Öhm, hallo, wer bist du denn?“, fragt Kalle zögerlich.
Hinter der Mülltonne taucht eine Katze auf. Elegant schlendert sie auf Kalle zu und schleckt sich über die Lippen.
„Na, du bist aber eine schöne, gut genährte Maus.“
Die Katze schnurrt und schleicht um Kalle herum.
„Äh, danke für das Kompliment. Ja, das finde ich auch, dass ich äußerst gut aussehe. Ich bin aber keine Maus, sondern ein Hamster. In meinem alten Zimmer war ich der goldigste Hamster vom Schrank bis zur Zimmertür“, sagt Kalle stolz.
„Interessant, interessant … Du bist aber auch ein Prachtexemplar. Mein Freund, ich würde dich gerne zum Essen einladen. Was hältst du davon?“
Kalle staunt: „Hamsterkrass, wie schnell man hier Freunde findet! Hey, du bist doch eine Katze, oder? Katzen kenn ich schon vom Plakat in meinem Zimmer! Da hab ich ja ein Riesenglück, dass ich dich hier treffe! Ich bin der glücklichste Goldhamster, den es gibt! Endlich ein liebes Tier, das mich versteht.“ Er tätschelt die Wange der Katze und zieht an ihren Schnurrhaaren.
Erst guckt die Katze etwas verwundert, dann aber verzieht sie ihr Gesicht zu einem schrägen Grinsen. Eine Reihe furchterregender Zähne blitzt auf.
„Wow, du hast ja ein schönes Gebiss!“, staunt Kalle. „Hast du schon mal überlegt, Werbung für Zahnpasta zu machen?“
„Mir ist es eher wichtig, dass ich bald einen dicken Happen zwischen die Zähne bekomme. Also, mein lieber Freund! Dann komm mal mit!“, schnurrt sie.
Kalle läuft der Katze hinterher. „Und was gibt es zum Abendessen? Ein Möhrchen oder einen Maiskolben … oder Hamsti-Mampfis? Stimmt’s, ich hab recht, mein alter Katzenfreund, oder? Hamsti-Mampfis, das ist es, richtig?“, fragt der hungrige Hamster.
Die Katze dreht sich mit einem Mal um und fährt eine spitze und scharfe Kralle aus. Damit berührt sie Kalle vorsichtig am Bauch.
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