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Unerfüllte Träume einer jungen Liebe
Heimatroman
Marie-Claire de Bergér
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Personen und Handlungen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.
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© 2020 – Papierfresserchens MTM-Verlag GbR
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Taschenbuchauflage erschienen 2013
Cover gestaltet mit Bildern von © Victoria - Fotolia.com + Taiga - Adobe Stock - lizensiert
Lektorat: Hedda Esselborn
ISBN: 978-3-86196-219-9 – Taschenbuch
ISBN: 978-3-96074-353-8 – E-Book
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Inhalt
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Dieses Buch, das ich bereits vor sechsunddreißig Jahren schreiben wollte, ist nun fertig. Ich möchte diesen Band meinem tödlich verunglückten Bergkameraden, einem besonderen Menschen, den ich nie vergessen habe, widmen: Diether Marchart stud. phil. danke ich insbesondere für seine Liebe, Herzlichkeit, Fröhlichkeit und Besonnenheit in den Schweizer Bergen, wenn wir beide dort unterwegs waren. Ich möchte das Buch weiterhin meinem Bergfreund Klaus Herrmann widmen, der 1967 im Karwendelgebirge tödlich verunglückte, sowie meinem alten Bergkameraden Klaus Wischer, der 1994 verstorben ist. Für ihre treue Bergkameradschaft, ihre Loyalität beim Bergsteigen, Bergwandern und beim Klettern, außerdem für ihre Menschlichkeit und Größe.
Vor allem bei den noch lebenden Bergfreunden möchte ich mich hiermit bedanken: bei Heinz Steinkötter aus Trient, Franzel Widerer aus München, Hans-Peter König aus Wuppertal, Jürgen und Christel May aus Köln, Rosel und Manfred Arenz aus Egglkofen, Helga Freivogel aus München, dem ehemaligen Chefredakteur des Bergkamerad, dem Bergverlag Rother, Karl-Heinz Muffat aus Benediktbeuren. In alter Verbundenheit möchte ich meinen „alten“ Bergkameraden der Jungmannschaft der Sektion Aachen des Deutschen-Alpenvereins danken. Besonderen Dank für die Jahre 1963 bis 1967 gilt dem Jungmannschaftsleiter Friedel Esser.
Die Bergkameradschaft ist das größte und schönste Geschenk, das es im Leben gibt. Sie vergeht nie! Den Bergfreunden auf allen Bergen der Welt: Mögen die Berge ewig stehen!
Marie-Claire de Bergér
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Ich hab mir Träume aufgeschrieben,
Träume, die man nicht mehr erleben kann.
Träume nur für mich allein.
Träume den Traum!
Die Wirklichkeit sieht anders aus.
Träume, wie sie hätten sein können.
Wenn, ja, wenn er nicht in diese Wand …?
Träume sind keine Schäume.
Träume wollen uns etwas sagen!
Der Mensch ohne Träume
ist ein Wesen ohne den Sinn des Lebens.
Wenn jemand keine Träume hat,
weint die Seele.
Der Traum eines Menschen ist der Traum vom Glück.
Ohne Träume ist der Mensch ein Nichts.
Das Schönste am Träumen ist:
Man kann sie aufschreiben und sie beim
Schreiben erleben – und lesen!
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Ein Samstagnachmittag im August des Jahres 1958: Wolkenlos war der Himmel über Luzern, der Kantonshauptstadt der Zentralschweiz, der berühmten Stadt an der Reuß. Es herrschte reger Betrieb auf dem Parkplatz am äußeren Rande der City. Uschi Giebelmeyer saß am Ende des Platzes auf einer Bank, die im Halbschatten unter einem Baum stand.
Plötzlich näherte sich ein junger Mann, der etwa 1,80 Meter groß und schlank war. Er hatte einen Kletterrucksack dabei, ein Perlonseil über der Schulter und in der Rechten einen Pickel. Er kam langsam auf ihre Bank zu, wischte sich den Schweiß von der Stirn und meinte lakonisch: „Heiß heut, gell?“
Uschi sah ihm neugierig ins braun gebrannte Bubengesicht, ehe sie antwortete: „Ja, sehr, darum sitze ich hier im Halbschatten.“ Sie schaute ihm immer noch mitten in seine lachenden, blauen Augen – und dann traf es sie beide wie ein Blitz. So eine Begegnung nannte man im Volksmund Liebe auf den ersten Blick. Diether fuhr es durch Mark und Bein und Uschi erging es ebenso. Sie reichten sich wie unter einem Zwang die Hände und sprachen gleichzeitig ihre Namen aus.
„Ich heiße Diether Marchart.“
„Und ich bin Uschi Giebelmeyer.“
Zu Diethers Freude ergriff Uschi als Erste das Wort: „Sag amoal, warst beim Klettern, Diether?“
„Ja freili, i war im Alpsteingebirge im Appenzellerland“, entgegnete er.
„Woher kommst denn, bist du aus Österreich?“, fragte Uschi.
„Hört man das? Ja, i bin aus Wien und studiere Germanistik und Philosophie. Bist du aus Bayern?“
„Ja, i mach mit der Freundin meiner Mutter Ferien auf Rigi Scheidegg. Die Freundin ist meine Patentante, sie besitzt dort ein Chalet, das ihren Großeltern gehörte. Nun hat sie es geerbt und musste deswegen in Luzern zum Notar. Dieser hat das Testament in Verwahrung und deshalb hatte meine Patentante dort zu tun. Und weil es mir in der Innenstadt zu heiß war, sitze ich hier und warte auf sie.“
„Wo wohnst du denn in Bayern“, fragte er.
„In Trostberg an der Alz, das ist im Chiemgau, da bin i daheim, fünfundzwanzig Kilometer vom Chiemsee entfernt“, fügte Uschi hinzu.
„Madl, gehst auch in die Berg?“
„Freili, mit meiner Freundin Christel und unseren Bergkameraden Franzl und Fritzl.“ Sie lächelte. „Meistens san mir im Wilden Kaiser auf der Strips, pardon, im Stripsen-Jochhaus der Sektion Kufstein in Tirol. Dort san mir an vielen Wochenenden. Aber auch in den Berchtesgadener-Alpen auf dem Stahl-Haus am Torrener Joch der Sektion Lofer“, ergänzte Uschi ihre Rede.
„Sauber, sag i. Wie lang bist noch in der Schweiz?“, fragte Diether.
Uschi antwortete: „Noch vierzehn Tag, wir wollen noch ein paar Wanderungen im Oberengadin erleben. Dorthin werden wir in der letzten Woche fahren. Dann sind wir im Fextal in einem Ferienhaus untergebracht. Dieses Haus gehört einer Freundin von Marie-Theres, und die hat uns wie jedes Jahr eingeladen. Schau, da kimmt sie selbst!“
Uschi war eine Augenweide in ihrem blau gemusterten Jacquard-Dirndl mit der grünen Seidenschürze und dem blonden, mit Strähnchen durchzogenem Bubikopf. Kein Wunder, dass Diether Feuer gefangen hatte.
Ihre Patentante war dunkelhaarig, die gleiche Haarfrisur wie ihr Mündel. Sie war genauso gekleidet wie Uschi, nur in einem grün gemusterten Dirndl mit gelber Seidenschürze. Marie-Theres kam merklich näher und wunderte sich über ihre Ulli, wie sie ihr Patenkind nannte, die mit einem fremden, jungen Mann sprach. Er hatte einen aufrichtigen Blick, stahlblaue Augen und war gekleidet wie ein Bergsteiger. „Ja, wen haben wir denn da?“, lachte sie.
Diether stellte sich vor, verbeugte sich ritterlich und begrüßte sie mit einem festen Händedruck. „Marie-Theres, glauben Sie an Liebe auf den ersten Blick?“, sprach Diether furchtlos zu ihr.
Sie musste lachen, ob sie wollte oder nicht. „Da hast du mir ja was Schönes eingebrockt, Ursula. Was soll ich jetzt deiner Mama erzählen, die hält mich für verrückt, wenn ich ihr dies berichte. Hören Sie, Diether, das Gör ist erst sechzehn Jahre alt“, erwiderte sie belustigt.
„Macht doch nichts, ich bin achtzehn Jahre alt und studiere in Wien an der Universität.“
„So, so, Sie sind Student. Na ja, dann müssen wir den Tatsachen ins Auge sehen, Ursula, was meinst du?“, lächelte sie. „Dann kommen Sie halt mit nach Rigi Scheidegg und wohnen bei uns im Haus. Platz ist ja eh genug da“, fügte sie freundlich hinzu.
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