Arthur Doyle - Fünf Apfelsinenkerne

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Oberst Elias Openshaw ist ein strenger, prinzipientreuer Mann. Er hat es mit Tüchtigkeit, Pflichtbewusstsein und Fleiß zu einem beachtlichen Vermögen gebracht. Dieses hat er sich während jener Jahre erworben, in welchen er in den USA lebte. Nun ist er vor einiger Zeit nach England zurückgekehrt. Hier hat er ein Gut in Horsham gekauft, wo er auch seinen Neffen John erzieht. Johns Vater Joseph, Mr. Openshaws Bruder, hat die familieneigene Fabrik in den Ruin geführt. Außerdem hat er sich der Trunksucht ergeben. Mr. John Openshaws Mutter ist darüber gramgebeugt gestorben. So ist es nicht verwunderlich, dass der junge Mann von dankbarer Sorge um seinen Onkel geplagt wird, als dieser eines Tages einen merkwürdigen Brief erhält. In dem Brief befindet sich ein kurzes Anschreiben mit der Aufforderung, gewisse Papiere auf die Sonnenuhr im Garten zu legen. Außerdem enthält der Brief fünf Orangenkerne. Weiter befindet sich nichts in dem Kuvert. Aber John Openshaw merkt sehr bald, dass irgendetwas seinem Onkel große Angst bereiten muss. Denn dieser eilt sofort auf den Dachboden. Dort sind, neben vielen anderen Dingen, auch die Erinnerungen an seine Zeit in Amerika verwahrt. Mr. Eilas Openshaw geht stracks auf diese Truhe zu, öffnet und durchwühlt sie. Dabei fängt er an, Papiere herauszunehmen und zu verbrennen. Sein Neffe kann sich das Verhalten seines Onkels nicht erklären. Dieser will dazu jedoch nichts sagen. Und so bleibt John Openshaw nur eine Wahl. Ob mit oder ohne Erlaubnis seines Onkels – er wird Sherlock Holmes aufsuchen. Am nächsten Tag spricht der junge Mann tatsächlich in der Bakerstreet 221b vor. Holmes empfängt ihn freundlich und so berichtet John Openshaw, was im Hause seines Onkels geschehen ist. Der Meisterdetektiv hört ruhig zu und stellt nur ab und an Fragen. So erfährt er, dass Mr. Elias Openshaw aus Ärger über die ungerechte Erbverteilung durch seinen Vater in die USA emigriert ist. Dort wurde er Pflanzer. Wann das genau war, weiß der junge Mann nicht.

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Arthur Conan Doyle

Fünf Apfelsinenkerne und andere Detektivgeschichten

Impressum

Covergestaltung: Steve Lippold

Digitalisierung: Gunter Pirntke

ISBN: 9783955012335

2014 andersseitig

andersseitig Verlag

Dresden

(mehr unter Impressum-Kontakt)

Inhalt

Impressum Impressum Covergestaltung: Steve Lippold Digitalisierung: Gunter Pirntke ISBN: 9783955012335 2014 andersseitig andersseitig Verlag Dresden (mehr unter Impressum-Kontakt)

Fünf Apfelsinenkerne.

Der Katechismus der Familie Musgrave.

Die Gutsherren von Reigate.

Der Krüppel.

Der Doktor und sein Patient.

Der Marinevertrag.

Das letzte Problem.

Fünf Apfelsinenkerne.

Ueberblicke ich meine Berichte und Notizen über die von Sherlock Holmes behandelten Fälle aus den Jahren 1882-90, so treten mir so viele absonderliche, interessante Züge entgegen, daß es mir schwer wird, die besten auszusuchen. Indessen sind einige bereits durch die Zeitungen bekannt geworden, während andere zur Entfaltung gerade derjenigen Eigenschaften, welche meinen Freund in so hohem Grade auszeichneten, keine rechte Gelegenheit darboten. In einigen Fällen scheiterte sogar seine Kunst, und die Erzählung derselben würde sich nicht lohnen, während andere nur teilweise aufgeklärt worden sind, so daß ihre Lösung mehr auf Vermutung und Wahrscheinlichkeit beruht als auf jenem absolut logischen Beweis, an dem Sherlock Holmes seine ganz besondere Freude hatte. Einer dieser letzteren Kriminalfälle war jedoch in seinen Einzelheiten so merkwürdig, so schrecklich in seinen Folgen, daß ich davon berichten möchte, obwohl mancher Punkt darin nicht aufgeklärt wurde und sich wohl nie völlig aufklären wird.

Das Jahr 1887 war besonders reich an interessanten Fällen, über welche ich mir Aufzeichnungen gemacht habe. Ich finde darunter Berichte über die schwindelhafte Bettler-Gesellschaft, die einen luxuriösen Klub in den Kellerräumen eines Lagerhauses hatte, über die Thatsachen, die sich auf den Untergang des britischen Seglers ›Sophie Anderson‹ beziehen, über die merkwürdigen Erlebnisse der Patersons auf der Insel Uffa und schließlich über den Camberwellschen Giftmord. Bekanntlich hat Sherlock Holmes in dem letztgenannten Falle durch das Aufziehen der Uhr des Verstorbenen festzustellen vermocht, daß diese zwei Stunden vorher aufgezogen, und jener demnach um diese Zeit zu Bett gegangen war – ein Beweismittel, das sich zur Aufklärung des Thatbestandes von großer Wichtigkeit erwies. Auf alle diese Fälle komme ich vielleicht ein andermal ausführlicher zurück, aber kein einziger ist in seinem Verlauf so eigentümlich wie der, den ich mir für diesmal zur Wiedergabe ausgewählt habe.

Es war in den letzten Septembertagen, und die Herbststürme tobten mit ungewöhnlicher Macht. Vom Morgen an heulte der Wind, der Regen schlug dermaßen an die Fenster, daß wir auf Augenblicke von unserm gewohnten Thun und Treiben abgezogen wurden und uns selbst hier, inmitten des großen von Menschenhand erbauten London, gezwungen sahen, die Gewalt jener Naturkräfte anzuerkennen, welche durch die künstlichen Schranken der Zivilisation hindurch die Menschheit antoben und anbrüllen wie ungebändigte Tiere im Käfig.

Immer heftiger wurde der Sturm, als der Abend hereinbrach, und im Kamin seufzte und stöhnte es wie ein klagendes Kind. Verdrießlich saß Sherlock Holmes am Feuer und beschrieb die Rückenschilder seiner Kriminalakten, wahrend ich mich ihm gegenüber in einen der trefflichen Seeromane Clark Russells vertiefte.[ *] Dieselben erschienen deutsch im Verlag von Robert Lutz in Stuttgart. Das Toben draußen stimmte völlig mit dem Text überein, und im Prasseln des Regens wähnte ich das lang hingezogene Rollen der Meereswogen zu vernehmen. Meine Frau war bei ihrer Tante auf Besuch, und so hatte ich wieder einmal mein früheres Heim in der Bakerstraße bezogen.

»Was?« sagte ich, auf meinen Freund blickend, »es hat wirklich geklingelt. Wer mag das sein heute abend? Vielleicht einer deiner Freunde?«

»Außer dir, Watson, habe ich keinen; ich lade niemand ein,« gab er zurück.

»So ist's ein Klient.«

»Ist's einer, so ist die Sache wichtig. Geringes führt keinen Menschen bei solchem Wetter und zu solcher Stunde her. Aber wahrscheinlich ist's eine alte Base der Wirtin.«

Sherlock Holmes hatte sich geirrt. Draußen ließen sich Schritte vernehmen, und es klopfte an die Thür. Er streckte den langen Arm aus, um das Lampenlicht von sich hinweg nach dem leeren Stuhl zu richten, auf den sich der Ankömmling setzen mußte.

»Herein,« rief er dann.

Der Eintretende, ein junger Mann von ungefähr 22 Jahren, war wohl gebaut, gut gekleidet, ja seine Erscheinung zeigte eine gewisse Gewandtheit und Eleganz. Der triefende Schirm in seiner Hand und der lange, glänzende Gummimantel legten vom Wetter draußen, das er nicht gescheut, beredtes Zeugnis ab. Er blickte, vom Lampenlicht geblendet, unruhig umher; seine Wangen waren blaß, und es lag ein Druck auf seinen Augen, wie das bei Menschen vorkommt, auf denen schwere Besorgnis lastet.

»Ich muß um Entschuldigung bitten,« sagte er und setzte seinen goldenen Klemmer auf. »Hoffentlich störe ich nicht. Ich bedaure, die Spuren des Wetters in Ihr behagliches Zimmer gebracht zu haben.«

Geben Sie mir Schirm und Mantel bat Holmes hier am Kamin trocknet beides - фото 1

»Geben Sie mir Schirm und Mantel,« bat Holmes, »hier am Kamin trocknet beides schnell, Sie kommen von Süd-West, wie ich sehe.«

»Ja, von Horsham.«

»Die Mischung von Thon und Kalk an Ihren Stiefelspitzen läßt daran nicht zweifeln.«

»Ich kam, mir Rat zu holen.«

»Den sollen Sie gern haben.«

»Auch Hilfe!«

»Die läßt sich nicht immer so leicht gewähren.«

»Ich hörte von Ihnen, Herr Holmes. Major Prendergast erzählte mir, wie Sie ihn aus dem Tankervilleklub-Skandal retteten.«

»Allerdings. Irrtümlich wurde er falschen Kartenspiels beschuldigt.«

»Er sagt, Sie bekämen alles heraus.«

»Da sagt er zuviel.«

»Sie ließen sich nie hinters Licht führen.«

»Viermal ist mir das passiert – dreimal von Männern, einmal von einer Frau.«

»Was ist das im Vergleich zu Ihren Erfolgen?«

»Allerdings hatte ich meist Erfolg.«

»Hoffentlich werden Sie den auch in meinem Fall haben.«

»Bitte, rücken Sie Ihren Stuhl näher an das Feuer, und teilen Sie mir gefälligst mit, um was es sich handelt.«

»Es ist nichts Alltägliches, was mich herführt.«

»In gewöhnlichen Fällen wendet man sich auch nicht an mich. Ich bin die letzte Instanz.«

»Und dennoch zweifle ich, ob Sie bei all Ihrer Berufserfahrung je einer dunkleren und unerklärlicheren Verkettung von Umständen begegneten, als die sind, welche ich aus meiner Familie zu berichten habe.«

»Sie wecken mein Interesse,« versetzte Holmes; »bitte, nennen Sie uns die Hauptpunkte von Anfang an, dann kann ich Sie über die Einzelheiten befragen, die mir am wichtigsten erscheinen.«

Der junge Mann rückte seinen Stuhl näher und streckte die nassen Füße nach dem Feuer aus.

»Mein Name,« hub er an, »ist John Openshaw, doch haben meine eigenen Verhältnisse mit der entsetzlichen Geschichte, soviel ich sehe, wenig zu thun. Es handelt sich um eine Erbschaftsangelegenheit, und so muß ich etwas zurückgreifen, um Ihnen die Sachlage zu erklären: Mein Großvater hatte zwei Söhne – meinen Oheim Elias und meinen Vater Joseph. Mein Vater besaß eine kleine Fabrik in Coventry, die er zur Zeit, wo das Radfahren aufkam, vergrößerte. Er war der Inhaber des Patents für die Openshawschen Sicherheits-Räder, was ihm großen Gewinn brachte, so daß er sein Geschäft verkaufen und von seinen Renten leben konnte.

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