Abb. 1Zufriedenstellende Wurzelkanalfüllung an einem Zahn 11. Die Füllung ist dicht und homogen und entspricht der Arbeitslänge.
Die Qualität der Wurzelkanalfüllung und die Qualität des koronalen Verschlusses sind zwei Faktoren, die den Erfolg einer endodontischen Behandlung beeinflussen 2 . Aus der Qualität der koronalen Restauration kann auf die Qualität der koronalen Abdichtung rückgeschlossen werden. Die Untersuchung erfolgt klinisch mit einer Häkchensonde und radiologisch mit einer Bissflügelaufnahme. Ist die Restauration defekt, kann eine Rekontamination der Wurzelkanäle stattgefunden haben und der Behandlungserfolg steht infrage.
Dass eine scheinbar erfolgreiche Wurzelkanalbehandlung nicht zur Heilung führt, kann verschiedene Gründe haben.
A. Grenzen der konventionellen endodontischen Behandlung
Seit den Untersuchungen von Hess im Jahr 1928 ist bekannt, dass die endodontische Anatomie nicht nur aus einem einfachen Kanal besteht. Vielmehr liegt ein kanaläres System vor, das vor allem im apikalen Drittel Anastomosen, Isthmen und akzessorische Kanäle umfasst. Aus verschiedenen Studien geht hervor, dass ein großer Anteil der internen Wurzeloberfläche bei einer orthograden Wurzelkanalbehandlung unbehandelt bleibt 3 . Ein Grund dafür ist der ovale Querschnitt der meisten Kanäle, der es schwer macht, den gesamten Kanal mit Instrumenten zu reinigen, die einen runden Querschnitt aufweisen (Abb. 2).
Abb. 2aZahn 41 nach konventioneller Revision ein Jahr zuvor. Die Läsion heilt nicht. Eine chirurgische Intervention ist indiziert.
b Nach der Wurzelspitzenresektion zeigt sich ein abgeflachter Wurzelkanalquerschnitt, der über einen orthograden Zugang nicht gereinigt werden kann.
c Der Neoapex nach der Instrumentierung und retrograden Füllung.
In histologischen und mikroskopischen Untersuchungen nach endodontischen Misserfolgen 4 wurde bakterieller Biofilm an Stellen gefunden, die für die konventionelle Instrumentierung nicht zugänglich waren. Bekanntermaßen haben die meisten endodontischen Misserfolge ihre Ursache darin, dass dieser Biofilm nicht entfernt werden konnte.
B. Extraradikuläre Infektion
In manchen Fällen siedeln sich Bakterien oder Pilze auf der Außenfläche der Wurzelspitze an, und auch Zahnsteinablagerungen ähnelnde Strukturen wurden außen auf der Wurzelspitze beobachtet 5 .
Extraradikuläre Mikroorganismen sind bei der konventionellen orthograden Revision nicht zu erreichen. Die chirurgische Entfernung der Läsion und die Resektion der Wurzelspitze sind daher die einzige Möglichkeit, um eine Heilung des periapikalen Gewebes herbeizuführen (Abb. 3) 6 .
Abb. 3aPersistierende periradikuläre Läsion an einem Zahn 22.
b Chirurgische Entfernung der Läsion. Das Gewebe wird zur histopathologischen Untersuchung eingesendet.
c Bei der histopathologischen Analyse zeigt sich eine extraradikuläre Infektion mit den für eine Aktinomykose typischen Bakterienkolonien.
C. Zystische Läsionen
Im Röntgenbild lässt sich die histopathologische Natur einer Läsion endodontischen Ursprungs nicht bestimmen 7 . Es kann sich sowohl um ein Granulom als auch um eine zystische Läsion, d. h. eine von einem epithelialen Häutchen umkleidete Läsion handeln. Es gibt zwei Formen solcher Zysten: echte Zysten, die keine Verbindung mit dem Wurzelkanal haben, weil sie komplett von Epithel umschlossen sind, und Taschenzysten, die von Epithel umgeben sind, aber noch mit dem Wurzelkanal kommunizieren (Abb. 4). Taschenzysten haben bei der konventionellen Behandlung oder Revision eine günstigere Prognose. Dagegen spricht eine echte Zyste kaum auf eine konventionelle Wurzelkanalbehandlung oder -revision an, da die Infektion im Wurzelkanal nicht mit dem Zystenlumen in Verbindung steht. Zysten machen schätzungsweise 15 % aller periapikalen Läsionen aus 7 . Wenn eine kunstgerecht durchgeführte endodontische Revision nicht zur Heilung führt, besteht die Möglichkeit, dass die Läsion eine echte Zyste darstellt und eine apikalchirurgische Intervention angezeigt ist. Allgemein gilt, dass ein chirurgisches Vorgehen indiziert ist, wenn eine Wurzelkanalbehandlung (Primärbehandlung oder Revision) sich im Röntgenbild adäquat darstellt und mit einer klinisch zufriedenstellenden koronalen Restauration abgeschlossen wurde, die periradikuläre Läsion aber nicht abheilt (Abb. 5).
Abb. 4Links: echte Zyste mit Separation der Läsion vom Wurzelkanal durch ein epitheliales Häutchen. Rechts: Taschenzyste; die Läsion steht mit dem Wurzelkanal in Verbindung.
Abb. 5aZahn 46 mit apikaler Läsion.
b Postoperative Röntgenaufnahme nach der konventionellen Wurzelkanalbehandlung.
c Das Kontrollröntgenbild nach einem Jahr zeigt keine Zeichen einer Heilung an der mesialen Wurzel. Ein chirurgischer Eingriff sollte erwogen werden.
II. Persistierende Läsion nach nicht zufriedenstellender Wurzelkanalbehandlung oder Revision
Während einer primären endodontischen Behandlung können Fehler unterlaufen, die den Zugang zum gesamten Kanal unmöglich machen. Häufiger treten solche Fehler bei der endontischen Revision auf. Die Entfernung von altem Füllungsmaterial kann genauso wie Fehler bei der vorangegangenen Behandlung zu einer arbiträren, teils sogar riskanten Behandlung führen. Schließlich kann die Entfernung eines Stiftaufbaus, um Zugang zum Kanalsystem zu erhalten, die Prognose des Zahns verschlechtern.
A. Revision nicht möglich
Mitunter kann der apikale Abschnitt des Wurzelkanals aufgrund einer komplizierten Anatomie nicht behandelt werden (Abb. 6). Wenn eine frühere Behandlung zum Misserfolg geführt hat, weil der Kanal im apikalen Teil der Wurzel c-förmig ist, stellt eine chirurgische Intervention die Ideallösung dar, da sie die einzige Technik ist, mit der sich das gesamte Kanalsystem erreichen lässt.
Abb. 6aEndodontisch bedingte periapikale Läsion an einem Zahn 44.
b Im horizontalen DVT-Schnitt zeigt sich ein c-förmiger Kanal.
c Resektionsfläche nach retrograder Präparation und Füllung des c-förmigen Kanals.
d Postoperatives Röntgenbild.
e Situation nach einjähriger Heilung.
B. Unsichere Prognose der Revision nach operativen Fehlern
Die Erfolgsraten endodontischer Revisionen wurden in Bezug auf die präoperative Situation analysiert. Bei einer vorhandenen Läsion betrug die Erfolgsrate 83,8 %, sofern die initiale Kanalmorphologie erhalten war. War die ursprüngliche Kanalform hingegen verändert worden, sank die Erfolgsrate auf 40,0 %. Vor der Entscheidung für eine Revision sollte daher die präoperative Situation sorgfältig analysiert werden, da die Prognose von ihr abhängig ist.
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