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Doktorspiele und elf andere erotische Erika Lust Geschichten
Lust
Doktorspiele und elf andere erotische Erika Lust Geschichten Übersetzt von Joachim Benthin Mortensen, Kirsten Evers, Rebecca Jakobi Copyright © 2018, 2019 Diverse und LUST All rights reserved ISBN: 9788726150100
1. Ebook-Auflage, 2019
Format: EPUB 2.0
Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für gewerbliche und öffentliche Zwecke ist nur mit Zustimmung von LUSTgestattet.
Ich betrachte sie gerne. Jeden morgen stelle ich mich in die Schlange, doch während die andere auf ihre Smartphones starren, richte ich den Blick auf und schaue sie alle einzeln an. Ich inspiziere sie gerne, wenn sie sich dessen nicht bewusst sind. Im dunklen Kinosaal drehe ich mich um, sehe die vielen im Schein der Leinwand strahlenden Gesichter an. Wie die Kunden in der Schlange sind, die Menschen in der Dunkelheit immer abgelenkt. Die wenigsten bemerken, dass ich sie betrachte. Dass ich mir insgeheim vorstelle, wer sie sind und wie sie sind. Dass ich ihre Persönlichkeit konstruiere, während sie in aller Ruhe einen Film schauen oder in der Schlange auf ihren Morgenkaffee warten. Einige Male haben die Kinogänger und Kunden meinen Blick auf sich ruhen gespürt, sich zu mir gedreht und mir direkt in die Augen geschaut, sodass ich meinen Blick schnell von ihnen abgewandt und ihn auf die Leinwand oder den Boden gerichtet habe. In diesen Situationen sind meine Wangen errötet und kleine Flecken auf meinem Hals sichtbar geworden. Ich habe es nicht verbergen können.
„Ein doppelter Espresso, bitte“, ertönt es im Café.
Der Barista findet meinen Blick und ich gehe zügig zur Theke am anderen Ende des Raumes. Den Kaffee trinke ich im Stehen. Ich möchte ihn nicht auf dem Weg zur Arbeit aus einem Pappbecher trinken. Der Kaffee verliert seinen Geschmack und ich hasse das Gefühl des feuchten Becherrandes zwischen den Lippen.
Ich warte bis sich der Schaum gelegt hat, ehe ich die kleine Tasse zum Mund führe. Ich genieße es, wie der Kaffee meinen Hals wärmt und mich der bittere Geschmack aufweckt. Der doppelte Espresso lässt mein Blut wirr durch den Körper strömen. Manchmal zittern meine Finger und ich spüre plötzlich meinen Herzschlag. Als käme ich mir immer näher, als begegnete ich mir selbst Sekunden nachdem der Espresso die Tasse verlassen und meine Temperatur hat steigen lassen.
Ein Mann im langen Mantel bestellt einen Cappuccino to go. Der Klang seiner Stimme, der Dialekt, in dem er seine Bestellung nahezu über die Theke singt, lässt mich innehalten. Ich achte auf die melodische Sprache, wie die Worte gedehnt seine Lippen verlassen. Wie sich die Worte und besonders die Vokale ein klein wenig verändern, sodass ihr ganzer Ausdruck rund und harmonisch klingt. Für einen Augenblick setze ich die Tasse ab und schaue zur Theke, an der die Bestellungen ausgegeben werden. Diskret finden meine Augen das Gesicht des Mannes. Ich lehne mich über die Theke und halte den Kopf nach unten gerichtet, während ich den Mann schweigend betrachte. Er ist frisch rasiert, die Haut fein und glatt. Als er das Geld über die Theke reicht, bemerke ich seine Hände. Sie sind groß, aber nicht grob. Es sind nicht die Hände eines Maurers oder Zimmermanns, nein, sie sind zwar groß, jedoch glatt und gepflegt. Die Nägel sind wohl abgerundet, die Haut hell. Die schwarzen Haare auf seinem Handrücken bilden einen starken Kontrast zu der schneeweißen Haut. Ich kann den Blick nicht von seinen Händen nehmen. Ich merke, wie meine Brüste sich spannen und empfindlich werden. Die Haut wird gedehnt, als wollten sie jeden Moment explodieren. Ganz gewöhnlich lehne ich an der Theke, doch was die anderen nicht sehen können, ist, wie die Hände des Mannes meine Brüste umklammern, sodass meine Haut zwischen seinen Fingern hervortritt. Wenn ich vollkommen stillhalte und mich darauf konzentriere, spüre ich die kitzelnden, dunklen Haare seines Handrückens auf meinem Unterarm. Ich halte den Atem an, keuche, während ich den Kopf hebe, um den Mann zu betrachten. Unsere Blicke treffen sich. Er hat mich entdeckt. Schnell wende ich mich ab und schaue desinteressiert geradeaus. Ich neige den Kopf, damit er nicht sehen kann, wie die roten Flecken auf meinem Hals gleich einer tiefen Wunde auf makelloser Haut auftauchen. Ein paar Mal hole ich tief Luft. Als ich mich wieder aufrichte, geht er in Richtung Ausgang. Er betätigt die Klinke und geht nach draußen. Ehe ich blinzeln kann, ist er aus meinem Blickfeld verschwunden.
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Ich fahre durch mein kurzes Haar und bringe es durcheinander, bevor ich mich startklar für den Tag mache. Ich binde ein großes Halstuch um und ziehe den Mantel fest. Mit schnellem Schritt nähere ich mich dem Restaurant, in dem sie wartet. Sie sitzt an einem kleinen Tisch am Fenster und winkt mir zu, als ich eintrete. Sie lächelt breit, während sie versucht Augenkontakt zu halten. Ich lächle zurück, doch meine Augen beschäftigen sich rasch mit meinen Handschuhen, dem Halstuch und dem Mantel.
„Oh, da muss ich rangehen“, entschuldigt sie sich und zeigt auf ihr Handy. „Ich habe auf seinen Rückruf gewartet.“
Ich nicke und gehe zur Garderobe. Sie telefoniert noch immer, als ich zurückkomme. Ich warte und beobachte ihre Körpersprache. Sie gestikuliert, verdeutlicht mit den Händen, was sie meint und wie sie es meint. Auch wenn sie telefoniert, lächelt sie. Ihre dunkle Pagenfrisur ist streng, mit kurzem Pony geschnitten und hebt ihre Wangenknochen hervor. Die Lippen sind rot geschminkt, der Anzug figurbetont. Er ist perfekt geschnitten und präsentiert ihren Körper diskret und elegant. Sie dreht sich telefonierend zu mir um, lächelt breit und versucht meinen Blick wieder zu fangen. Ich schaue zu Boden und betrachte meine Schuhe, steige auf dem Weg zum Tisch sorgfältig über ein heruntergefallenes Salatblatt.
Manchmal kommt sie zu spät zu unserem Mittagessen, dann ist ihr plötzlich eine Besprechung dazwischen gekommen, irgendetwas, das sofort ihre Aufmerksamkeit erforderte. In diesen Fällen war ich diejenige, die wartend am Tisch saß und aus dem Fenster Ausschau nach dem dunklen, strengen Haarschnitt und dem breiten Lächeln hielt. Wenn sie das Restaurant betrat, wusste ich sofort Bescheid. Es lag regelrecht in der Luft. Ich merkte, wie man sich nach ihr umdrehte und wie sich die Blicke einen Moment lang von ihren Tellern abwandten. Ich erkannte am Klang ihrer Stilettos, wenn sie durch das Restaurant lief. Sie hallten wider und ließen alle anderen Geräusche verstummen. Gespräche brachen ab, das Besteck durfte Pause machen und die Köche riefen keine Bestellungen aus.
„Entschuldige bitte“, sagt sie, als sie auflegt.
„Nein, alles gut“, sage ich und fahre mir durchs Haar. „Also, wie geht’s dir so?“, frage ich und nippe an dem Glas Wein, das sie bereits für mich bestellt hat.
Sie spricht über jemanden, den sie kennengelernt hat. Wir lachen und trinken unseren Wein. Ich würde ihr so unglaublich gerne von Owen erzählen. Wie zwei kleine Mädchen, die einander ihre Geheimnisse anvertrauen, stecken wir über dem Tisch die Köpfe zusammen. Kurz sammle ich mich, um die Spannung aufrecht zu erhalten. Ich denke an die Muskeln, die sich wie die eines großen Tieres unter seiner Haut bewegen. Ich denke an die Buchstaben auf seinen Armen und Beinen und finde plötzlich keine Worte mehr.
„Entschuldigung, ich muss kurz zur Toilette“, sage ich, stehe auf und mache mich auf den Weg.
Das Geklapper von Besteck ist überall und die Köche rufen den Kellnern durch die Luke Bestellungen zu.
Ich ziehe die Jeans herunter und betaste meinen Slip. Er ist ganz feucht. Während ich mich mit der einen Hand an der Wand abstütze, lasse ich die andere zwischen meine Beine gleiten. Mein Atem geht schwer, als ich die Wärme spüre. Ich denke an Owen, an die Buchstaben und die sich unter seiner Haut regenden Muskeln. Ich denke an den Mann von heute Morgen und die großen, leicht behaarten Hände, die meine Brüste ergreifen. Ich stelle mir vor, es wären Owens Hände. Stelle mir vor, wie er in mich eindringt. Wie er meine Brüste umklammert, bis es sich anfühlt, als würde die Haut aufplatzen. Ich sehe sie zwischen seinen Fingern hervorquellen, während er in mich stößt. Lasse die Finger arbeiten und werde schnell noch feuchter. Ich jammere leise, als ich komme. Lasse die Wärme durch den Körper rauschen, ehe ich wieder meinen gewohnten Gesichtsausdruck aufsetze und zurück ins Restaurant gehe.
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