PETER VOGLER
GLASHÜTTE
EIN KRIMINALFALL IN WIEN
© Peter Vogler, 2020
Herausgegeben im Selbstverlag
Alle Rechte vorbehalten
ISBN 978-3-969-87283-3
Foto Cover: © OpenClipart-Vectors | pixabay.com
Covergestaltung: Karl Schrittwieser
Handlung und Personen dieses Romans sind frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit tatsächlichen Ereignissen oder lebenden Personen wäre Zufall und nicht beabsichtigt.
Ausgenommen davon ist der langhaarige Britisch-Kurzhaar-Kater Julio. Ihn hat es wirklich gegeben, allerdings schnurrt er schon länger im Katzenhimmel.
Peter Vogler ist in Wien geboren. Nicht nur deswegen, auch weil er im Laufe seines Lebens viel von der Welt gesehen und erlebt hat liebt er seine Heimatstadt mit all ihren vielen Stärken und vielen Schwächen.
Seine Studien der Rechtswissenschaft und Psychologie sowie seine langjährige Tätigkeit als Lebensberater haben seine Phantasie über einen Kriminalfall in Wien befeuert.
Ein Kriminalfall, in dem es auch nicht immer ernst zugeht.
Es sollte eine würdige Verabschiedung in die Pension für den verdienten Generaldirektor einer Versicherungsgesellschaft werden.
Doch dann verschwindet das wertvolle Geschenk. Und nicht nur das, auch die Sekretärin des Generaldirektors ist unauffindbar. Eine Suche beginnt. Nach dem Geschenk und der Sekretärin.
Doch tags darauf wird der Nachfolger des Generaldirektors erschlagen. Spätestens jetzt ein Fall für die Polizei. Chefinspektor Nebosja und sein Team ermitteln.
Aber weil sich das Ganze in Wien abspielt ist bei allem ein bisschen Augenzwinkern dabei. Selbst als Kommissar Zufall eingreift.
1
Es war eine dieser so häufigen Feiern, an denen nichts stimmte. Es wurden Reden gehalten, die von Anfang bis Ende erstunken und erlogen waren. Vielleicht mit Ausnahme des Namens des Angesprochenen. Man machte sich gegenseitig Komplimente und behielt die Beschimpfungen, die man stattdessen gerne ausgesprochen hätte, diskret im Hinterkopf. Es gab ein großzügiges Geschenk und den heimlichen Ärger darüber, dass so viel Geld sinnlos hinausgeschmissen wurde. Besonders deshalb, weil niemand den Beschenkten so schätzte, dass er ihm mehr als beispielsweise ein Karamellbonbon geschenkt hätte. Nicht, dass man mit dem aufgewendeten Geld vielleicht besser eine gute soziale Tat hätte setzen können. Der Ärger – oder war es Neid? – blühte deswegen, weil der eigene Bonus dafür umso höher ausfallen hätte können. Da aber alle Beteiligten ihre bösen Gedanken gekonnt verbargen – das hatte man ja jahrzehntelang geübt – und die zur Schau getragenen Mienen freundlich und fröhlich – ebenfalls lange trainiert – waren, wurde es eine nette Feier. Sehr nett! Bis ...
Aber von Anfang an!
Dramatis personae:
Honorarkonsul Dr. Ferdinand Klein, hinter seinem Rücken respektlos der „kleine Ferdl“ oder auch „kurze Ferdl“ genannt. Kurz und klein sozusagen. Was nicht nur eine Anspielung auf seinen Namen, sondern auch auf seine Größe beziehungsweise Kleinheit von schlappen 165 cm war. Seines Zeichens Vorstandsvorsitzender der Amicus-Versicherung AG. Zumindest noch bis zu seinem Pensionierungstermin in drei Tagen. Jahrelang hatte er sich erfolgreich gegen diesen ihm nun aufgezwungenen Schritt gewehrt, lästigen Möchtegern-Nachfolgern elegant das Bein gestellt, sich mit den Aufsichtsräten und vor allem dem Vorsitzenden dieses wichtigen Gremiums ebenso häufig wie regelmäßig zu vertraulichen Mittagessen getroffen (natürlich auf Kosten der Amicus-Versicherung, da ging es ja nicht um Privates!) und Intrigen nicht nur abgewehrt, sondern auch selbst fein gesponnen. Der Riss in dem fein gewebten Netz war entstanden, als vor einem halben Jahr sein alter Freund und Kampfgefährte Alfons Erhard als Aufsichtsratsvorsitzender überraschend zurückgetreten war. Mit der lächerlichen Begründung, mit seinen 76 Jahren noch etwas vom Leben haben zu wollen. Das war vermutlich eine Idee seiner Frau gewesen! Und was hatte er gehabt? Drei Monate später hatte ihn ein Herzinfarkt dahingerafft. Wahrscheinlich hatte dem Herzen die tägliche Herausforderung gefehlt. Wäre ihm sicher nicht passiert, hätte er sein erfülltes Leben als Mitglied mehrerer Aufsichtsräte und davon einigen Vorsitzen weitergeführt. Klein hatte den gleichaltrigen Erhard in der Jugendorganisation der Partei kennengelernt, in die sie noch als Schüler ungefähr zur selben Zeit eingetreten waren. Sie waren von Beginn an ein Herz und eine Seele gewesen und hatten über viele Jahrzehnte ein berühmt-berüchtigtes Duo gebildet, immer bereit, etwas Unruhe in die Parteistrukturen zu bringen. Vor allem dann, wenn es dadurch etwas abzusahnen gab. Das war aber nur das, was man ihnen böswillig nachsagte. Selbstverständlich war ihr Handeln immer nur vom Wohle der Partei diktiert. Denn wenn die Klügeren immer nachgeben regieren irgendwann die Dummen die Welt. Und ganz selbstverständlich hatten beide ihre Karrieren nur, und zwar ausschließlich, ihren Fähigkeiten und ihrer Tüchtigkeit zu verdanken.
Wo waren wir gerade? Ach ja, bei den Teilnehmern an der netten Feier, deren Hauptperson also der kleine beziehungsweise kurze Ferdl, pardon, Honorarkonsul Dr. Ferdinand Klein war.
Dann war da Alfons Aichberger, Nachfolger des Alfred Erhard als Aufsichtsratsvorsitzender und demgemäß der Lobredner bei dieser Feier. Das sonst übliche lateinische Wort „Laudator“ wäre in diesem Fall eher unpassend. Aichbergers schulische Laufbahn beschränkte sich auf das Minimum der zu absolvierenden Schulpflicht. Lerneifer und Wissensdurst waren weder in der Volksschule noch in der Hauptschule seine herausragenden Eigenschaften gewesen. Was ihm an Schulbildung abging (und das entsprach auch einem nicht unbeträchtlichen Teil der durchschnittlichen Allgemeinbildung) machten seine Bauernschläue und die ihm angeborene Fähigkeit, Menschen zu durchschauen und daher bei Bedarf auch manipulieren zu können, mehr als wett. Klein hielt diesen Aichberger übrigens für einen der schweren Fehler in seinem Leben. So ein Fehler, für den man sich in den Hintern beißen könnte vor Wut! Vor Jahrzehnten hatte er diesen ungebildeten, aber nichtsdestoweniger geschickten (und daher vielleicht einmal brauchbaren) Parteifreund gefördert und bei erster Gelegenheit hatte dieser Ausbund an Charakterlosigkeit die Hand gebissen, die ihn fütterte. Ausgesprochen dumm gelaufen!
Zwanglos nach der mühsam erkämpften Rangordnung war der nächste Teilnehmer an diesem geselligen Beisammensein Kurt Sichrovsky. Designierter Nachfolger von Klein. Zwar auch Parteimitglied hatte er sich dort vornehm im Hintergrund gehalten und sich darauf konzentriert, als Vorstandsmitglied für Finanzen und Personal seine Machtbasis in der Amicus AG zu zimmern. Bei passenden Gelegenheiten vergaß er auch nie zu erwähnen, dass er im Gegensatz zu Klein mit dessen 76 und Aichberger mit auch nicht mehr taufrischen 63 Jahren als 56-Jähriger die neue Managergeneration verkörpere. Zwar parteinahe, aber eben Manager. Also nicht wie früher einmal einer der großen (zumindest breiten) Vorsitzenden gesagt hatte „Ohne Partei bin ich nichts!“, sondern eben ein Mann mit Fähigkeiten. Zumindest im sehr positiv gesehenen Selbstbild. Das Fremdbild interessierte ihn sowieso nicht im Mindesten.
Weiters Dr. Paul Breiteneder, Absolvent der Wirtschaftsuniversität, Vorstandsdirektor für Vertrieb und Organisation. Zwar auch Parteimitglied, aber in dieser eher eine Randfigur. Mitläufer. Vielleicht hätte er Aichberger gegenüber auch nicht durchblicken lassen sollen, dass er ihn für einen ungebildeten Trottel hielt. Sehr ungeschickt! Aber passiert ist eben passiert. Und Wahrheit zu verkünden mag zwar edel sein, kommt aber nicht immer so wirklich gut an.
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