„Ja, ja.“
„Noch irgendwelche anderen Bomben, die du heute noch platzen lassen willst?“
Ja, da war noch etwas, aber etwas, was nicht nur er allein tun konnte, also schüttelte er den Kopf. In dem Moment begann wieder der Schlagbohrer.
„Oh, Himmelherrgott nochmal.“ Cole stöhnte und blickte zur Decke hoch. „Ich hatte gehofft, die wären letzte Woche damit fertig geworden.“
„Offensichtlich nicht. Sieht so aus, als wärst du nicht der Einzige, der heute früh in der Stimmung zum Hämmern war.“
Cole beglückte ihn mit einem Blick, der sagte echt jetzt ?. „Du hast doch die ganze Zeit nur auf eine Gelegenheit gewartet, das irgendwie zu verwenden, oder?“
„Yep“, sagte Logan und schenkte Cole ein reueloses Grinsen. „Und im Gegensatz zu dir, habe ich heute keinen einzigen Termin bei Gericht. Also dachte ich mir, nach dem Morgenmeeting den Laptop zu schnappen und in die Bar zu gehen, damit ich etwas Ruhe und Frieden habe.“
„Klar, bin mir ganz sicher, dass das dein einziger Grund ist. Soweit ich unterrichtet bin, ist dein großes, wunderschönes Haus auch ruhig und still.“
„Stimmt. Aber all das Reden über Hämmern und plötzlich will ich lieber eine Weile so tun, als ob ich arbeite und dabei auf Tates Hintern glotzen.“
„Das klingt doch schon mehr danach.“
Logan zuckte mit der Schulter. „Hey, ich hab es versucht.“
„Klar. Also, wir sehen uns in dreißig Minuten im Konferenzraum?“
„Ich werde da sein“, sagte Logan. „Wird Priester es noch schaffen?“
„Nein. Er hat angerufen. Sein Flug hat Verspätung, er kommt also etwas später.“
„Ich habe meine Nachrichten noch nicht gelesen. Das war sein letzter Flug für eine Weile, oder?“
„Das hat er gesagt. Er muss nur noch ein paar letzte Dinge in der alten Kanzlei erledigen.“
Logan nickte. „Er wird bestimmt noch öfter hinfliegen müssen, wo doch einige seiner größten Klienten in Los Angeles …“
„Das stimmt, aber nicht mehr so bald“, sagte Cole. „Sei kein neugieriger Bastard. Wendy hat seine Reisezeit und Ausgaben protokolliert. Es ist arbeitsbezogen.“
„Ich habe nichts Gegenteiliges behauptet.“
„Ich glaube, es ist schön, jemanden zu haben, der nicht so …“
„Bedürftig ist?“, schlug Logan vor.
„Nun, ich wollte es nicht ganz so harsch ausdrücken, aber da du heute so schrecklich nervig bist … genau. Und vergiss nicht: Morty Hawthorne kommt in der ersten Dezemberwoche in die Stadt.“
„Ich weiß. Abendessen am Achten. Ich habe Tate gesagt, er soll das Datum freihalten.“
„Okay, gut.“
„Es ist schwer zu glauben, dass er, seit wir angefangen haben, mit an Bord ist.“
„Ich weiß“, sagte Cole und griff nach dem Türknauf. „Schwer zu glauben, dass er unser erster Klient gewesen ist. Er war bereit, das Risiko mit uns zwei Neulingen einzugehen, die …“
„Mehr Feuer im Arsch hatten als Hirn im Kopf“, beendete Logan den Satz.
Bei Logans Imitation von einem ihrer liebsten und loyalsten Klienten begann Cole zu lachen. „Hoffentlich hat sich das mittlerweile geändert.“
„Oder ist einfach nur ausgewogener.“
„Bei einem von uns beiden jedenfalls.“
Logan zeigte Cole einen bestimmten Finger und dann deutete er mit seinem Kinn auf die geöffnete Tür. „Okay. Ich bin fertig mit dir, geh.“
Cole setzte sich in Bewegung und während Logan betrachtete, wie er den Flur entlang ging, hörte er ihn sagen: „Bin schon weg.“
„Jill? Hey, wie geht’s dir heute?“, sagte Tate in sein Handy, das er sich zwischen Schulter und Ohr geklemmt hatte, während er die Eingangstür zum The Popped Cherry aufsperrte.
Es war gerade zehn Uhr und Logan hatte eben angerufen, um zu fragen, ob er Tate dort für ein paar friedliche Stunden vor dem Öffnen treffen könnte. Friedlich hieß so viel wie überall, wo sich kein Schlagbohrer in Logans Hirn bohrte. So zumindest hatte er es Tate vermittelt. Das war verständlich, denn der Krach, den so eine Renovierung mit sich brachte, konnte jedes Hirn zum Explodieren bringen. Wenn man versuchte, sich auf den Papierkram zu konzentrieren, den Logan jeden Tag erledigte, waren Ruhe und Frieden vorzuziehen.
„Mir geht es gut, Tate. Und dir?“, fragte Jill. „Und Logan?“
Tate ging hinein und schloss die Tür. Er zog seine Jacke aus und ging die Stufen zum Erdgeschoss hinunter. „Uns geht’s sehr gut. Ich ruf nur an, um zu hören, wie es dir geht.“
Tate hatte sich selbst versprochen nicht Monate vergehen zu lassen, ohne sich bei Jill zu melden. Also hatte er sich vorgenommen, sie heute anzurufen. Seit ein paar Wochen waren die Dinge zwischen ihnen entspannter. Als er und Logan sie zu einer Abendgesellschaft besucht hatten, war er derartig mit Logan und all dem, was gerade zwischen ihnen passierte, beschäftigt gewesen, dass er sich mit seiner Schwester nicht so wirklich viel Mühe gegeben hatte, wie er es vielleicht hätte tun wollen.
„Alles bestens“, sagte Jill. „Ich war gerade dabei, ein paar letzte Besorgungen zu machen, bevor wir gehen. Du erinnerst dich doch, Sams Familie ist aus Dubuque, und wir fahren jedes Jahr an Thanksgiving zu ihnen.“
Tate hielt mitten auf seinem Weg inne, als er die Worte hörte. Wow. Er war nicht ganz sicher, warum ihn diese Neuigkeiten überraschten. Er wusste, dass sich Jill und sein Vater nicht mehr sehr nahestanden. Aber zu wissen, dass das auch die Beziehung seiner Neffen mit seinem Vater beeinflusste, tat Tate im Herzen weh. Sie hatten es verdient, ihren Großvater zu kennen.
Hm. Vielleicht könnten wir uns alle an Heiligabend bei Dad zu Hause treffen, wenn wir ihn besuchen. Ja, das ist perfekt .
„Jill“, sagte er und rieb sich den Nacken.
„Ja?“
„Habt ihr Heiligabend schon etwas vor?“
„Nein, ich glaube nicht. Wir bleiben normalerweise daheim und öffnen um Mitternacht ein Geschenk. Du weißt schon, genau wie wir es damals als Kinder getan haben.“
Tate lächelte und erinnerte sich daran, wie lange Jill sich immer Zeit gelassen hatte, um zu entscheiden, welches Geschenk sie zuerst öffnen wollte. Ich hingegen habe mir einfach das Erstbeste geschnappt, oder das größte . „Ich erinnere mich. Hör mal, warum bringt ihr nicht die Kids zu Dads Haus? Logan und ich werden da sein. Ich weiß, dass Dad sich riesig freuen würde die Jungs da zu haben.“
„Tate, ich …“
„Jill“, sagte er und unterbrach das, was eine höfliche Absage werden würde. „Mir ist klar, dass die Dinge zwischen dir und Dad über die Jahre angespannt waren, aber komm schon. Es ist Zeit, etwas zu ändern, findest du nicht auch? Wenn du und ich im gleichen Raum sein können, dann bin ich ziemlich sicher, dass du deinen Kram mit Dad auch regeln kannst.“
„Ich weiß nicht …“
Tate konnte ihre Unentschlossenheit nachvollziehen. Es lagen noch eine ganze Menge Verärgerungen, Schuldgefühle und Enttäuschungen in der Luft, rund um den Morrison Clan. Doch da lag etwas in den Feiertagen. Etwas, das mit dem Zusammensein der Menschen, die einen liebten, zu tun hatte und das sogar die unangenehmsten Situationen tolerierbar machte.
„Was hast du erst neulich zu mir gesagt?“, fragte Tate, während er hinter die Bar ging. „Verurteile die Menschen nicht so schnell. Gib ihnen die Chance, dich zu überraschen.“
„Wir reden hier nicht über Fremde, Tate. Wir reden über Dad.“
„Genau. Und wenn ich ihm den Scheiß vergeben konnte, den er zu mir gesagt hat, als ich anfing mit Logan auszugehen, dann kannst du das, was auch immer zwischen euch vorgefallen ist, auch aus der Welt schaffen.“ Es entstand eine Redepause und obwohl er es nicht aussprechen wollte, hörte er sich fragen: „Ist es wegen Mom? Seid ihr noch …“ Tate verließen die Worte und er schätzte, dass der Grund dafür wahrscheinlich war, dass er die Antwort nicht wirklich hören wollte. Er seufzte und zwang sich es, einfach auszuspucken. „Siehst du sie an den Feiertagen? Verbringt ihr Zeit miteinander?“
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