Durch die Europäisierung des Rechts hat sich aber inzwischen einiges geändert. Das Arbeitsvermittlungsmonopol ist gefallen und die Streitigkeiten und Anfeindungen sind Schnee von gestern. Selbst die VDESB (Vereinigung der Deutschen Executive-Search-Berater), mit der sich die Branche vor den Querschlägern von BDU und der Bundesanstalt für Arbeit zu schützen versuchte, ist mittlerweile im BDU aufgegangen. Jeder Manager weiß mittlerweile, was Executive Search ist und was ein Headhunter tut, und die meisten Führungskräfte wünschen sich nichts sehnlicher, als dass doch endlich mal einer bei ihnen anruft.
Die Geschichte des Headhuntings in Deutschland: Zunehmend wurde dieses Art der Personalsuche als eine leistungsfähige Branche wahrgenommen, in der es nur noch wenige »Exoten« gab.
Etwas Geheimnisvolles bleibt
Wie im Executive Search genau gearbeitet wird, wissen aber immer noch die wenigsten. Und solange Journalisten sich bei den falschen Leuten danach erkundigen, wird das wohl auch so bleiben. Das ist auch nicht weiter schlimm. Die Headhunter stört es nicht, wenn ihre Arbeit auch weiterhin mystifiziert wird, und für Kandidaten und Klientel der Headhunter sind diese bestehenden Wissenslücken auch nicht von Nachteil. Sie werden nun hier erfahren, was Sie sich von der Arbeitsweise der Headhunter abgucken können, um mit diesen Instrumenten den verdeckten Stellenmarkt zu knacken.
Diskretion zum Schutz des Bewerbers
Diskretion ist übrigens auch ein sehr wichtiges Mittel, um Personen für eine Position zu interessieren. Jede Bewerbung ist immer auch mit einem gewissen Risiko verbunden. Wenn Sie mit dem Gedanken spielen, eine Position in einem anderen Unternehmen anzunehmen und das Ihrem derzeitigen Arbeitgeber zu Ohren kommt, kann das für Sie unschöne Folgen haben. Man wird Sie zukünftig vielleicht für einen unsicheren Kandidaten halten und bei einer anstehenden Beförderung einfach übergehen.
Sie werden sich also nur dann überhaupt mit einer anderen Position befassen, wenn es kein unnötiges Risiko für Sie darstellt. Diskretion senkt Ihr Risiko. Manche Positionen sind auch einfach deshalb schwer zu besetzen, weil sie ungeschickt und unprofessionell »verkauft« werden. Stellt Ihnen ein Headhunter eine Position vor, die genau passen würde und für Sie auch sehr attraktiv ist, wird das sicherlich Ihr Interesse wecken. Sollte Ihnen aber zu Ohren kommen, dass dieselbe Position bereits einem oder mehreren Ihrer Mitarbeiter angeboten wurde, werden Sie sicherlich misstrauisch werden und den Kontakt abbrechen. Da hat sich vermutlich jemand nicht sorgfältig vorbereitet und die Ebenen des Unternehmens nicht richtig zugeordnet.
Geheimnisträger auswählen
Man kann es also drehen und wenden, wie man will: Für die meisten Jobwechsel ist Diskretion immer noch das wirksamste Geheimrezept. Je mehr Leute wissen, dass eine Führungsposition neu besetzt werden muss, desto weniger gut ist es für den Prozess der Besetzung und für die potenziellen Interessenten. Wenn eine Führungsposition neu besetzt werden muss, sollten möglichst wenige Menschen davon erfahren – und die wenigen sollten dann möglichst schon »die Richtigen« sein. Daher die »Geheimnistuerei« der Headhunter.
Eintritt in neue Märkte
Diskretion ist übrigens auch dann absolut notwendig, wenn man in neue Märkte oder Geschäftsfelder vordringen möchte und dafür geeignete Mitarbeiter sucht. Würden die Unternehmen zu diesem Zweck die Stellen öffentlich ausschreiben, gäben sie so unfreiwillig auch immer einen Teil ihrer Strategie preis.
Diskretion ist in den meisten Situationen, in denen ein Jobwechsel ansteht, eine Art Geheimrezept. Davon lebt die Branche der seriösen Headhunter.
Anfallende Kosten
Jede Stellenausschreibung kostet sehr viel Geld. Schon die Kosten für ein Inserat in den Printmedien sind erheblich und auch die Abwicklungskosten sind nicht zu unterschätzen. Auf jede Stellenausschreibung erhält das inserierende Unternehmen auch zahlreiche Bewerbungen, auf die es gerne verzichtet hätte. Es kann durchaus vorkommen, dass die Hälfte der Bewerbungen überhaupt nicht zu der zu besetzenden Stelle passt. Eine falsche oder ungeschickte Formulierung im Anzeigentext, und schon fühlen sich Personen angesprochen, an die man bei der Formulierung des Anzeigentextes niemals gedacht hat.
Alternative: Beziehungsnetzwerk
Es mag zunächst paradox klingen, aber der verdeckte Stellenmarkt ist wohl auch deshalb so groß, weil viele Menschen enge Beziehungen zu einigen ihrer Mitmenschen haben. Wenn ein Abteilungsleiter einen wichtigen Mitarbeiter durch Kündigung verliert und sich nach einem geeigneten Nachfolger umsehen muss, was tut er als Erstes? Er wird eher nicht zum Personalchef gehen und ihn auffordern, einen neuen Mitarbeiter zu suchen. Er versucht es erst einmal selbst – »mit Bordmitteln«, wie es so schön heißt. Er wird sein Beziehungsnetz nutzen, um einen Kandidaten zu finden, mit dem er den ausscheidenden Mitarbeiter ersetzen kann.
Es gibt, wie wir glauben, einen ganz wichtigen Grund, zunächst die eigenen Beziehungen spielen zu lassen. Man wird auf diesem Wege möglicherweise sogar an die besseren Kandidaten herankommen. Nicht umsonst spricht man in diesem Zusammenhang von »Empfehlungen«. In der Regel bekommt man nämlich auf diesem Wege auch gleich noch die positive Beurteilung des Kandidaten mitgeliefert. Das, was empfohlen wird, wird auch gutgeheißen. Ob das Urteilsvermögen des Empfehlenden immer gut ist, ist natürlich eine ganz andere Frage.
Mehrwert von Empfehlungen
Handelt es sich bei dem Tippgeber um einen langjährigen Mitarbeiter, Kollegen oder auch Vorgesetzten, dann ist die Empfehlung meist recht fundiert. Zumindest ist die Beurteilungsgrundlage weitaus besser als alles, was man im Rahmen des klassischen Bewerbungsprozesses über einen Kandidaten erfährt. Was findet man schon in zwei oder drei Vorstellungsgesprächen von jeweils ein oder zwei Stunden Dauer heraus? Was sagen ein paar (möglicherweise selbst verfasste) Zeugnisse und ein (möglicherweise geschönter) Lebenslauf aus und was bringt ein (möglicherweise wenig aussagefähiger) Test? Das ist alles lächerlich wenig im Verhältnis zu dem, was man über einen Menschen durch jahrelange Zusammenarbeit in Erfahrung bringt.
Ein weiterer Vorteil der Empfehlung kann der sein, dass man einem empfohlenen Kandidaten den neuen Job gar nicht erst schmackhaft machen muss – das hat in vielen Fällen schon der Empfehlende erledigt. Natürlich können Empfehlungen im Einzelfall auch schiefgehen, wenn der empfohlene Kandidat nichts taugt oder einfach nicht ins Unternehmen passt. Der Empfehlende muss sich immer darüber im Klaren sein, dass er mit einer Empfehlung auch einen Teil seiner eigenen Reputation mit in die Waagschale wirft.
Eine persönliche Empfehlung ist bei der Suche nach einer neuen Position von unschätzbarem Wert. Man empfiehlt nur das, was einem selber gefällt, und wird bei einer Empfehlung stets den eigenen guten Ruf im Auge behalten.
Kontakte sind weniger wert
Kommt die Empfehlung nicht von der direkten Kontaktperson, die man persönlich kennt und schätzt, sondern von einer dritten, dann kann man nicht mehr von Empfehlung sprechen. Es handelt sich dann einfach nur um einen Kontakt. Ein Kontakt ist eigentlich sehr wenig im Vergleich zu einer Beziehung. Beziehungen entstehen, wenn man etwas gemeinsam tut; zum Beispiel lernen, studieren, arbeiten, Siege erringen, Niederlagen einstecken. Beziehungen entstehen durch gemeinsames Erleben, oft auch durch gemeinsames Erleiden. Beziehungen entstehen oft auch erst dann, wenn Menschen füreinander einstehen oder sogar Opfer füreinander bringen mussten. Man ist in der Folge nicht nur einander, sondern auch gemeinsamen Werten verpflichtet. Das ist es, was Bindungskräfte entfaltet; und diese Bindungskräfte machen echte Beziehungen so tragfähig und belastbar. Sie haben wenig mit den eher losen und unverbindlichen Kontakten zu tun, wie sie elektronisch gleich im Dutzenderpack geschlossen werden.
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